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Wohnsinn! So war der Wedding 2018

28. Dezember 2018
Foto: Sula­mith Sallmann

Teil 1 unse­res Jah­res­rück­blicks. Kei­ne Rück­schau ohne das beherr­schen­de The­ma „Teu­rer Wohn­raum“ mit all sei­nen Facet­ten. Das hat auch vie­le Bei­trä­ge auf dem Wed­ding­wei­ser geprägt. Was sonst noch so los war in Wed­ding und Gesund­brun­nen? Unser Jah­res­rück­blick gibt Aufschluss.

Wohn­raum ist ein knap­pes Gut in Ber­lin, wovon auch unser Stadt­teil inzwi­schen nicht mehr ver­schont ist. Vor­bei die Zei­ten, als man pro­blem­los im unan­ge­sag­ten und ver­ru­fe­nen Wed­ding eine preis­wer­te Woh­nung fand. Und auch wer hier bereits wohnt, erlebt die Veränderungen:0 Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser wer­den ver­kauft – was Haus­ge­mein­schaf­ten wie AmMa65 mobi­li­siert. In immer mehr Milieu­schutz­ge­bie­ten (gera­de sind neue hin­zu­ge­kom­men) prüft der Bezirk Mit­te jetzt sein Vor­kaufs­recht, dar­über hin­aus orga­ni­sie­ren Mie­ter ihren Wider­stand gegen gewinn­ori­en­tier­te Kon­zer­ne wie Von­o­via. Neue Woh­nungs­bau­pro­jek­te ent­ste­hen auf den letz­ten Bau­lü­cken und Frei­räu­men im Kiez, wenn auch nicht jeder Plan auf­geht: Das ambi­tio­nier­te Pro­jekt pswed­ding rund um die leer­ste­hen­de Schu­le in der Swi­ne­mün­der Stra­ße droh­te zuletzt zu schei­tern. Doch auch Miets­häu­ser, um die sich die Besit­zer nicht küm­mern, erre­gen die Gemü­ter. 2018 muss­te das Haus Kame­ru­ner Stra­ße 5, in dem zahl­rei­che ille­ga­le Bewoh­ner ohne Strom und Was­ser haus­ten, poli­zei­lich geräumt werden.

Panoramablick vom Bayer-Hochhaus

Fotos: Sebas­ti­an Wischmann

Ein (Ob)Dach oder nicht

Der gan­ze Mie­ten-Irr­sinn inspi­rier­te auch vie­le Teil­neh­mer unse­res Video­wett­be­werbs, der unter dem Mot­to „Wohn­sinn im Wed­ding“ stand. Gewon­nen hat ein Bei­trag, der das The­ma Obdach­lo­sig­keit auf­griff. Auch eine Wed­ding­wei­ser-Autorin hat­te sich künst­le­risch damit aus­ein­an­der­ge­setzt und eine Aus­stel­lung orga­ni­siert, die – bezeich­nen­der­wei­se – selbst erst ein­mal kein „Obdach“ fand. Und in die­sem Herbst haben Wed­din­ge­rin­nen mit gro­ßem Erfolg eine Akti­on gestar­tet, um Geld für Tam­pons und Bin­den für obdach­lo­se Frau­en zu sammeln. 

Ein Weg, drei Straßen und was darauf herumsteht

Die Häu­ser im Wed­ding ste­hen an Stra­ßen und Plät­zen. Zwar wohnt nie­mand rund um das Job­cen­ter, dem frü­he­ren Rat­haus­turm an der Mül­lerstra­ße. Doch im Rah­men der unend­li­chen Sanie­rung des ansons­ten namen- und leb­lo­sen Rat­haus­plat­zes wur­de ein Fuß­weg, offi­zi­ell Lim­bur­ger Stra­ße, in Eli­se-und-Otto-Ham­pel-Weg umbe­nannt. Die­ses Ehe­paar hat­te im Zwei­ten Welt­krieg Wider­stand gegen das Nazi-Regime geleis­tet. Von Umbe­nen­nun­gen betrof­fen sind hin­ge­gen Tau­sen­de Anwoh­ner im Afri­ka­ni­schen Vier­tel: Nach dem pein­li­chen Namens­fin­dungs­pro­zess im Jahr 2017 wur­den im Früh­jahr vier Namen für drei Stra­ßen vor­ge­stellt, die unter­schied­li­che Facet­ten des Wider­stands gegen Kolo­nia­lis­mus abbil­den. Die zwei Prot­ago­nis­ten der deut­schen Kolo­ni­al­ge­schich­te, die der Lüde­ritz­stra­ße und dem Nach­ti­gal­platz ihre Namen gaben, wer­den spur­los aus dem Stra­ßen­bild getilgt. Die (1986 auf einen Nazi-Wider­stands­kämp­fer umge­wid­me­te) Peter­s­al­lee wird eben­falls umbe­nannt und ihre zwei Hälf­ten bekom­men sogar unter­schied­li­che Namen. Die Anwoh­ner der betrof­fe­nen Lüde­ritz­stra­ße hat­ten der­weil Gele­gen­heit, ein Stra­ßen­fest zu genie­ßen, das Gewer­be­trei­ben­de und Künst­ler im Mai orga­ni­siert hatten. 

Es gibt immer mehr Lebens­mit­tel­ret­ter – auch eine App, die übrig­ge­blie­be­ne Spei­sen in Restau­rants und Cafés an Enga­gier­te orga­ni­siert, haben wir auf dem Blog vor­ge­stellt. Doch noch immer wer­den zu vie­le Lebens­mit­tel aus Pri­vat­haus­hal­ten weg­ge­wor­fen. Oft wer­den sie mit Ein­kaufs­wa­gen bis vor die hei­mi­sche Haus­tür trans­por­tiert – die Wagen wer­den ein­fach auf der Stra­ße ste­hen­ge­las­sen. Dar­an haben wir uns im Wed­ding lei­der gewöhnt. 

Was im Wed­ding noch so los war, erfahrt ihr im zwei­ten Teil des Jah­res­rück­blicks. Den gesam­ten Rück­blick gibt es für Abon­nen­ten unse­res News­let­ters, für den ihr euch hier anmel­den könnt. 

Wohnsinn im Wedding


Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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