Ihr habt nur eine Stunde Zeit, jemandem den Wedding zu zeigen oder den Stadtteil selbst zu entdecken? Hier ein Vorschlag für einen Spaziergang für Wedding-Neulinge und Touristen, die ihnen einige wichtige Sehenswürdigkeiten unseres Stadtteils aufzeigen. Außerdem bekommt ihr ganz viel Atmosphäre und Wedding-Typisches zu sehen. Natürlich nur für kurze Momentaufnahmen, und ganz ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Startet am Leopoldplatz. Vielleicht nicht der schönste, aber der wichtigste Platz im Wedding. Der langgezogene Platz ist am westlichen Ende Schnittpunkt zweier U‑Bahn-Linien und hier steht auch eines der ältesten Gebäude des Wedding, die Alte Nazarethkirche, 1832–35 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel errichtet. Hinter ihr befindet sich die bis 1893 gebaute Neue Nazarethkirche, die einen 78 Meter hohen Turm besitzt und heute einer Freikirche gehört.
Schulstr. , rechts abbiegen in die Ruheplatzstr., die Antonstr. überqueren und bis zur Gerichtstr., in diese links einbiegen
An der Hausnummer 35 befindet sich das ausgedehnte Gelände des Silent Green Kulturquartiers. Das sehenswerte Ensemble aus historischem Krematorium und modernen Anbauten (inklusive einer riesigen unterirdischen Betonhalle) bringt (Hoch)Kultur in den Wedding.
Die Gerichtstraße weitergehen, die Adolfstr. überqueren bis zum
Nettelbeckplatz. Dieser einstige Kreisverkehr wurde in den 1980er Jahren komplett neu gestaltet und ist heute eine dreieckige Fußgängerzone mit Bänken rund um alte Bäume und einem Springbrunnen namens “Tanz auf dem Vulkan”. Sozialer Brennpunkt trifft Szene: Hier wird dem Alkoholkonsum ebenso gefrönt wie dem Shisha-Genuss. Und zugleich ist hier auch das kreative Herz des Weddings an der Gerichtstraße zu Hause.
An der Ampel über die Reinickendorfer Straße geradeaus weiter unter der S‑Bahnbrücke in die
Gerichtstraße: Benannt nach dem Hochgericht, dem früheren Galgen, ist diese Straße weddingtypisch wie keine zweite. Sie ist geschichtsträchtig, voller kurz- und langlebiger Bars und Cafés und bietet mit den Werkstätten des Nordens (Höfe in der Hausnr. 23) sowie den Gerichtshöfen (Haus-Nr. 12⁄13) viel industriellen Charme, der durch Kleingewerbe und Künstlerateliers bereichert wird.
Am Zebrastreifen an der Brücke über den Fluss Panke links vor der Kolberger Straße abbiegen und den kleinen Weg am Wasser entlang
Zwischen den Hinterhöfen führt ein kleiner Uferweg die Panke entlang. An der Fußgängerbrücke erkennt man rechts die Wiesenburg, ein ehemaliges verfallenes Obdachlosenasyl, das durch moderne Anbauten ergänzt wurde. Hier haben in den vom Krieg verschonten Gebäudeteilen noch immer viele Künstler ihre Ateliers. Der Zugang erfolgt nur über die Wiesenstraße 55. Doch auch von unserem Uferweg, der nun durch ein Fabrikgebäude bis zu einer kleinen Panke-Aue weiterführt, kann man die alte Wäschefabrik und auch die Wiesenburg gut erkunden. Street Art auf alten Gemäuern prägt diese pittoreske Stadtlandschaft, in der auch die Natur am Fluss ihren Platz wiedererobert hat.
Unter der Ringbahnbrücke hindurch, über die breite Pankstraße und weiter am Fluss entlang bis zum
Gedenkstein an der Wiesenstraße: Hier wird der Toten der Maiunruhen des Jahres 1929 in der nahen Kösliner Straße gedacht, als es zu tagelangen Ausschreitungen kam. Durch Polizeikugeln kamen mindestens 19 Menschen ums Leben. Heute strahlt diese idyllische Ecke an der Walter-Röber-Brücke eine völlig andere Atmosphäre aus.
Über den Zebrastreifen die Wiesenstraße überqueren und weiter am Fluss entlang, rechts in die Schönstedtstraße und dann gleich links abbiegen zum
Amtsgericht Wedding. Dieses Gebäude ist der Albrechtsburg in Meißen nachempfunden. Neben der pompösen und furchteinflößenden Architektur fällt vor allem der Reichsadler in den Blick, der 1933 angebracht wurde. Bei ihm wurde das Hakenkreuz nach dem Krieg entfernt, aber der Adler ist bis heute als zeitgeschichtliches Zeugnis geblieben.
Zurück zur Schönstedtstraße, den Fluss überqueren und rechts in die Uferstraße bis zu den
Uferhallen/Uferstudios. Idyllisch liegen hier verschiedene Altbauten links und rechts des Flusses. Die Uferstraße teilt die ehemaligen Straßenbahn-Buswerkstätten aus den 1920er-Jahren in zwei Teile. Der nördliche, die Uferhallen, sind als Künstlerateliers und sogar als Konzertort (Pianosalon Christophori) bekannt. Der langgezogene südliche Teil zur Badstraße hin ist unter dem Namen Uferstudios für zeitgenössischen Tanz eines der wichtigsten Zentren der Tanzszene Berlins geworden.
Die vielleicht spannendste Ecke des Wedding ist an der vieleckigen Einmündung der Uferstraße in die Exerzier-/Schweden-/Kolonie- und Badstraße zu finden. Interessante Eckhäuser aus verschiedenen Epochen sind hier zu sehen, von denen das rot verklinkerte Gebäude Badstraße 40 und das kurios verzierte Luisenhaus Badstr. 43/Travemünder Str. besonders hervorstechen.
Hier befand sich einst ein Heilbad. Biegt man in die Travemünder Straße an der Panke ein, kann man auf der anderen Flussseite die Pankemühle erkennen, das älteste und niedrigste Gebäude weit und breit mit einem aufgemalten Mühlrad.
Die Bibliothek am Luisenbad ist Relikt des Vergnügungsviertels am Gesundbrunnen, das sich aus der Heilquelle entwickelt hatte. Die moderne, unterirdisch angelegte Bibliothek (1995 erbaut) nutzt auch zahlreiche historische Gebäudeteile, die vom Luisenbad übrig geblieben sind.
Weiter kann man nun die Auenlandschaft der Panke entlang gehen, auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die
Bildhauerwerkstatt, eingerichtet in den Sheddachhallen der Tresorfabrik Arnheim. Die einstündige Tour endet an der Osloer Straße (rechts abbiegen bis zur Prinzenallee).