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Der vorstädtische Norden:
Upper Wedding: Das Parkviertel

14. Oktober 2017
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ParkviertelWed­ding ist nicht gleich Wed­ding. Die einen tei­len ihn in die (rela­tiv neu­en) Orts­tei­le ein, die ande­ren unter­schei­den den “tie­fen Wed­ding” vom Rest des Alt­be­zirks. Doch wenn es einen tie­fen Wed­ding gibt, gibt es auch einen hohen? Ein Blick ins Parkviertel.

Wichtigstes Gestaltungselement: Putz und Backstein im Wechsel
Welt­kul­tur­er­be Sied­lung Schillerpark

Das von Stadt­pla­nern hoch­tra­bend „Park­vier­tel“ genann­te Gebiet nörd­lich der See­stra­ße liegt genau zwi­schen dem Volks­park Reh­ber­ge und dem Schil­ler­park. Den meis­ten ist es eher als Afri­ka­ni­sches und Eng­li­sches Vier­tel bekannt. Doch die­se Namen klin­gen inter­es­san­ter als die Wohn­vier­tel letzt­end­lich sind.

Im Parkviertel wird vor allem gewohnt

ParkviertelFabrik­ge­bäu­de sucht man hier ver­ge­bens, dafür gibt es vie­le über­wie­gend in der Zwi­schen­kriegs­zeit gebau­te Wohn­häu­ser, aber auch Ein­rich­tun­gen wie das Cent­re Fran­çais, die U‑Bahn-Haupt­werk­statt und den BVG-Betriebs­hof. Mit Aus­nah­me der Mül­lerstra­ße ist es im obe­ren Wed­ding nicht ganz so geschäf­tig und bunt wie rund um den Leo, die Gericht­stra­ße oder die Badstraße.

Was das Woh­nen im Nor­den aber aus­zeich­net, ist die Nähe zu den zwei gro­ßen Grün­flä­chen Volks­park Reh­ber­ge und Schil­ler­park. Besu­cher stau­nen immer wie­der: Das soll noch der Wed­ding sein? Grü­ne, brei­te Stra­ßen, manch­mal mit Mit­tel­strei­fen wie die Togo­stra­ße, aber immer von Stra­ßen­bäu­men beglei­tet. Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, Gär­ten und Nach­barn, die auf der Stra­ße ein Pläusch­chen hal­ten. Dazu mehr Frei­zeit­ein­rich­tun­gen als im süd­li­chen Wed­ding, wie das Frei­luft­ki­no Reh­ber­ge, der Plöt­zen­see, das Sta­di­on Reh­ber­ge, das City Kino Wed­ding und nicht zuletzt unzäh­li­ge Klein­gär­ten prä­gen die Kieze im Norden.

Wenig aufregendes Geschäftsleben

Parkviertel
Mies van der Rohe-Wohn­häu­ser an der Afri­ka­ni­schen Straße

Die ande­re Sei­te der Medail­le: es gibt kei­ne schö­nen alten Kir­chen, kein ein­zi­ges Behör­den­ge­bäu­de und auch das Café- und Knei­pen­an­ge­bot ist deut­lich über­sicht­li­cher als süd­lich von See- und Oslo­er Stra­ße.  Alles ist über­schau­bar und man sieht meist die glei­chen Gesich­ter auf der Stra­ße. Statt der für die Alt­bau­vier­tel typi­schen Stra­ßen mit vie­len unter­schied­li­chen Geschäf­ten gibt es im obe­ren Wed­ding jede Men­ge rei­ne Wohn­stra­ßen ohne auch nur einen ein­zi­gen Laden! Wer ein­kau­fen will, muss in die Hauptstraßen…

ParkviertelDafür wohnt es sich meist hell und modern: Die Mehr­zahl der Woh­nun­gen ist näm­lich nicht in Miets­ka­ser­nen mit dunk­len Hin­ter­hö­fen, son­dern in Sied­lun­gen der Ber­li­ner Moder­ne unter­ge­bracht. Bekann­tes­tes Bei­spiel ist die Welt­kul­tur­er­be-Sied­lung am Schil­ler­park. Aber auch die Wohn­blö­cke von Archi­tekt Lud­wig Mies van der Rohe an der Afri­ka­ni­schen Stra­ße oder die Fried­rich-Ebert-Sied­lung ste­hen für den woh­nungs­po­li­ti­schen Auf­bruch der 1920er-Jah­re. Zwi­schen Goe­the­park und Afri­ka­ni­scher Stra­ße befin­det sich die ein­zi­ge grö­ße­re Ein­fa­mi­li­en­haus­sied­lung des Wed­ding. Nach dem Krieg wur­den erneut vie­le moder­ne Sied­lun­gen errich­tet, wie in der Gha­na­stra­ße, an der Schwy­zer Stra­ße oder rund um die Them­se­stra­ße. In die­se neu­en Woh­nun­gen zogen Fach­ar­bei­ter, Ange­stell­te, Beam­te und vie­le Rentner.

Vorstadt, aber kein Dorf

ParkviertelDas Afri­ka­ni­sche und das Eng­li­sche Vier­tel sind eher block­wei­se vom Reiß­brett geplant als unkon­trol­liert gewach­sen. Die Anzahl der Miets­ka­ser­nen und Hin­ter­hö­fe ist nied­ri­ger als anders­wo im Wed­ding. Das merkt man auch der Sozi­al­struk­tur an: bei­de Vier­tel wei­sen eine finan­zi­ell etwas bes­ser gestell­te Bevöl­ke­rung auf als der übri­ge Wed­ding. Hier wohnt es sich vor­städ­ti­scher, wenn auch nicht unbe­dingt dörf­lich. Dafür sind die Stra­ßen zu breit, die Häu­ser zu hoch.

Als Schar­nier zwi­schen der Stadt­au­to­bahn und Rei­ni­cken­dorf lei­det der Nor­den des Wed­ding unter extrem viel Stra­ßen­lärm. Auch die Flug­zeu­ge star­ten und lan­den direkt über den Köp­fen der Kiez­be­woh­ner. Ver­gleichs­wei­se spät wur­de der obe­re Wed­ding an das U‑Bahn-Netz ange­bun­den, die Sta­tio­nen Reh­ber­ge und Afri­ka­ni­sche Stra­ße wur­den erst 1956 eröffnet.

ParkviertelTrotz der unbe­strit­ten hohen Lebens­qua­li­tät des Wed­din­ger Nor­dens ver­än­dert sich der Kiez lang­sa­mer als ande­re Orts­tei­le von Ber­lin-Mit­te, im Ver­gleich fast in Zeit­lu­pe. Optisch ist das Gebiet, wo es nie ein Quar­tiers­ma­nage­ment geben muss­te, irgend­wo in den Sieb­zi­gern oder frü­hen Acht­zi­gern ste­hen­ge­blie­ben. Die vor ein paar Jah­ren abge­ris­se­ne Mül­ler­hal­le war typisch für die­ses Vier­tel, in dem sich zwar inzwi­schen eini­ges tut, aber in einem stadt­ver­träg­li­chen Tempo.

Bis die geplan­te Umbe­nen­nung von Stra­ßen im Afri­ka­ni­schen Vier­tel gro­ße Wel­len in der Öffent­lich­keit schlug, war vie­len Ber­li­nern über­haupt nicht bewusst, dass es ein sol­ches Vier­tel in ihrer Stadt über­haupt gibt. Die rela­tiv hohe sozia­le Sta­bi­li­tät und Kon­ti­nui­tät des Wed­din­ger Nor­dens ist ein Vor­teil, den immer mehr Fami­li­en und Krea­ti­ve für sich entdecken.

im Parkviertel“Upper Wed­ding”,  der irgend­wie ande­re Wed­ding jen­seits der Kli­schees des Arbei­ter­be­zirks, dage­gen mit dem sprö­den Charme der unspek­ta­ku­lä­ren Vor­stadt. Für die­je­ni­gen, die es mögen, ist das schon ein­mal kei­ne schlech­te Ausgangslage.

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weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

1 Comment Leave a Reply

  1. Viel­leicht soll­ten sich die Autoren ein­mal den erfolg­ten Miet­stei­ge­run­gen im Afri­ka­ni­schen Vier­tel wid­men. Sie wären sicher­lich über­rascht was z.B. im Bereich Gewer­be­mie­ten der­zeit abläuft.

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