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Geschichte im Schnelldurchlauf:
Die fünf wichtigsten Jahreszahlen deines Kiezes

Jeder Kiez im Wedding hat seine Geschichte - wir haben die wichtigsten Eckdaten für euch einmal kurz zusammengefasst.
18. März 2021

Du möch­test nicht das Wed­din­ger Geschichts­buch durch­büf­feln und trotz­dem halb­wegs durch die Ur-Wed­din­ger-Prü­fung kom­men? Wir haben für jeden Kiez die fünf wich­tigs­ten Jah­res­zah­len zusam­men­ge­stellt, damit Du weißt, was frü­her so ablief. Kli­cke auf dei­ne Hood: Nörd­li­cher Wed­ding, Wed­ding, Sol­di­ner Kiez, Gesund­brun­nen, Brun­nen­vier­tel. (Ihr denkt, es feh­len zen­tra­le his­to­ri­sche Ereig­nis­se? Oder ihr fin­det ande­re Jah­res­an­ga­ben? Ab damit in die Kommentare!)

Grundgerüst – das muss man einfach wissen

Wappen
Das Wap­pen des Wed­dings als Graf­fi­ti. Foto: Weddingweiser

1251: Eine Ver­kaufs­ur­kun­de bezeugt erst­mals schrift­lich den Wed­ding. “Als Stand­ort ist die Gegend um die heu­ti­ge Wed­ding­stra­ße anzu­neh­men”, schreibt His­to­ri­ke­rin Ger­hild Koman­der. Iro­nie der Geschich­te: Die Wed­ding­stra­ße liegt knapp im heu­ti­gen Orts­teil Gesundbrunnen.

1861: Fang­fra­ge: Wann schnapp­te sich Ber­lin den Wed­ding und den Gesund­brun­nen? Nicht 1920, son­der schon 1861! Zusam­men mit Moa­bit und eini­gen süd­li­chen Ber­li­ner Vorstädten.

1920: Letz­tes Jahr waren die Zei­tun­gen voll mit 100 Jah­re Groß-Ber­lin-Gesetz. Durch die­ses wird der Wed­ding ein Bezirk. (Vor­her gab es auf sei­nem Gebiet zahl­rei­che klei­ne­re Bezirke.)

1955: Der Bezirk Wed­ding erhält 35 Jah­re nach sei­ner Grün­dung ein eige­nes Wap­pen (Foto). Es ist 45 Jah­re gültig.

2001: Am ers­ten Janu­ar star­tet die gro­ße Ver­wir­rung. Woh­ne ich auf dem Wed­ding, am Gesund­brun­nen oder in Mit­te? Schuld ist die Ver­wal­tungs­re­form, die den Bezirk Wed­ding auf­löst und dem neu­en Bezirk Mit­te zuordnet.

Nördlicher Wedding mit Afrikanischem und Englischen Viertel

BVG Busbetriebshof. Entworfen von Jean Krämer. Foto Joachim Faust.
Der BVG Betriebs­hof in der Mül­lerstra­ße. Foto: Weddingweiser

1847: Im Geschichts­un­ter­richt auf­ge­passt? Du erin­nerst dich an die März­re­vo­lu­ti­on von 1848? Von Wed­din­ger Sei­te misch­ten Tage­löh­ner mit, die “Die wil­den Reh­ber­ger”. Sie gel­ten unter His­to­ri­kern aber als unpo­li­tisch, woll­ten “bloß” mehr Lohn. 

1876: Das Paul-Ger­hardt-Stift wird gegrün­det. 1888 zieht es an die Ecke Müllerstraße/Barfusstraße.

1927: Die Stra­ßen­bahn­stadt (Foto) an der obe­ren Mül­lerstra­ße ist fer­tig. In dem Depot ste­hen heu­te Bus­se. In den Woh­nun­gen wird auch heu­te gewohnt.

1929: Nach sie­ben Jah­ren Bau­zeit wer­den die Reh­ber­ge zum Volkspark.

1961: Die ers­te von zwei Eröff­nun­gen des fran­zö­si­schen Kul­tur­zen­trums. Start ist als Cent­re Cul­tu­rel Fran­cais, zwei­ter Start ist 1994 als Cent­re Fran­cais. Das City Kino Wed­ding bezieht den gro­ßen Saal 2014.

Wedding mit Brüsseler Kiez, Leo/Osramhöfe, Antonkiez, Sprengelkiez

Zenith
Die Zink­gie­ße­rei in der Lie­ben­wal­der Stra­ße. Foto: Weddingweiser

1835: Bit­te recht fromm. Zwei Schin­kel­kir­chen öff­nen ihre Türen. Am Leo­pold­platz die Naza­reth­kir­che und in der Bad­stra­ße die St.-Pauls-Kirche.

1856: Am Nord­ha­fen (heu­ti­ge Pan­ke­mün­dung) ent­steht eine Bade­an­stalt. Natür­lich nur für Män­ner. Für Frau­en ist das Baden unschicklich.

1888: Typisch Wed­ding: Statt gro­ßer Fabrik­wer­ke wie an der Chaus­see­stra­ße tum­meln sich hier zahl­rei­che klei­ne Fabri­ken. Zum Bei­spiel die Zink­gie­ße­rei in der Lie­ben­wal­der Stra­ße (sie­he Foto).

1970er/80er Jah­re. Die Leu­te im Spren­gel­kiez wol­len nicht, dass ihr Kiez wie das Brun­nen­vier­tel abge­ris­sen und neu gebaut wird. Ihre Pro­tes­te haben Erfolg.

1984: Das not­wen­digs­te Muse­um der Welt zieht in die Gen­ter Stra­ße 9, spä­ter in die Brüs­se­ler Stra­ße 21: Das Anti-Kriegs-Muse­um.

Soldiner Kiez

Kolonistenhaus
Kolo­nis­ten­haus in der Kolo­nie­stra­ße. Foto: Weddingweiser

1774: Das ältes­te Haus im Wed­ding ist ein Kolo­nis­ten­haus (Foto). Aber kei­ne Angst, es hat nichts mit der deut­schen Kolo­ni­al­ge­schich­te zu tun. Kolo­ni­siert wer­den soll­te Preu­ßen, dazu lock­te der König Ein­wan­de­rer an, die aus Sand­wüs­ten Gär­ten machen sollten.

1901: Cle­ver. Weil unter den preu­ßi­schen Abge­ord­ne­ten zu zwei Drit­teln Grund­be­sit­zer sein soll­ten, bau­te Sozi­al­de­mo­krat Hugo Heimann in der Prin­zen­al­lee die “roten Häu­ser”. Er trug reih­um Par­tei­freun­de als Eigen­tü­mer ein. In neue­rer Zeit erfolg­te die Flä­chen­sa­nie­rung, sprich: Abriss.

1904: Das Wahr­zei­chen des Sol­di­ner Kiezes wird fer­tig. Die Ste­pha­nus­kir­che in der Prin­zen­al­lee wird eingeweiht.

1938: Der Wed­ding wächst und Pan­kow ver­liert die Stra­ßen­zü­ge rund um die Stern­stra­ße kurz vor dem S‑Bahnhof Wollankstraße.

1989: Der ers­te Riss in der Ber­li­ner Mau­er kam an der Born­hol­mer Stra­ße. Was die DDR-Bür­ger nicht wuss­ten: Sie erreich­ten nicht den gol­de­nen Wes­ten, son­dern den ver­nach­läs­sig­ten Gesundbrunnen. 

Gesundbrunnen und Kiez an der Gerichtstraße

1821: Die ers­te Wed­din­ger Schu­le nimmt ihren Betrieb auf. Wo? In der Schulstraße.

Windmühle
Eine Wind­müh­le an der Mül­lerstra­ße. Foto: Archiv Anno erzählt

1846: Auf dem Wed­ding wer­den 46 Wind­müh­len gezählt (Foto). Damit ist klar, war­um die Mül­lerstra­ße Mül­lerstra­ße heißt.

1908: Das Volks­bad in der Gericht­stra­ße lässt Was­ser ein. Es ist in 1920er Jah­ren die wert­volls­te Immo­bi­lie des Bezirks. Vor­schlie­ßung 1999. Dann Künst­ler. End­schlie­ßung Mai 2015. 

1910: Skan­dal. Das Kre­ma­to­ri­um eröff­net. Von nun an wer­den Tote nicht mehr zwangs­läu­fig begra­ben, son­dern kön­nen auch ver­brannt werden.

1977: End­lich unter­ir­disch. Die U8 wird vom Gesund­brun­nen bis zur Oslo­er Stra­ße ver­län­gert. 1987 bis Paracelsus-Bad. 

Brunnenviertel

Denkmal Humboldt
Zum 100. Geburts­tag (wenn er ihn erlebt hät­te) bekam Alex­an­der von Hum­boldt einen Volks­park geschenkt. Foto: Weddingweiser.

1749: Ber­lin ver­legt einen Hin­rich­tungs­platz mit Gal­gen vom Stadt­in­ne­ren in die Sand­wüs­te vor den nörd­li­chen Stadt­to­ren. An die­ser Stel­le ist heu­te der Gar­ten­platz.

1869: Am 14. Sep­tem­ber ist der ers­te Spa­ten­stich für den Bau des Hum­boldt­hains. Das Datum ist der 100. Geburts­tag des Namens­ge­bers Alex­an­der von Hum­boldt (Foto).

1874: Umstrit­ten: Ban­kier Mey­er baut in der Acker­stra­ße Mey­ers-Höfe. Sie wer­den zum trau­ri­gen Sinn­bild der Miets­ka­ser­ne. Für ihre Zeit sind sie aber gut ausgestattet.

1882: Pro­fes­sor Lan­gen­bruch gelingt am 15. Juli die welt­weit ers­te Gal­len­bla­sen-Ope­ra­ti­on im Lazarus-Krankenhaus.

1895: Deutsch­lands ers­te U‑Bahn fährt als Test­bahn in einem Tun­nel der AEG unter der Vol­ta­stra­ße hindurch.

Noch mehr Chroniken und Dank

Wer (fast) alle Jah­res­zah­len zum Wed­ding und Gesund­brun­nen pau­ken will, fin­det viel Mate­ri­al auf ber­lin­street. Herz­li­chen Dank an Aro Kuhrt. Bernd Schimm­ler vom Hei­mat­ver­ein Wed­ding hat eine ähn­li­che Chro­nik, aber ergänzt mit Wahlergebnissen.

Die­se Fün­fer­chro­nik hat die Geschichts­werk­statt Anno Erzählt zusam­men­ge­tra­gen. Dank an die­ser Stel­le. Auf deren Web­sei­te fin­det sich auch eine aus­führ­li­che Spe­zi­al­chro­nik zum Brunnenviertel. 

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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