Mastodon

Ein Auf und ab: Das Jahr 2017 im Wedding

31. Dezember 2017

Bun­ter Wed­ding: Farb­beu­tel flie­gen auf neue Fas­sa­den. Leben­di­ger Wed­ding: Ob Drosch­ken­pfer­de, ein Design­markt oder Honig­bie­nen, alles ist bei uns in Bewe­gung. Glanz­vol­ler Wed­ding: Die Ber­li­na­le, der neue Zep­pe­lin­platz oder ein Kul­tur­fes­ti­val, unser Stadt­teil braucht sich nicht zu ver­ste­cken. Schließ­lich scheint der Rat­haus­vor­platz, der wei­ter­hin kei­nen Namen haben wird, noch vor dem BER fer­tig zu werden. 

Im Janu­ar fand das Gezer­re um das Fort­be­stehen des Café Leo ein Ende: das fes­te Gebäu­de am Nord­west­rand des Leo­pold­plat­zes wur­de ein­ge­weiht. Nun hat die­ser zen­tra­le Ort ein gas­tro­no­mi­sches Grund­an­ge­bot, das nicht beson­ders teu­er ist und kei­nen Alko­hol beinhal­tet. Ganz in der Nähe, in der See­stra­ße, wur­de in die­sem Win­ter eine Not­un­ter­kunft ein­ge­weiht, und wir haben dazu eine Repor­ta­ge gebracht. 

Der Gen­tri­fi­zie­rungs­kri­ti­ker und Ex-Staats­se­kre­tär Andrej Holm trat am Tag sei­nes Rück­tritts im Wed­din­ger Pro­jekt­raum ExRo­ta­print auf und stell­te sich den Fra­gen der Jour­na­lis­ten und Dis­kus­si­ons­teil­neh­mer. Wir waren eben­falls dabei und haben dar­über berich­tet.

Im Febru­ar zeig­te sich der Wed­ding spen­da­bel und trat sei­nen Anteil am Mau­er­park an den Bezirk Pan­kow ab. Gern gesche­hen! Wir haben ja auch unse­re eige­nen Parks: Aber ob das Trau­er­spiel um das Park­ca­fé Reh­ber­ge bald ein Ende hat, frag­ten wir uns eben­falls in die­sem Monat. Wild­schweinalarm: Ein Kei­ler ter­ro­ri­sier­te in den Reh­ber­gen eine Grup­pe Spa­zier­gän­ger und bezahl­te mit sei­nem Leben – ein Poli­zist erschoss das Wild­schwein am Kurt-Schumacher-Platz.

Der neue Bezirks­bür­ger­meis­ter von Mit­te Ste­phan von Das­sel gab uns ein Inter­view. Einer sei­ner Kern­sät­ze: “Bür­ger­be­tei­li­gung fängt für mich mit Infor­ma­ti­on an. Das ist für mich noch wich­ti­ger als die Fra­ge, ob die Bür­ger und Bür­ge­rin­nen immer mit allem ein­ver­stan­den sein müs­sen, was die Poli­tik entscheidet.”

Ein wenig Gla­mour kam bei der Ber­li­na­le wie­der in den Wed­ding, denn das City Kino war erneut Bestand­teil der Film­fest­spie­le. Mehr Glanz bekam in die­sem Jahr auch das Gesund­brun­nen Cen­ter, das 20 Jah­re alt wur­de und den Ver­lust von real kom­pen­sier­te. Ein biss­chen älter ist der ältes­te U‑Bahn-Tun­nel Ber­lins, den nur die wenigs­ten ken­nen und der jetzt wie­der zugäng­lich ist.

Im März nahm das Baum­haus sei­nen regu­lä­ren Betrieb auf. Was es damit auf sich hat (nein, es gibt kei­nen rich­ti­gen Baum), haben wir für euch auf­ge­schrie­ben. Eine alte Bekann­te kam im März wie­der, die WG Bar. Klas­sen­fahrt­fee­ling! Eine Trä­ne für eine Insti­tu­ti­on: Für immer vor­bei ist die Ära der Video­the­ken. Mit den bei­den Video-World-Filia­len war 2017 end­gül­tig Schluss. Auch der Cast­le Pub ver­ließ uns – in Rich­tung Nord­bahn­hof und bleibt damit immer noch ganz in der Nähe.

Anhän­ger des Wed­ding: damit sind kei­ne Fans, son­dern Anhän­ger­fahr­zeu­ge aller Art gemeint. Wir sind der gleich­na­mi­gen Serie in unse­rer Face­book­grup­pe im April ein­mal nach­ge­gan­gen und stell­ten sogar die Fra­ge: Ist das Kunst? Defi­ni­tiv Kunst war das Rosa-Parks-Haus, das der Wed­din­ger Künst­ler Ryan Men­do­za in den Sol­di­ner Kiez hol­te und das wegen sei­ner poli­ti­schen Aus­sa­ge für Furo­re sorg­te. Inzwi­schen ist es wie­der abge­baut und zurück in den USA. Eine ver­pass­te Gelegenheit.

Der Mai beglück­te den Mit­tel­strei­fen der Mül­lerstra­ße wie­der mit schö­nen Fotos auf Groß­pla­kat­wän­den. Das wun­der­ba­re Urban Gar­dening-Pro­jekt Him­mel­beet muss­te in die­ser Zeit aber um sei­ne Zukunft fürch­ten, ist doch auf sei­nem Gelän­de ein Neu­bau geplant. Erst soll­te der Gar­ten aufs Dach umzie­hen, doch eine neue Lösung wird erst im Jahr 2019 not­wen­dig sein. Bis dahin hat das Him­mel­beet noch eine Schon­frist. Rund geht es auch vor dem Gleim­tun­nel: der neue Kreis­ver­kehr auf Wed­din­ger Sei­te ermög­licht die Zufahrt zu den neu­en Wohnbauten.

Im Juni freu­ten wir uns über zwei neue Trink­was­ser­brun­nen im Wed­ding. Die dann im Win­ter als Aschen­be­cher miss­braucht wur­den, wie wir Wed­din­ger lei­der fest­stel­len muss­ten. Eben­falls neu: ein Floh­markt am Pan­keu­fer, der wun­der­bar ent­spannt gut zum Wed­ding passt. Pas­sen die von einer geheim tagen­den Jury gewähl­ten Stra­ßen­na­men zum Afri­ka­ni­schen Vier­tel? Dass die bis­he­ri­gen drei Stra­ßen­na­men auf den Schrott­hau­fen der Geschich­te gehö­ren, ist inzwi­schen mehr­heit­lich aner­kannt, doch muss man den Namen eines Men­schen­schläch­ters durch den Namen einer Skla­ven­händ­le­rin erset­zen? Das Ver­fah­ren gehört also noch mal auf den Prüf­stand.

Ist der Wed­ding 2017 sau­be­rer gewor­den? Nein. Schützt uns das vor Miet­stei­ge­run­gen. Nein. Des­we­gen nann­ten wir das Pro­blem beim Namen: Wed­ding, du alte Drecksau. 

Nicht nur im Juli sind die Wed­din­ger Bie­nen flei­ßig: Über­all summt es, ganz ent­ge­gen dem welt­wei­ten Trend. Was hat uns den Som­mer über und auch am 3. Advent erfreut? Ganz klar, der Wed­ding­markt. Und sogar auf der Brun­nen­stra­ße hat ein Street Food Markt ein ganz unge­wohn­tes gas­tro­no­mi­sches Ange­bot geschaf­fen. Mit dabei war auch die Schnee­eu­le, eine Braue­rei von Wed­din­ger Betrei­bern, die Ber­lin sei­ne ori­gi­nal Ber­li­ner Wei­ße zurück­ge­ge­ben hat.

Gro­ße Auf­re­gung im August um Drosch­ken­pfer­de in Ber­lin – ver­bie­ten oder nicht? Den im Wed­ding unter­ge­brach­ten Pfer­den geht es jeden­falls mehr oder weni­ger gut in ihrem Stall, stell­ten unse­re Leser fest, nach­dem wir dar­über berich­tet haben.

2 Tage Kul­tur im Wed­ding, an vie­len Orten, aus dem Wed­ding her­aus orga­ni­siert: zum zwei­ten Mal fand im Sep­tem­ber2 Tage Wed­ding” statt und zeig­te dem Rest der Welt, was kul­tu­rell bei uns so mög­lich ist. Tegel offen­hal­ten oder nicht, die­se von der FDP Ber­lin in Form eines Volks­ent­scheids gestell­te Fra­ge pola­ri­sier­te auch uns im Wed­ding. Jeden­falls haben wir gewählt, und auch einen neu­en Bun­des­tag. Wer bei uns vor­ne lag, haben wir hier ein­mal zusam­men­ge­stellt. Wäre der Wed­ding Deutsch­land, hät­ten wir wohl eine lin­ke Mehrheitsregierung.

Der Okto­ber star­te­te mit der vier­ten Aus­ga­be von Per Anhal­ter durch die Bar­la­xis. Unfall­frei über eine brei­te Stra­ße kom­men? Ein Zebra­strei­fen macht’s mög­lich. Unser Plä­doy­er für einen sol­chen auf der Use­do­mer Stra­ße war jeden­falls am Ende von Erfolg gekrönt. Und auch der Zep­pe­lin­platz ist end­lich umge­stal­tet! Erst der Spiel­platz, dann die Wege, jetzt auch eine Flä­che zum Gerä­te­tur­nen, die nachts stil­voll illu­mi­niert ist. Direkt dane­ben begann das Semes­ter an der Beuth Hoch­schu­le, deren Stu­den­ten uns einen Bei­trag mit Tipps  (nicht nur) für Erst­se­mes­ter gelie­fert haben. Zum Glück ist auch im Bezirks­haus­halt wie­der Geld da. Wir haben ein­mal auf­ge­lis­tet, wofür es aus­ge­ge­ben wer­den soll. Unser guter alten namen­lo­ser Platz vor dem Rat­haus, der Schil­ler­bi­blio­thek und dem Job-Cen­ter nähert sich der Fer­tig­stel­lung, aber er wird auch wei­ter­hin nicht Eli­se- und- Otto-Ham­pel-Platz hei­ßen. Viel­leicht fin­det sich aber eine ande­re Lösung mit einem Stück der Lim­bur­ger Stra­ße, das umbe­nannt wer­den könnte. 

Der Wed­ding wird schick, ein teu­res Café am Leo­pold­platz beweist es, und teu­er: gleich um die Ecke hat ein Appar­te­ment­haus für wohl­ha­ben­de Stu­den­ten eröff­net. Der Wed­ding mach­te eine kla­re Ansa­ge und ver­schan­del­te die Fas­sa­de mit roten Farb­beu­teln. Nur ein letz­tes Auf­be­geh­ren? Die Wed­din­ger sind wider­stän­dig. Im Novem­ber ging die Haus­ge­mein­schaft Ams­ter­da­mer Ecke Mal­plaquet­stra­ße mit ihrem Plan an die Öffent­lich­keit: Sie wol­len den Ver­kauf ihres Miets­hau­ses ver­hin­dern. Der ist zwar zwi­schen­zeit­lich erfolgt, aber jetzt kann noch der Bezirk hel­fen, denn er hat im Milieu­schutz­ge­biet ein Vor­kaufs­recht. Brei­te Soli­da­ri­tät mit die­ser Haus­ge­mein­schaft: in den Fens­tern im Kiez hän­gen Her­zen, die die Sym­pa­thie gegen das Pro­fit­den­ken von Haus­ei­gen­tü­mern zeigen.

Gegen den Ver­fall der Sit­ten und für die Ein­hal­tung von Regeln auf dem Leo­pold­platz arbei­tet seit Herbst ein Platz­dienst, den wir im Dezem­ber einen Tag lang beglei­tet haben. Wir vom Wed­ding­wei­ser haben uns ein neu­es Design gegönnt und pla­nen, uns inhalt­lich stär­ker zu posi­tio­nie­ren. Wir dan­ken unse­ren Lese­rin­nen und Lesern für ihre Treue sowie die kri­ti­sche Beglei­tung und hof­fen auf Unter­stüt­zung. Die­se ist wich­ti­ger denn je: Denn auch im Jahr 2018 wer­den uns im Wed­ding die The­men nicht ausgehen.

Cafés und Restaurants

Das gas­tro­no­mi­sche Ange­bot im Wed­ding ist im Jahr 2017 eher grö­ßer gewor­den. Sogar am eher trost­lo­sen Net­tel­beck­platz ist mit dem Mira­ge Bis­t­rot ein ziem­lich ambi­tio­nier­tes Künst­ler­ca­fé gestar­tet. Im Kar­stadt-Gebäu­de ist mit Leo Leo eine Fusi­on aus ori­en­ta­li­scher Tra­di­ti­on mit Bur­ger-Kul­tur ent­stan­den. Eine Ecke wei­ter am Stand­ort des ehe­ma­li­gen Näh­ma­schi­nen­ge­schäfts wagt The Visit einen neu­en Stan­dard im Wed­ding zu set­zen, vor allem was das Preis­ni­veau angeht. Ori­gi­nell und ziem­lich ame­ri­ka­nisch ist Lino’s Bar­be­cue, wo auf texa­ni­sche Art gegrillt wird.

Auch an der Gericht­stra­ße gibt es jetzt ambi­tio­nier­te Bur­ger bei Lou­is Alfons.

Zeit ist Geld, sagt man, doch Ber­lins ers­tes Anti-Café eröff­ne­te im Wed­ding. Im be’k­ech wird nicht nach Ver­brauch, son­dern nach Zeit abge­rech­net. Und auch sonst ist es ein wun­der­ba­res Café.

Wovon muss­ten wir Abschied neh­men? Herr Bie­lig oder bes­ser gesagt Frau Bie­lig hat den Sol­di­ner Kiez ver­las­sen. Und das Café Hubert, das über­ra­schend zum Jah­res­an­fang nicht mehr öff­ne­te, ist ein paar Häu­ser wei­ter­ge­zo­gen an den Stand­ort der “Drei Lüg­ner” und wird jetzt gemein­sam mit dem Besit­zer des Pan­ca­ke-Food­truck Fei­ner Herr als Fei­ner Hubert betrie­ben.  Eben­falls an Pan­ca­kes erin­nern die Crê­pes und Galet­tes des Mal­ör, die die bis­lang eher als gas­tro­no­mi­sche Wüs­te emp­fun­de­ne Bel­ler­mann­stra­ße unge­mein bereichern.

Mehr Wedding wagen

Mehr Nach­rich­ten aus dem Kiez und Gas­tro-Arti­kel fin­det ihr fast täg­lich auf dem Wed­ding­wei­ser. Damit das so bleibt und wir noch mehr schö­ne Sei­ten des Wed­ding zei­gen kön­nen, dan­ken wir euch für eure Unter­stüt­zung. Ihr könnt dies auch per Soli-Abo oder per Ein­mal­zah­lung tun. Da geht es schon ab 2 Euro los.

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?