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Experiment Renaturierung:
Wird die Panke wieder ein Fluss mit Strudeln?

4. Juni 2023
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Die Pan­ke – deren sla­wi­scher Name für „Fluss mit Stru­deln“ steht – ist 29 Kilo­me­ter lang und ent­springt in Ber­nau. Jahr­zehn­te­lang nann­te man sie „Stin­ke­pan­ke“, weil sie durch Indus­trie­ab­wäs­ser zu einer Kloa­ke wur­de. Von 1961 bis 1989 teil­te die Ber­li­ner Mau­er auch die Pan­ke. Mit punk­tu­el­len Maß­nah­men soll sie nun wie­der in einen natur­na­hen Fluss ver­wan­delt werden.

Durch­gän­gig­keit – nicht nur im Stra­ßen­ver­kehr muss es flie­ßen, son­dern auch in Gewäs­sern. Damit Fische und Kleinst­le­be­we­sen einen Fluss bevöl­kern, müs­sen sie die­sen auch errei­chen. Dafür wird zum Bei­spiel der drei Meter hohe Absturz an der Mün­dung der Pan­ke in das Vor­be­cken des Nord­ha­fens in eine Fisch­trep­pe umge­wan­delt. Von einem Schwimm­bag­ger aus wird die­se 1,7 Mil­lio­nen Euro teu­re Vor­rich­tung als Teil der Rena­tu­rie­rung des viert­größ­ten Ber­li­ner Flus­ses gebaut. Wobei es sich hier genau genom­men um einen Mün­dungs­ka­nal han­delt, denn ursprüng­lich floss die Pan­ke zwi­schen Schul­zen­dor­fer Stra­ße und der Fried­rich­stra­ße, wo sie dann am Schiff­bau­er­damm in die Spree mün­de­te. Nicht der ein­zi­ge Ein­griff in das Gewäs­ser, das sich heu­te ins­ge­samt eher wie ein schnur­ge­ra­der Kanal, ein­ge­zwängt zwi­schen Beton­wän­den oder Mau­ern, präsentiert.

Ein­ge­zwängt und kana­li­siert prä­sen­tiert sich die Pan­ke heute

Die Pan­ke ist auch heu­te noch in einem schlech­ten öko­lo­gi­schen Zustand: Es gibt nur weni­ge Fische und Fisch­ar­ten, ein natür­li­ches Ufer ist kaum noch vor­han­den, und die Pan­ke ist in ihrem gesam­ten Lauf stark ver­än­dert worden.

Seit dem Zwei­ten Welt­krieg wur­den nach und nach auf Wed­din­ger Gebiet Ufer­we­ge aus­ge­baut und Parks ange­legt, sodass die Pan­ke immer­hin einen hohen Erho­lungs­wert bie­tet. Nur eben für Tie­re und Pflan­zen war das Gewäs­ser allen­falls sehr begrenzt als Lebens­raum zu bezeichnen.

Zumin­dest in ein­zel­nen Abschnit­ten soll sie nun wie­der öko­lo­gisch auf­ge­wer­tet, also rena­tu­riert wer­den. Das kann man am BND-Gelän­de an der Chaus­see­stra­ße sehen, wo die in unter­ir­di­schen Roh­ren ver­steck­te Süd­pan­ke wie­der in ein natur­na­hes Fluss­bett ver­legt wur­de. Weder ist genug Platz noch Geld vor­han­den, um den Fluss kom­plett umzu­bau­en. Da muss eben impro­vi­siert wer­den. So wur­den mit Stei­nen gefüll­te Draht­kör­be ins beto­nier­te Fluss­bett auf Höhe des Eri­ka-Heß-Eis­sta­di­ons ein­ge­las­sen. Die dadurch erzeug­ten Wir­bel sor­gen für einen abwechs­lungs­rei­chen Strom, klei­ne Was­ser­pflan­zen sie­deln sich an den Kör­ben an.

Ech­te Auen und Mäan­der wird es zum Bei­spiel am Fran­zo­sen­be­cken (auch als „Olymp“ bekannt) west­lich der Wollank­stra­ße geben. Eigent­lich ist die Wie­se ein Hoch­was­ser­rück­hal­te­be­cken, das durch einen Damm von der jet­zi­gen Pan­ke getrennt ist, aber hier soll ein win­dungs­rei­cher Fluss­ver­lauf ange­legt werden.

Rechen­an­la­ge (links, Foto: A. Schnell), Fran­zo­sen­be­cken (o.r.), Pan­ke-Aue an der Ring­bahn (u.r., Foto: Hensel)

Die Rei­ni­gungs­an­la­ge an der Schul­zen­dor­fer Stra­ße, wo mit Hil­fe eines Rechens Unrat aus der Pan­ke auf­ge­fan­gen wird, muss­te 2020 umge­baut wer­den. Zwar ist sie not­wen­dig, um Ver­stop­fun­gen des Pan­ke­dü­kers unter der Chaus­see­stra­ße zu ver­hin­dern, doch hat sie sich bei Stark­re­gen als Hin­der­nis erwie­sen. Mit­ge­schwemm­te Gegen­stän­de ver­stopf­ten den Abfluss und sorg­ten für ein Hoch­was­ser ent­lang der Anrai­ner­stra­ßen so zum Bei­spiel im Jahr 2012.

Von der natur­na­hen Gestal­tung der Pan­ke ist schon seit 2007 die Rede. Auch der Wed­ding­wei­ser hat schon mehr­fach dar­über berich­tet (Tex­te: Vom Kanal zum Bach – Kon­kre­te Umbau­plä­ne für die Pan­ke und Die Pan­ke wird Natur – aber nicht im Sol­di­ner Kiez). Das Ver­fah­ren muss­te noch ein­mal auf­ge­rollt wer­den, da die Men­ge der ein­ge­lei­te­ten Abwäs­ser am Klär­werk Schö­ner­lin­de neu berech­net wer­den muss­te. Doch seit 2021 liegt der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss vor, die Bau­ar­bei­ten haben begon­nen. Ob jedoch die­se vie­len klei­nen Maß­nah­men aus­rei­chen, aus der Pan­ke wie­der einen leben­di­gen Stadt­fluss wer­den zu las­sen, wird die Zukunft zeigen.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

1 Comment

  1. Schön juten Morjen
    es gibt ins­ge­samt 4 Namensdeutungen….
    Der Fluss­na­me ist sla­wi­schen Ursprungs. Er geht mög­li­cher­wei­se auf das pola­bi­sche Wort pak zurück, was in etwa Büschel oder Knos­pe bedeu­tet. Nach Rein­hard E. Fischer ist das „Namens­mo­tiv […] das Anschwel­len des Flus­ses, wie eine Knospe“.[11] Die Pola­ben waren ein hier ansäs­si­ges sla­wi­sches Volk. Eine ande­re Deu­tung des Fluss­na­mens „pan­kowe“ ver­weist auf: stru­deln­der Fluss. Dies geht auf den sla­wi­schen Wort­stamm „ponik­wa“ zurück. Ins­be­son­de­re zu Zei­ten von Früh­jahrs- und Herbst­hoch­was­ser hat sie bei gerin­gem Gefäl­le und fla­cher Land­schaft das Bild eines gur­geln­den und stru­deln­den Baches gege­ben. Eine drit­te Deu­tung der Wort­her­kunft bezieht sich auf „pania“, die Bezeich­nung für Flach­moor. Die Boden­si­tua­ti­on um Ber­nau und im wei­te­ren Ver­lauf des Flus­ses mit sei­nem gerin­gen Gefäl­le stützt die­se Deu­tung. Eine vier­te Deu­tung kommt von Leo­pold von Zedlitz-Neu­kirch, hier Pompks, Pomp­ke oder auf Sla­wisch Pom­ko = Hasel­nuss genannt https://de.wikipedia.org/wiki/Panke
    wie immer son­ni­ge Grüße

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