Teil 2 unseres Jahresrückblicks: Der Irrsinn in dieser Stadt geht auch am Wedding nicht spurlos vorbei. Ob Zweite-Reihe-Parker, gesperrte Tramstrecken oder Dieselverbot, oft geht nichts mehr im Straßenverkehr. Doch zum Glück gibt es genug andere Gründe, mit sich und dem Wedding im Reinen zu sein.
Weddinger Rumsteher
Sie fehlen in den Supermärkten, sie sind ein optisches Ärgernis und auch sonst ärgern wir uns über auf den Gehwegen herumstehende Einkaufswagen. Leider haben wir uns im Wedding an dieses Bild gewöhnt.
Und auch an die Leihräder, die in Massen auf dem Gehweg herumstehen und den Weg versperren! Wundersamerweise gelangten viele der bunten Drahtesel, für die man eigentlich eine Kreditkarte braucht, in den Wedding und wurden dort von Jugendlichen zum Cruisen benutzt. Dass das nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, haben wir im Mai registriert.
Nichts bewegt sich
Und sonst auf den Straßen? Nur Zweite-Reihe-Parker und Irre. Die BVG sanierte den ganzen Sommer hindurch die Tramgleise auf der Seestraße und sorgte damit für viel Verdruss. Doch auch die U‑Bahn und der Busbetrieb waren (und sind) nicht dazu angetan, die Berliner bequem und zuverlässig durch die Stadt zu bringen – leider. Das Auto ist auch keine Alternative – vor allem, wenn es sich um Diesel handelt: Der Kapweg dürfte von den schadstoffbedingten Streckensperrungen schon im nächsten Jahr betroffen sein. Und für den zunehmenden Radverkehr wird sowieso zu wenig getan, wie in ganz Berlin.
Wohin mit dem Garten?
Eine Erfolgsgeschichte wie keine zweite ist der Gemeinschaftsgarten Himmelbeet im Wedding. Nun verliert er aber 2020 seinen angestammten Platz und soll für ein ebenso wichtiges soziales Projekt namens Safe Hub weichen. Ein Ausweichquartier für das Himmelbeet ist noch immer nicht gefunden. Die ganze Saison hindurch hat Himmelbeet-Gärtner Andaras Hahn für uns mitgepflanzt und mitgegossen und fragt sich jetzt: Was wird aus diesem Paradies?
Ansprüche an die Kitas und Schulen
Ein wichtiges Thema für viele Familien sind Betreuung und Bildung, auch und gerade im Wedding. Zwei Beiträge rund um die Kita-Qualität (Aufforderung zur Selbstverantwortung versus berechtigte Erwartungen an den Staat) polarisierten den Wedding im Frühjahr. Mit welchen Grundschulen die Weddinger zufrieden sind, ergab die Auswertung unserer Leser-Umfrage zum Schuljahresbeginn.
Freiluftausstellung “Mein Wedding 5” auf der Müllerstraße
Abschied nehmen und Zeit für Neues
Wohin ausgehen? Diese Frage beschäftigte uns wie in jedem Jahr, und die Themen gehen uns auch nicht aus. Die originelle Kugelbahn lud 2018 zu ihrem letzten Jahr ein, auch wenn sie eine Gnadenfrist bis nächsten März bekommen hat. Abschied nehmen hieß es schon „Bei Ernst“. Barbetreiber Bakri aus der Flop Bar, der viel für das Afrikanische Viertel getan hat, wurde 2018 überraschend aus dem Leben gerissen. Das von ihm aufgebaute Flop Café gibt es aber noch und bleibt ein Ort für hervorragendes syrisches Essen. Das Fredericks, zuletzt ohne Wasser und Strom, hat ein neues Zuhause gefunden. Aus dem Prinzinger wurde das Gedeih & Verderb. Kunst genießen – auf Zeit – konnten wir im Voodoo55 an der Müllerstraße, und Design beim traditionellen Weddingmarkt im Sommer und zwei Mal im Advent.
Viele Demos prägten das abgelaufene Jahr. Gegen Mietenwahnsinn, Kitakrise, rechtsextreme Umtriebe, sinnlos umgebrachte Radler. Auch wir vom Weddingweiser könnten ab und zu die Krise kriegen. Gut, dass wir im bunten Wedding dem tristen Alltag viel entgegenzusetzen haben.
Aktiv sein im Wedding
Ob Tango im Tangoloft, Tanzen mit Geflüchteten, Musik beim PankeParcours, Kulturexpeditionen von Unverblümt, Kino in der Rehberge, Joggen beim Gutenachtlauf: Dass es uns im Wedding garantiert nicht langweilig wird, steht schon jetzt fest. Wir freuen uns über Unterstützung für den Weddingweiser, der im Jahr 2018 über 800.000 Mal angeklickt wurde, denn wir glauben, dass ein spannender Stadtteil wie der Wedding ein lokales Medium braucht. Das sah die Auswahlkommission des Deutschen Nachbarschaftspreises ebenso und nominierte uns für denselben – den bekamen wir zwar nicht, aber dafür 590 Unterstützerstimmer für den Publikumspreis.