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Debatte am Dienstag:
Ja/Nein, Wedding? Weniger Parkplätze auf Straßen

9. Januar 2024
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Wir leben zwar auf engem Raum zusam­men, aber zu vie­len The­men gibt es sehr unter­schied­li­che Mei­nun­gen. An die­ser Stel­le geben wir zwei Sicht­wei­sen auf ein kon­tro­ver­ses The­ma Raum. Am Ende könnt ihr selbst ent­schei­den, ob und wel­che Posi­ti­on ihr teilt. Dies­mal befas­sen wir uns mit der Fra­ge, ob es ein guter Weg ist, die Anzahl der Park­plät­ze am Stra­ßen­rand zu reduzieren. 

JA 👍

temporäre Spielstraße in der Glasgower Straße (C) Martina Özdemir
Tem­po­rä­re Spiel­stra­ße in der Glas­gower Stra­ße. Foto: Mar­ti­na Özdemir

Autos am Stra­ßen­rand bele­gen öffent­li­chen Raum. Raum, der für Fuß­gän­ger, Rad­fah­rer, Grün­flä­chen, Begeg­nungs­flä­chen dann nicht mehr zur Ver­fü­gung steht. Anwoh­ner­par­ken ist so bil­lig, dass die­ser Raum fast ver­schenkt wird. Noch dazu an eine ver­schwin­dend klei­ne Min­der­heit: Im Wed­ding gibt es Kieze, in denen nur 12,7 Pro­zent der Bewoh­ner ein Auto besit­zen. Und bewegt wird ein Auto laut der Stu­die „Mobi­li­tät in Deutsch­land 2017“ nur 45 Minu­ten am Tag. Für die ande­ren 23 Stun­den muss es irgend­wo in Wohn­ort­nä­he ste­hen, und daher wird die­se Debat­te so emo­tio­nal geführt. Dafür sind vie­le Park­häu­ser gar nicht aus­ge­las­tet – wäre es nicht schön, wenn mehr Platz auf der Stra­ße wäre und die Autos nicht mehr die gan­zen Stra­ßen­rän­der einnehmen? 

Ja, die Ver­knap­pung des Park­raums wird weh­tun, und sie muss auch nicht von heu­te auf mor­gen erfol­gen. Lang­sam, wie sich Gewohn­hei­ten ändern, könn­te manch ein Auto durch ande­re Fort­be­we­gungs­mög­lich­kei­ten ersetzt wer­den. Zum Bei­spiel wenn die Park­platz­su­che­rei so lan­ge dau­ert wie der Weg zum U‑Bahnhof. In Ber­lin kann man nicht nur zu Fuß oder mit dem Rad ein­kau­fen, son­dern sich die Lebens­mit­tel bequem bis an die Woh­nungs­tür lie­fern las­sen. Weni­ger Park­plät­ze soll­ten kein Angriff auf Men­schen sein, son­dern Anrei­ze bie­ten, über die eige­ne Bequem­lich­keit nach­zu­den­ken. Damit die, die es beruf­lich oder aus gesund­heit­li­chen Grün­den brau­chen, auch wei­ter­hin die Mög­lich­keit haben, mit dem Auto zu fahren.

Fotos: Brau­se­boys

NEIN 👎

Ber­lin wächst – und damit steigt auch die Zahl der ange­mel­de­ten Autos. 1,4 Mil­lio­nen sind es, Ten­denz stei­gend. Dazu kom­men 200.000 Pend­ler aus Bran­den­burg, die wegen schlech­ter Anbin­dung an den Nah­ver­kehr mit dem Auto in die Stadt fah­ren und dort einen Park­platz suchen. Wird der Park­raum für die Bewoh­ner der Innen­stadt ver­knappt (2022 gab es Plä­ne, die Zahl der Park­plät­ze zu hal­bie­ren), wird der Park­platz­such­ver­kehr für alle Auto­fah­ren­den län­ger. Wer kann im Alt­bau­kiez des Wed­ding schon auf einen eige­nen Stell­platz oder eine Gara­ge zurück­grei­fen? Das neu­es­te Pro­jekt des Bezirks Mit­te, 14.000 Stell­plät­ze für Ver­si­cke­rungs­flä­chen an Gul­lys zu strei­chen, wird das Pro­blem wei­ter ver­schär­fen. Weni­ger Park­plät­ze bedeu­ten auch: Es wird wild geparkt, was alle ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mer gefähr­det. Und Hand­wer­ker brau­chen auch einen Park­platz, wenn sie mit Werk­zeug und Bau­ma­te­ri­al anrücken.

Was auch ger­ne ver­ges­sen wird: Für man­che Men­schen kommt die Benut­zung von Fahr­rad oder ÖPNV nicht in Fra­ge, weil der Arbeits­weg, die Arbeits­zei­ten oder kör­per­li­che Ein­schrän­kun­gen dies nicht erlau­ben. Dazu kommt die chro­ni­sche Unzu­ver­läs­sig­keit der BVG. Dem aktu­el­len Infek­ti­ons­ge­sche­hen aus dem Weg gehen, geht im eige­nen Auto am Bes­ten. Ist es ego­is­tisch, dass man­che Men­schen dann aus Bequem­lich­keit oder Luxus auf das eige­ne Auto zurückgreifen?

Bes­ser als die Ver­knap­pung des Park­raums ist viel­leicht eher die Erhö­hung der Kos­ten für den eige­nen Kom­fort. Auch die Höhe der Gebüh­ren für Anwoh­ner­park­aus­wei­se und Park­ti­ckets sind ein Regu­la­tiv, das der Stadt zur Ver­fü­gung steht. Dies gilt nicht für die Sprit­prei­se, denn die schwan­ken ohne­hin, wenn auch manchn­mal in unge­ahn­te Höhen. Wem das wirk­lich etwas wert ist, wird dafür wohl tie­fer in die Tasche greifen.

So sehen das unsere Leser:innen

Die Leser:innen unse­res News­let­ters am Don­ners­tag­mor­gen kön­nen abstim­men. Hier das Ergeb­nis vom 12.1.2024:

9 Comments

  1. Ich habe vor Jah­ren schon mein Auto abge­schafft. Ich brau­che nicht mehr lan­ge nach einen Park­platz suchen.
    Es wäre natür­lich auch für mich ange­neh­mer wenn die öffent­li­chen zuver­läs­si­gen und flä­chen­de­ckend fah­ren wür­den. Lang­fris­tig ist in gro­ßen Städ­ten nicht genug Platz für immer mehr Autos. Wir müs­sen gemein­sam Lang­fris­tig eine Lösung für die­ses Pro­blem finden.
    Gruß Siemen

  2. Ber­lin und die Gan­zen vol­ler und Fahr­rad­stra­ßen über­all oder die Pol­ler, die gan­ze Kieze zu machen wie hin­ter dem gesund­brun­nen­cen­ter den gan­zen Bel­ler­mann­kiez. Unzu­gäng­lich für lie­fer­diens­te, Kran­ken­wa­gen, Taxis usw. Dafür aber eine abso­lut ver­stopf­te prin­zen­al­lee. Die Mül­lerstr hat kei­nen­park­plät­ze mehr, die Super­märk­te und ihre Lie­fe­ran­ten bekom­men eine Kri­se von den Anwoh­nern möch­te ich mir die Wut gar nicht vor­stel­len. Extrem vie­le Men­schen sind auf ihr Auto ange­wie­sen und von oben zu bestim­men, dass es ja aber nicht gut ist und man die Innen­stadt im Grun­de wie Paris gestal­ten will, ist nicht der Wil­le der Bür­ger. Und das soll­te die Poli­tik tun, nicht wahr, ihre Bür­ger repräsentieren!

    • Wenn man mal einen Blick auf die Wahl­er­geb­nis­se in den ein­zel­nen Bezir­ken wirft stellt man schnell fest, dass im Bezirk Mit­te (also auch Wed­ding) die Mehr­heit der Men­schen Grün wählt. Und die Grü­nen set­zen sich eben für Nach­hal­ti­ge und gerech­te Ver­kehrs­pla­nung ein die auch Fahr­rä­der beinhal­tet. Die ver­stopf­ten Stra­ßen zei­gen nur, dass in Städ­ten Autos nur funk­tio­nie­ren wenn alle ande­ren Ver­kehrs­mit­tel zurück­ste­cken müs­sen und das haben die Anwoh­ner halt satt. Hier ent­schei­det kei­ner über den Wil­len der Bürger.
      Demo­kra­tie ist halt auch dass nicht jeder sei­nen Wil­len kriegt.

    • Natür­lich nix – ist nur mein Humor…
      So, als ob ein ein­ge­fleisch­ter 🙂 Vege­ta­ri­er für Jäger­schnit­zel wirbt…

  3. Aktu­ell ist die Ver­tei­lung des öffent­li­chen Raums schon extrem unge­recht zuguns­ten von Men­schen die ein Auto nut­zen. Die Zah­len dazu sind rela­tiv leicht zu finden. 

    Das Pro­blem ist halt dass Men­schen Ihre Pri­vi­le­gi­en rela­tiv schnell als Selbst­ver­ständ­lich­keit anse­hen. Egal in wel­chem Bereich: Wer­den Pri­vi­le­gi­en abge­baut ent­steht schnell ein star­kes Gefühl von Unter­drü­ckung bei Privilegierten.

  4. Man hat­te es ja jetzt gese­hen, als es geschneit hat­te. 2 Drit­tel der Autos stan­den zuge­schneit her­um, wur­den also nicht gebraucht. Ich bin für Park­raum­be­wirt­schaf­tung. Auch ger­ne am Schwimm­bad See­str. Da kommt man näm­lich sehr gut mit der Tram hin. Men­schen, die ihr Auto wirk­lich brau­chen, um zur Arbeit zu kom­men, fin­den, wenn sie wie­der zurück­kom­men, kei­nen Parkplatz.

  5. Irgend­wie auch schon wie­der lus­tig, dass der “Wed­ding­wei­ser”, der aner­kann­ter­ma­ßen eine Anti-PKW-Stra­te­gie fährt, als Auf­ma­cher­fo­to für die Anmel­dung zum News­let­ter das Bild eines BMW i8 zeigt, der in der Luxus­klas­se über 100.000 € ange­sie­delt ist…

    • Und was hal­tet ihr von güns­ti­ge­ren Trans­port­mit­tel? Ich brau­che mein Auto für die Arbeit, es ist immer voll gela­den. Es heißt ich zah­le schon Steu­ern, Ver­si­che­rung usw, dann brau­che ich mal nichts zu trans­por­tie­ren und könn­te mit den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel fah­ren, aber das kos­tet 6 Euro hin und zurück, wenn ich vileicht noch wo anders auf dem Weg möch­te, noch mehr. Sor­ry das ist mir zu viel.

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