Du möchtest nicht das Weddinger Geschichtsbuch durchbüffeln und trotzdem halbwegs durch die Ur-Weddinger-Prüfung kommen? Wir haben für jeden Kiez die fünf wichtigsten Jahreszahlen zusammengestellt, damit Du weißt, was früher so ablief. Klicke auf deine Hood: Nördlicher Wedding, Wedding, Soldiner Kiez, Gesundbrunnen, Brunnenviertel. (Ihr denkt, es fehlen zentrale historische Ereignisse? Oder ihr findet andere Jahresangaben? Ab damit in die Kommentare!)
Grundgerüst – das muss man einfach wissen
1251: Eine Verkaufsurkunde bezeugt erstmals schriftlich den Wedding. “Als Standort ist die Gegend um die heutige Weddingstraße anzunehmen”, schreibt Historikerin Gerhild Komander. Ironie der Geschichte: Die Weddingstraße liegt knapp im heutigen Ortsteil Gesundbrunnen.
1861: Fangfrage: Wann schnappte sich Berlin den Wedding und den Gesundbrunnen? Nicht 1920, sonder schon 1861! Zusammen mit Moabit und einigen südlichen Berliner Vorstädten.
1920: Letztes Jahr waren die Zeitungen voll mit 100 Jahre Groß-Berlin-Gesetz. Durch dieses wird der Wedding ein Bezirk. (Vorher gab es auf seinem Gebiet zahlreiche kleinere Bezirke.)
1955: Der Bezirk Wedding erhält 35 Jahre nach seiner Gründung ein eigenes Wappen (Foto). Es ist 45 Jahre gültig.
2001: Am ersten Januar startet die große Verwirrung. Wohne ich auf dem Wedding, am Gesundbrunnen oder in Mitte? Schuld ist die Verwaltungsreform, die den Bezirk Wedding auflöst und dem neuen Bezirk Mitte zuordnet.
Nördlicher Wedding mit Afrikanischem und Englischen Viertel
1847: Im Geschichtsunterricht aufgepasst? Du erinnerst dich an die Märzrevolution von 1848? Von Weddinger Seite mischten Tagelöhner mit, die “Die wilden Rehberger”. Sie gelten unter Historikern aber als unpolitisch, wollten “bloß” mehr Lohn.
1876: Das Paul-Gerhardt-Stift wird gegründet. 1888 zieht es an die Ecke Müllerstraße/Barfusstraße.
1927: Die Straßenbahnstadt (Foto) an der oberen Müllerstraße ist fertig. In dem Depot stehen heute Busse. In den Wohnungen wird auch heute gewohnt.
1929: Nach sieben Jahren Bauzeit werden die Rehberge zum Volkspark.
1961: Die erste von zwei Eröffnungen des französischen Kulturzentrums. Start ist als Centre Culturel Francais, zweiter Start ist 1994 als Centre Francais. Das City Kino Wedding bezieht den großen Saal 2014.
Wedding mit Brüsseler Kiez, Leo/Osramhöfe, Antonkiez, Sprengelkiez
1835: Bitte recht fromm. Zwei Schinkelkirchen öffnen ihre Türen. Am Leopoldplatz die Nazarethkirche und in der Badstraße die St.-Pauls-Kirche.
1856: Am Nordhafen (heutige Pankemündung) entsteht eine Badeanstalt. Natürlich nur für Männer. Für Frauen ist das Baden unschicklich.
1888: Typisch Wedding: Statt großer Fabrikwerke wie an der Chausseestraße tummeln sich hier zahlreiche kleine Fabriken. Zum Beispiel die Zinkgießerei in der Liebenwalder Straße (siehe Foto).
1970er/80er Jahre. Die Leute im Sprengelkiez wollen nicht, dass ihr Kiez wie das Brunnenviertel abgerissen und neu gebaut wird. Ihre Proteste haben Erfolg.
1984: Das notwendigste Museum der Welt zieht in die Genter Straße 9, später in die Brüsseler Straße 21: Das Anti-Kriegs-Museum.
Soldiner Kiez
1774: Das älteste Haus im Wedding ist ein Kolonistenhaus (Foto). Aber keine Angst, es hat nichts mit der deutschen Kolonialgeschichte zu tun. Kolonisiert werden sollte Preußen, dazu lockte der König Einwanderer an, die aus Sandwüsten Gärten machen sollten.
1901: Clever. Weil unter den preußischen Abgeordneten zu zwei Dritteln Grundbesitzer sein sollten, baute Sozialdemokrat Hugo Heimann in der Prinzenallee die “roten Häuser”. Er trug reihum Parteifreunde als Eigentümer ein. In neuerer Zeit erfolgte die Flächensanierung, sprich: Abriss.
1904: Das Wahrzeichen des Soldiner Kiezes wird fertig. Die Stephanuskirche in der Prinzenallee wird eingeweiht.
1938: Der Wedding wächst und Pankow verliert die Straßenzüge rund um die Sternstraße kurz vor dem S‑Bahnhof Wollankstraße.
1989: Der erste Riss in der Berliner Mauer kam an der Bornholmer Straße. Was die DDR-Bürger nicht wussten: Sie erreichten nicht den goldenen Westen, sondern den vernachlässigten Gesundbrunnen.
Gesundbrunnen und Kiez an der Gerichtstraße
1821: Die erste Weddinger Schule nimmt ihren Betrieb auf. Wo? In der Schulstraße.
1846: Auf dem Wedding werden 46 Windmühlen gezählt (Foto). Damit ist klar, warum die Müllerstraße Müllerstraße heißt.
1908: Das Volksbad in der Gerichtstraße lässt Wasser ein. Es ist in 1920er Jahren die wertvollste Immobilie des Bezirks. Vorschließung 1999. Dann Künstler. Endschließung Mai 2015.
1910: Skandal. Das Krematorium eröffnet. Von nun an werden Tote nicht mehr zwangsläufig begraben, sondern können auch verbrannt werden.
1977: Endlich unterirdisch. Die U8 wird vom Gesundbrunnen bis zur Osloer Straße verlängert. 1987 bis Paracelsus-Bad.
Brunnenviertel
1749: Berlin verlegt einen Hinrichtungsplatz mit Galgen vom Stadtinneren in die Sandwüste vor den nördlichen Stadttoren. An dieser Stelle ist heute der Gartenplatz.
1869: Am 14. September ist der erste Spatenstich für den Bau des Humboldthains. Das Datum ist der 100. Geburtstag des Namensgebers Alexander von Humboldt (Foto).
1874: Umstritten: Bankier Meyer baut in der Ackerstraße Meyers-Höfe. Sie werden zum traurigen Sinnbild der Mietskaserne. Für ihre Zeit sind sie aber gut ausgestattet.
1882: Professor Langenbruch gelingt am 15. Juli die weltweit erste Gallenblasen-Operation im Lazarus-Krankenhaus.
1895: Deutschlands erste U‑Bahn fährt als Testbahn in einem Tunnel der AEG unter der Voltastraße hindurch.
Noch mehr Chroniken und Dank
Wer (fast) alle Jahreszahlen zum Wedding und Gesundbrunnen pauken will, findet viel Material auf berlinstreet. Herzlichen Dank an Aro Kuhrt. Bernd Schimmler vom Heimatverein Wedding hat eine ähnliche Chronik, aber ergänzt mit Wahlergebnissen.
Diese Fünferchronik hat die Geschichtswerkstatt Anno Erzählt zusammengetragen. Dank an dieser Stelle. Auf deren Webseite findet sich auch eine ausführliche Spezialchronik zum Brunnenviertel.