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Kapitulation vor Elterntaxis:
Ansichtssache: Wenige schaden vielen

Wenn Kinder mit dem Auto in die Schule gebracht und dadurch andere gefährdet werden
27. Februar 2024
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Schul­per­so­nal, Eltern und Schüler:innen kapi­tu­lie­ren im Wed­ding vor eini­gen weni­gen rück­sicht­lo­sen Autofahrer:innen, die ihre Kin­der fast bis vor die Schul­tür fah­ren – kos­te es was es wolle. 

Der Rad­weg ist mit ver­las­se­nen Autos zuge­parkt, Rad­fah­ren­de müs­sen auf den Geh­weg ausweichen

Es ist die Reak­ti­on auf ein all­ge­gen­wär­ti­ges Pro­blem, für das es zumin­dest für Schu­len an Haupt­stra­ßen kei­ne Lösung zu geben scheint: An der Möwen­see-Grund­schu­le im Wed­ding war es „zu brenz­li­gen Situa­tio­nen gekom­men, aus­ge­löst von Eltern, die ihre Kin­der mit dem Auto zur” oder “direkt in die Schu­le brach­ten und nach Unter­richts­schluss abhol­ten. Dabei wur­den ande­re Kin­der auf ihrem Schul­weg, beim War­ten und Spie­len auf dem Schul­ge­län­de gro­ßen Gefah­ren aus­ge­setzt.“ Eine Mut­ter berich­te­te mir, dass ihr eine Auto­fah­re­rin, die sie auf ihr Ver­hal­ten ange­spro­chen hat­te, mit Absicht über den Fuß gefah­ren ist. Die Situa­ti­on ende­te für sie in der Not­auf­nah­me und für die Fah­re­rin letzt­lich vor Gericht. Enga­gier­ten Erzieher:innen, die Auto­fah­ren­de anspra­chen, wur­de sogar mehr­fach Gewalt ange­droht. Nun muss­ten alle Eltern einen Zet­tel der Schul­lei­tung zur Kennt­nis neh­men, der sie auf­for­der­te, „zu ver­mei­den, Ihr Kind mit einem PKW zur Schu­le zu brin­gen“. Wenn nicht anders mög­lich, sol­le man lie­ber recht­zei­tig los­fah­ren und das Kind eben in der Nach­bar­schaft aus­stei­gen las­sen. Falls man selbst mit­ge­hen wol­le, sol­le man das Auto legal in der Nähe par­ken und dann das Kind begleiten.

Auf dem Eltern­abend gab es dann die Ansa­ge, die Kin­der doch mög­lichst allein in die Schu­le gehen zu las­sen. Alter­na­tiv könn­te man ja Gemein­schaf­ten bil­den, um sich zu zweit oder in klei­nen Grup­pen auf den Schul­weg zu machen. Schü­ler­lot­sen – wie in der Ver­gan­gen­heit – gebe es nicht mehr. Erschre­cken­der Grund: Die Kin­der sei­en immer wie­der von Autofahrer:innen ange­grif­fen wor­den. Die vor der Schu­le ver­lau­fen­de Afri­ka­ni­sche Stra­ße ist eine brei­te Haupt­stra­ße, die unter der aktu­el­len Ver­kehrs­se­na­to­rin sicher nicht ver­kehrs­be­ru­higt wer­den wird. Immer­hin hilft eine Fuß­gän­ger­am­pel den Kin­den über die Stra­ße zu kom­men, aber selbst deren Über­wegs­flä­che wird oft in haar­strau­ben­den Wen­de­ma­nö­vern von Eltern­au­tos gestreift. 

Ich weiß zwar auch kei­nen Rat mehr, aber stel­le ernüch­tert fest: Der hilf­lo­se Appell der Schu­le ist eine Kapi­tu­la­ti­on vor einer bis­her nie gekann­ten Roh­heit und Rück­sicht­lo­sig­keit im Stra­ßen­ver­kehr. Weil die Poli­zei an der betref­fen­den Schu­le höchs­tens zu Schul­jah­res­be­ginn kon­trol­liert, sehen es eini­ge weni­ge Auto­fah­ren­de als ihr Recht an, Rad­we­ge und Geh­we­ge nach Belie­ben zuzu­par­ken oder „nur mal eben kurz“ in die Schul­ein­fahrt zu fah­ren und alle ande­ren zu gefähr­den. Nun wird, wie auch schon an Rad­we­gen an Haupt­stra­ßen oder Kreu­zun­gen in Wohn­ge­bie­ten, über neue Pol­ler und phy­si­sche Bar­rie­ren nach­ge­dacht, die dann auch den (vie­len) Ver­nünf­ti­gen das Leben schwer­ma­chen wer­den, denn der Park- und Ver­kehrs­raum wird für den moto­ri­sier­ten Ver­kehr dadurch wei­ter redu­ziert. Ich wür­de mir wün­schen, auch an ande­ren Stel­len im Wed­ding, dass wie­der mehr Rück­sicht der Moto­ri­sier­ten allen ande­ren gegen­über herrscht: Dass Rad- und Geh­we­ge nicht mehr (auch nicht nur kurz!) zuge­parkt wer­den, dass an Zebra­strei­fen wirk­lich gehal­ten wird. Außer­dem sol­len (und müs­sen) Dia­go­nal­sper­ren beach­tet wer­den, selbst wenn man­che Pol­ler „über Nacht ver­schwin­den“ wie an der Stet­ti­ner Str./Bellermannstraße.

Ein­fahrt vor einer Kita versperrt

Natür­lich muss man auch immer wie­der mit­ein­an­der reden, die Übel­tä­ter auf ihr Ver­hal­ten anspre­chen und mit Stra­fen kon­se­quent abschre­cken. Denn das Ziel soll­te doch sein, dass alle Kin­der sicher zur Schu­le kom­men und nicht nur im “gepan­zer­ten Elterntaxi”.

Wie seht ihr das? Hier unse­re Umfra­ge.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

6 Comments

  1. Andro­hung von Gewalt, Belei­di­gun­gen, das alles vor den eige­nen Kindern…
    wer sel­ber nix im Leben gelernt hat… viel­leicht ein Trost, dass sie die Spröß­lin­ge über­haupt in die Schu­le brin­gen, ihnen so die Chan­ce geben, sich wei­ter zu entwickeln.

  2. In der Wie­sen­stra­ße ste­hen sie in der Feu­er­wehr­zu­fahrt. Ich habe mal einer Auto­fah­re­rin gesagt, dass auch ihre Kin­der ver­bren­nen, wenn die Feu­er­wehr nicht durch­kommt, aber das hat sie nicht interessiert.

  3. Da fällt mir Maria Montessori´s Zitat ein: „Wie wir mit den Kin­dern umge­hen, zeigt, was in der Gesell­schaft los ist.“
    Gibt es noch eine „nor­ma­le“ Kind­heit, die auf die Bedürf­nis­se und Ent­wick­lungs­pha­sen der Kin­der eingeht ?
    Die Montesso­ri-Päd­ago­gik ist vor allem eine „Frie­dens­päd­ago­gik“, die in Theo­rie und Pra­xis wie­der­be­lebt wer­den sollte.
    Wir haben zuviel Krie­ge in der Welt und im All­tag miteinander.

  4. Scha­de, dass sich die­se Übel­tä­ter- und es schei­nen ja eine Men­ge zu sein – nicht öffent­lich zu ihrem Fehl­ver­hal­ten äußern! Was, außer Bequem­lich­keit, ist der Grund für die Gefähr­dung der übri­gen Kinder?
    Und war­um gibt es nur so sel­ten Poli­zei­kon­trol­len? Immer­hin wur­de eine unein­sich­ti­ge Mut­ter schon mal ver­knackt – das gefällt mir!

  5. Emp­feh­le aus eige­ner Erfah­rung die Akti­on „Zu Fuß zur Schule“.
    An der Grund­schu­le mei­nes Kin­des gibt es die­se Akti­on jedes Jahr und sie weist die Auto-Ego­is­­ten und Auto-Fana­­ti­ker in die Schran­ken. (Wäh­rend der Akti­on dür­fen sie vor der Schu­le nicht hal­ten, son­dern bekom­men in der Umge­bung Aus­weich­hal­te­plät­ze zuge­wie­sen.) Vor der Schu­le sind mit Krei­de Zebra­strei­fen auf­ge­malt; Eltern und Schü­ler­lot­sen sor­gen für Mobi­li­tät und es gibt vie­le Bil­der, Aus­zeich­nun­gen und Freude.
    FÜR die Akti­on ist die ganz gro­ße Mehr­heit der Kin­der (auch vie­le Kin­der, die sich fah­ren las­sen müs­sen und sich nicht sel­ber bewe­gen dür­fen, sind dafür) und eine deut­li­che Mehr­heit der Eltern und Lehrer.
    Sie macht Rie­sen­spaß! – Es braucht eini­ge Eltern, die sie unter­stüt­zen, und die Schul­lei­tung soll­te sie zumin­dest dulden.
    Jedes Jahr um den 22. Sep­tem­ber – Kon­takt hier
    In Ber­lin koor­di­niert vom BUND Ber­lin, unter­stützt vom Kin­der­hilfs­werk, Ver­kehrs­club für Deutschland
    https://mobilitaetsbildung-berlin.de/ – Genau­er Ter­min für 2024 noch offen.
    https://www.zu-fuss-zur-schule.de/mitmachen/aufruf

  6. na aber Hallo

    also jans ehr­lich … solch Din­ge lösen nur noch Kopf­schüt­teln bei mir aus … Müt­tern wird über den Fuss gefah­ren, Kin­der wer­den von Fah­ren­den bedroht… was ist nur mit die­sen Men­schen los ?? was läuft da im Kopf nicht mehr richtig
    Man was waren das noch Zei­ten als 99 von Hun­dert Kin­dern fröh­lich zur Schu­le gegan­gen sind… 

    Wer sind die , die Erzie­hern mehr­fach Gewalt androh­nen… Sind die Alle irgen­wie irre !!??

    selt­sa­me Zeiten

    Gruß

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