Dieses Jahr 2020 hatte es wirklich in sich. Man muss niemandem mehr erzählen, dass sich in Sachen Pandemie alles verändert hat. Aber eines fiel auf: Irgendwie kamen bestimmte Entwicklungen wieder.
Geht man nach den Klicks, die unsere Artikel im abgelaufenen Jahr bekommen haben, stechen zwei Beiträge besonders heraus. Einer betrifft noch nicht einmal den Wedding, aber irgendwie doch: Die Geschichte der Boeing 707, die ihr Dasein am Rand der Landebahn des Flughafens Tegel fristet. Besondere Aufmerksamkeit bekam der Artikel sicher auch durch die Tatsache, dass der Flugbetrieb endgültig Anfang November eingestellt wurde – und es über dem nördlichen Wedding schlagartig ruhiger wurde.
Der zweite Beitrag, der auf großes Interesse stieß, betraf das Hausverbot, welches das Strandbad Plötzensee in diesem Jahr erteilt hat. Und zwar gegen den Rechtsextremen Nikolai Nerling, der sich auf dem dortigen Wohnmobilstellplatz erholen wollte. Er hatte schon einmal Schlagzeilen gemacht, als er seinen Posten als Lehrer im Wedding arbeitsgerichtlich durchsetzen wollte (ohne Erfolg). Im kunterbunten Wedding kamen seine rassistischen Worte und die Leugnung des Holocausts am Strand des Plötzensees gar nicht gut an. Die Betreiber des Strandbads fackelten nicht lange und verwiesen ihn des Geländes. Klare Kante gegen rechts, im Wedding derzeit so wichtig wie nie!
Zwei Mal
Anfang des Jahres undenkbar, aber ab März wurde dann der Lockdown auch bei uns Realität. Nach Lockerungen Ende Mai und einem vergleichsweise sorglosen Sommer und Frühherbst sah sich der Staat gezwungen, einen zweiten Lockdown zu verhängen. Und nun Ende Dezember stecken wir wieder drin. Welcome back, Lockdown!
1978 wurde ein rötlicher Betonklotz am Leopoldplatz eingeweiht, unser Karstadt-Kaufhaus, direkt an der Umsteigehaltestelle der U6 und U9 gelegen. Im ersten Lockdown wurde das Warenhaus geschlossen, doch als die Geschäfte wieder öffneten, verkündete der Konzern Galeria Karstadt Kaufhof das Ende für viele Filialen. Darunter auch unser Karstadt im Wedding! Niemand würde behaupten, das Kaufhaus ist noch auf der Höhe der Zeit, die Gründe für die Schließung liegen auf der Hand – aber in letzter Sekunde bekam der angestaubte Karstadt noch eine zweite Chance für drei Jahre. Hoffen wir, dass die Zeit genutzt wird! Ideen gibt es viele. Welcome back, Karstadt!
Eine Stele vor dem Rathaus Wedding erinnert seit 2018 an das Weddinger NS-Widerstandspaar Elise und Otto Hampel. Die Glasscheibe wurde im Frühjahr mutwillig zerstört. Im September wurde die Stele neu aufgestellt und seit diesem Monat ist die Inschrift auch wieder sichtbar. Welcome back, Hampel-Stele!
Zu den Untoten im Wedding gehört auch das Himmelbeet, das Jahr für Jahr auf eine Ausweichfläche hoffen muss, weil das derzeitige Grundstück bebaut werden soll. Doch der Bezirk hat es einfach nicht geschafft, die letzte Seifenblase mit einer DB-Fläche am Mettmannplatz ist geplatzt. Doch mit dem Bau des Safe Hub geht es doch noch nicht los – das Himmelbeet bleibt also auch noch 2021 am bewährten Ort. Welcome back, Himmelbeet!
Einige Gebäude bekamen auch eine ganz neue Funktion in diesem verrückten Jahr. Der Zentrale Festplatz verwandelte sich im Sommer in den “Testplatz” des Bezirks Mitte. Nun befindet sich das Testzentrum zwischen Genter Straße und Rathaus Wedding. Und das Erika-Heß-Eisstadion eröffnete in diesem Winter nicht wieder – denn es wird bald zum Impfzentrum (eines von sechs in Berlin).
Was aber in diesem Jahr gar nicht weitergekommen ist: die Verkehrswende. Trotz des Aufploppens von Pop-up-Bikelanes in Berlin warten wir auf der Müllerstraße oder anderen Hauptstraßen ganz ohne brauchbare Radwege vermutlich auf… den St. Nimmerleinstag. Die Planungen wurden dankenswerterweise überarbeitet, aber auf die Schnelle passiert an Weddings Hauptschlagader Nummer 1 erst mal nichts.
Die Bilder des Jahres
Auswahl unserer interessantesten Beiträge 2020
Meine 11 Stunden im Magendoktor
Tagebuch aus der Corona-Quarantäne
65- eine Chiffre für den Wedding