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Der frühere Galgenplatz:
Gartenplatz: Ort für Schauergeschichten

13. April 2015
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Die­ser Bei­trag zur Geschich­te des Brun­nen­vier­tels beschäf­tigt sich mit einem gru­se­li­gen Kapi­tel aus der Wed­din­ger Lokalhistorie. 

Der Scharf­rich­ter war­tet schon. Er hat es nicht weit, denn er wohnt in der Scharf­rich­te­rei, die unmit­tel­bar neben dem Gerichts­platz liegt. Hier woh­nen die Hen­ker und Scharf­rich­ter, zwi­schen den Hin­rich­tun­gen ist die Abde­cke­rei, die Besei­ti­gung von Tier­lei­chen, ihr all­täg­li­ches Geschäft. End­lich wird die Wit­we Mey­er, die sich durch Gat­ten­mord eigen­hän­dig in den Wit­wen­stand beför­dert hat, zum Gal­gen geführt. Die Men­ge johlt und schreit. Es ist die letz­te öffent­li­che Hin­rich­tung in Ber­lin. Was eine abschre­cken­de Wir­kung auf Preu­ßens Unter­ta­nen haben soll­te, ist längst zu einem Volks­fest ver­kom­men. Bis in die spä­te Nacht wird gefei­ert, zehn Tage lässt man ihren Leich­nam von Schau­lus­ti­gen begaffen.

Es ist ein küh­ler Mor­gen und den­noch haben sich bereits tau­sen­de Men­schen an die­sem Ort ver­sam­melt. Män­ner und Frau­en, Ange­hö­ri­ge aller Stän­de war­ten auf das gro­ße Ereig­nis. Die Stra­ßen sind voll, die Men­schen leh­nen sich neu­gie­rig und erwar­tungs­voll aus ihren Fens­tern. Flie­gen­de Händ­ler ver­kau­fen Brannt­wein und klei­ne Lecke­rei­en. Sol­da­ten des Königs bah­nen sich an die­sem 2. März 1837 einen Weg durch die Men­ge, um die Ver­ur­teil­te zum Richt­platz zu füh­ren. Die Hin­rich­tungs­stät­te der preu­ßi­schen Haupt­stadt besteht aus einem zwei Meter hohen qua­dra­ti­schen Stein­ku­bus, auf den eine Trep­pe führt. Auf die­sem Fun­da­ment steht der drei­fü­ßi­ge Gal­gen, an dem das Urteil voll­streckt wer­den soll. Im Volks­mund wird er “Schind­berg” oder “Teu­fels Lust­gar­ten” genannt.

Ein flackerndes Licht um Mitternacht

Ein Kirchturm am Gartenplatz

Wer heu­te den Gar­ten­platz in Ber­lin-Gesund­brun­nen auf­sucht, fin­det eine fried­li­che grü­ne Oase mit Kin­der­spiel­platz und Park­bän­ken vor. Dort, wo zahl­lo­se Men­schen gerä­dert und geköpft, auf­ge­hängt und ver­brannt wur­den, erhebt sich heu­te die katho­li­sche Kir­che St. Sebas­ti­an, 1890 bis 1893 erbaut, majes­tä­tisch in den Him­mel. Die „alte Scharf­rich­te­rei“ muss­te dem Stet­ti­ner Bahn­hof, dem heu­ti­gen Nord­bahn­hof, wei­chen. Nur weni­ge Schrit­te vom Gar­ten­platz ent­fernt befin­det sich übri­gens die Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er an der Ber­nau­er Stra­ße. Ein bedrü­cken­der Ort der Erin­ne­rung im Wed­ding, der bei kei­ner Ber­lin-Tour feh­len soll­te. Falls Sie Ihren Besuch um Mit­ter­nacht machen, gehen Sie ruhig zur alten Richt­stät­te auf dem Gar­ten­platz. Mit ein wenig Glück kön­nen Sie durch die Kir­chen­fens­ter ein Licht sehen, das unru­hig fla­ckert. Es ist die alte Wit­we Mey­er, die in der Gruft unter der Kir­che kei­ne Ruhe fin­det. Der Ort ihres schau­ri­gen Able­bens hat sich seit­her so ver­än­dert, dass sie mit einer Later­ne ihre Grab­stät­te sucht…

Ers­ter Teil: Wie das Brun­nen­vier­tel besie­delt wurde

Autor: Mat­thi­as Eber­ling, kiezschreiber.blogspot.de

Gastautor

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1 Comment

  1. Die eigent­li­che Hin­rich­tungs­stät­te lag nicht am Platz der heu­ti­gen Kir­che son­dern genau dort wo man geschmack­vol­l­er­wei­se das heu­ti­ge Senio­ren­heim errich­tet hat.

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