Vor zehn Jahren kamen die ersten Urban Gardening-Projekte im Wedding auf. Wir schauen zurück, was aus einer Dachgartenidee wurde und wo unser Stadtteil ergrünt ist.
Seit 2004 stand das obere, offene Parkdeck des Schillerpark-Centers leer. Vor zehn Jahren kam die Idee auf, dass diese Fläche begrünt werden könnte – und der Name “Himmelbeet” für den Dachgarten war geboren.
Doch wie um Himmels willen soll man auf der über 6000 Quadratmeter (fast fußballfeld-) großen versiegelten Fläche etwas anbauen? Auf den Teer werden Euro-Paletten gestellt.„Darauf werden Gemüse und Kräuter in 40 Liter fassenden Bäckerkisten aus Kunststoff und in Reissäcken angebaut“, erzählt Jella Trenkelbach. So entstehen kleine Hochbeete mit guten Wachstumsbedingungen für Gemüse und Beeren – dank verschiedener Schichten aus groben und feinen Pflanzenabfällen und Kompost. Ein weiterer Vorteil: die Euro-Paletten können leicht abtransportiert und umgesetzt werden. So unser Artikel aus dem Sommer 2012.
Doch das Projekt verzögerte sich, sodass es 2013 auf einem Provisorium weiterging:
Da sich der Start auf dem Dach des Schillerpark-Centers aus bautechnischen Gründen um unbestimmte Zeit verzögert, wird der Garten 2013 zunächst auf einer Brachfläche in der Ruheplatzstraße eröffnen. Artikel aus dem Juni 2013
Nun, Provisorien leben manchmal länger als gedacht, denn das Himmelbeet sollte dort für 8 Jahre bleiben.
Das Himmelbeet in Wedding kapselt sich durch seine Umzäunung perfekt von dem hektischen Leben der Großstadt ab. Kaum betritt man den Garten, findet man sich einer sehr ruhigen und friedvollen Atmosphäre wieder. Umgeben von dem Grün der Pflanzen und dem satten Gelb der Sonnenblumen spielen Kinder lachend Fange, während die Eltern und Großeltern im Schatten Limonade trinken. Zwischen den vielen Beeten befinden sich ab und zu Holzstühle, auf denen man sich niederlassen und mit Freunden über Gott und die Welt philosophieren kann. Jeder kann tun, was er gerne tut und sein, wie er ist. Der ideale Rückzugsort. So beschrieb das unsere Autorin im Sommer 2020.
Leider werden auch im Wedding die Flächen immer knapper und der Bezirk verkaufte das Gelände für den Bau einer gemeinnützigen Einrichtung. Eine Ersatzfläche fürs Himmelbeet gab es aber nicht.
Der Mettmannplatz ist offiziell keine Alternative für das Himmelbeet. Die Bahn benötigt die Fläche bis 2024 für ihre Baustelle. Was nun? Niemand weiß es. Versprechen gebrochen? Momentan scheint es so, außer es bestätigt sich das, was wir bereits vor einigen Wochen in unserem Newsletter angedeutet haben: Die anstehende Bebauung der jetzigen Himmelbeet-Fläche durch das Projekt amandla Safe Hub verzögert sich, das Himmelbeet würde noch eine Saison bekommen. Das steht in unserem Kommentar aus dem Juli 2020.
2021 kam dann in letzter Sekunde ein Angebot für einen neuen Standort.
Heute treffen sich die fünf Stadträte, um als Bezirksamt einen Beschluss zu fassen. Er könnte vorsehen, dass das Himmelbeet ein dreieckiges Grundstück zwischen S‑Bahngleisen, Gartenstraße und Grenzstraße bekommt. Im letzten Moment scheint es jetzt doch eine Ersatzfläche zu geben. Unser Artikel aus dem September 2021 erklärt mehr. Und so ist es dann auch gekommen – bald, am 18 .Juni, geht es los am neuen Standort.
Ein schrumpfender Friedhof hat sich hingegen in einen solidarischen Lehrgarten verwandelt. Auf dem St. Elisabeth-Kirchhof zwischen Wollank- und Steegerstraße wurde eine Fläche ausgewiesen. Ab 2020 wurde unter dem Namen “ElisaBeet” gemeinsam mit zahlreichen Akteuren ein Konzept entwickelt. Im gleichen Jahr begann das Anlegen von Beeten.
Auch ein ehemaliger Parkplatz am Rand des Wedding hat sich in einen bunten Garten namens Rote Beete verwandelt.
Trotz bekannter Adresse des Gartens und dem weit sichtbaren Centre francais im Hinterkopf ist die Location nicht einfach zu finden. Das hintere Ende des öden Parkplatzes der Institution ist in den schönen Garten umgewandelt worden. Der Einsprungspunkt liegt neben dem Eiffelturm und der Büchertelefonzelle. Einfach den Parkplatz geradeaus weiterlaufen und schon befindet man sich im Grünen und kann an der Fantasie der Gestaltung des Gartens teilhaben. Überall sind in gebührenden Abstand Sitzmöglichkeiten vorhanden, um die Natur zu genießen und sich von der hektischen Müllerstraße zu erholen. So steht es in unserem Artikel zum fünfjährigen Bestehen der Roten Beete. Doch bald wird auch dieser Garten wieder abgebaut, weil die Fläche entsiegelt wird.
Ein weiterer Gemeinschaftsgarten musste hingegen abgebaut werden- der Mauergarten. Wegen der Erweiterung des Mauerparks hatte das Projekt vorläufig zu weichen:
Auf der Fläche, auf der noch im vergangenen Jahr der Mauergarten war, stehen Bagger herum, Sandhaufen türmen sich hoch. Die Beete sind im vergangenen Jahr abgebaut worden, die Bienenstöcke mussten weichen. Grund ist die Erweiterung des Mauerparks. Die Erweiterungsfläche wird derzeit gestaltet. Ist das beendet, soll der Garten an seinem alten Standort wieder aufgebaut werden. So steht es in unserem Artikel aus dem Jahr 2017.
Der Garten wurde wieder aufgebaut, aber aufgrund einer Grenzverschiebung 2017 liegt der Mauerpark nun vollständig im Bezirk Pankow. Auch wenn der nun auf 14 Hektar erweiterte Park kein Teil von Gesundbrunnen mehr ist, gibt es einen direkten Zugang von der Lortzingstraße aus. Und damit ist das irgendwie auch ein Park für uns Weddinger!
2015 finanzierte die benachbarte BAYER AG (früher Schering) die Finanzierung des Parks am Nordhafen. Der war ziemlich zugewuchert und vernachlässigt und präsentiert sich jetzt offener und mehr dem Wasser zugewandt.
“Drei Landschaftstreppen” sollen die Spaziergänger vom oberen Weg an der Bayer-Grenze zum Ufer führen. Dort sind Bänke und 40 Meter breite Sitzlinien aus Granit geplant. Die Uferterrassen aus den ersten Plänen wird es nicht geben, weil am Beckenrand eine Schiffsanlegestelle ist. Drei sogenannte Bastionen – Relikte aus der Zeit, als im Nordhafen Schiffe per Kran mit Baumaterial beladen wurde – werden zu Aussichtsplattformen umgestaltet. Mehr in unserem Artikel aus dem Jahr 2015.
Auch die gute alte Gartenarbeitsschule (heute: Schul-Umwelt-Zentrum SUZ) mit ihren beiden Standorten Scharnweberstraße und Seestraße hat sich in den zehn Jahren verändert. Die zugewucherte Düne Wedding auf dem SUZ-Gelände wurde im Laufe der Jahre freigeräumt und als Naturdenkmal wieder erlebbar. Am Standort Seestraße musste Platz für einen Schulneubau abgetreten werden.
Weitere grüne Gärten, die wir vorgestellt haben, sind das Diesterbeet, der Prinzengarten, die Wilde 17 und die Gleim-Oase. Es gibt selbstverständlich aber auch noch die unzähligen Kleingärten, begrünten Hinterhöfe und verwilderten Flächen.
Der Wedding ist in zehn Jahren insgesamt sicher etwas grüner geworden. Und das gilt auch politisch: Seit 2016 ist der Bezirk Mitte von einem grünen Bürgermeister regiert, und das bleibt auch nach der Wahl 2021 so. Und sogar das Direktmandat für den Deutschen Bundestag wurde 2021 erstmals von Bündnis 90/Die Grünen erobert.
Aus unserer Serie “10 Jahre Weddingweiser”
Warum gelingt es mir nicht Unterstützer zu finden für eine Begrünung des Rathausplatzes,der aus Betongarten,Pflastersteinen und „wassergebundene Decken/Flächen besteht??
Hallo Frau Ringel
ganz einfach … eine Rathaus-Vorplatz-Begrünung ist jetzt nicht angesagt… der Kurs steht eher für Kiez-Durchgangsquer-Dingsbums-Poller damit die Autos dann anschließend vor dem Rathausplatz im Stau stehen… oder machen sie sich stark für unsinnige Parklets
in diesem Sinne … wolkenfreies WE