Neue Bar, steril und schick? Kann man machen. Einer Eckkneipe wieder neues Leben einhauchen? Das sollte man machen. Helena hat es gewagt.
Seit dem 1. Oktober betreibt Helena das Brüsseler Eck an der Genter Str. Ecke – korrekt – Brüsseler. Die typische Berliner Eckkneipe existiert seit rund 100 Jahren an dieser Stelle und hat seitdem einige Betreiberinnen kommen und gehen sehen. Nun soll nicht alles anders werden, oder krampfhaft neu, aber frischer.
In Sachen Bars haben wir in den letzten Jahren einige Konzepte erlebt. Die mit den glatten unverputzten Wänden natürlich. Die Einen, die auf Kumpel machen, oder mit shiny Fliesen den Glanz in die Augen der Gäste zaubern, oder mit allem ausgestattet, was der junge Großstadtmensch an seinem Feierabend so braucht. Die gute, alte Kneipe dagegen hat zwar ihre Fans, aber fehlender Nachwuchs bei Betreibern und Betreiberinnen sowie Publikum macht allen zu schaffen.
Während Helena und ich uns unterhalten, legt sich gerade die Dunkelheit über den Kiez, es wuselt auf den Straßen. Das Brüsseler Eck ist noch leer, durch die großen Fenster sieht man immer wieder die neugierigen Blicke der Passanten ins Innere schweifen. Eine Gruppe, die sich zum Geburtstag feiern verabredet hat, füllt langsam einen der Tische auf. Ein älterer Herr kommt herein. „Ich bin der Heinrich“, trinkt zwei Bierchen und guckt mal, was es hier so Neues gibt. Alt und Jung gemischt – so soll es sein.
Helena war zuvor beim Freya Fuchs und in der Bar Henrietta beschäftigt, hat Kommunikationswissenschaften studiert und arbeitete (und tut das noch immer) als Tanzlehrerin in Reinickendorf. Als sie davon erfuhr, dass die damalige Betreiberin Ilse die Kneipe aufgeben will, musste sie nicht lange überlegen.
Bereits jetzt wirkt alles etwas aufgeräumter, klarer und damit einladender, dabei hat sich an der Einrichtung nichts grundlegend geändert. Möglicherweise liegt es daran, dass nur noch im hinteren Bereich geraucht werden darf und die großen Fenster zur Straße von den alten Gardinen sowie ausladender Deko mit Erdmännchen und Co befreit sind. Nun lässt sich ein wahrlich ungestörter Blick auf das Weddinger Leben da draußen genießen, während man drinnen, wie seit Jahrzehnten, über das Leben philosophieren kann.
Neben dem Regelbetrieb soll das Brüsseler Eck nicht nur zum Trinken einladen, sondern beispielweise sonntags zum Weißwurst-Frühstück (Wurst von der Fleischerei Bünger und Brezeln von Hansis Brot – alles Weddinger Institutionen) oder dienstags zum Tischtennis. Auch ein Kneipenquiz ist irgendwann denkbar, und auch andere Veranstaltungen. Zu trinken gibt es neben einigen Flaschenbieren wie zum Beispiel Schultheiss auch das Weddinger Original Panke Gold vom Eschenbräu, aber auch Kneipen-Like Korn, oder Ratzeputz, ein Ingwerschnaps, sowie die eine feine Auswahl an klassischen Cocktails mit Martini oder Negroni.
Mitte Oktober war die offizielle Eröffnung im Eck. Der Kiez war neugierig. Die ehemalige Betreiberin Ilse war da, alte und neue Gäste auch. Es war voll, sehr voll. So voll, dass am Ende auch viele Gäste in die Kneipe gegenüber, die Kutscher-Kneipe gewechselt sind. Der Erfolg zeigt: Man muss nicht die Berliner Kneipe neu erfinden, aber man kann sie neu denken. Und das geschieht hier. Denn wie heißt es so schön: Der schönste Platz ist immer an der Theke!
Am 12. Oktober feiert das Brüsseler Eck Geburstag. 2 Jahre. Ab 18 Uhr gehts los.
Brüsseler Eck Instagram
Brüsseler Straße 5, 13353 Berlin
Habt ihr heute Platz für 8 Leute ?
Dies ist nicht die Website der Kneipe, bitte kontaktiere sie auf anderem Weg.
Sehr schön geschrieben, danke! Ich werde mal zum Sonntagsfrühstück vorbeischauen.