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Biersalon in der Ofener Straße:
Schneeeule in Not

29. März 2024

Man mag das Verschwinden der traditionellen Eckkneipen bedauern, und manche neue Bar wird als Eindringen neumodischen Zeitgeistes in die vermeintlich heile Welt des alten Arbeiterbezirks empfunden. Dabei geht es auch anders. Der Schneeeule Salon für Berliner Bierkultur bringt dem Wedding etwas Verlorenes wieder zurück: Die Berliner Weiße, wie sie früher geschmeckt hat. Bei ihrem Flug ist die Schneeeule leider in Not geraten. Wie ihr helfen könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel.

2016 gründete die studierte Weddinger Bierbrauerin Ulrike Gentz die Schneeeule Brauerei. Fasziniert vom Geschmack eines alten Bieres kam sie auf die Idee, die Berliner Tradition des Sauerbieres wiederzubeleben. Wer die Berliner Weiße noch nie ohne Sirup getrunken hat, glaubt, einen fruchtigen Perlwein zu trinken. „Die Brettanomyces-Hefe und der Milchsäurebazillus sorgen für den einzigartigen Geschmack“, erklärt Marlene. Die 19-Jährige ist die Tochter der Brauerin und arbeitet im Biersalon in der Ofener Straße. Dort kommen nicht nur Fans des edlen Sauerbieres auf ihre Kosten, sondern alle, die die Berliner Bierkultur feiern. Denn die obergärigen Biere mit wenig Alkohol sind im Laufe der letzten Jahrzehnte „vergessen“ worden, nur was als „Berline Weiße mit Schuss“ vermarktet wird, prägte das Image.

Im Salon selbst gibt es viele Biersorten der Schneeeule, mindestens zwei Sauerbiere und wechselnde untergärige Biere vom Fass, davon eines immer aus Franken. Das Spektrum der Craft Beer-Brauerei umfasst auch „Berliner Weiße mit Strippe“, mit Kümmelschnaps angereichertes Bier, Lager, IPA oder ein Bier namens „Musik zur Entspannung“. Das hat eine verrückte Geschichte: Hierfür wird altes New England-Indian Pale Ale mit Hefe- und Milchsäurebakterien angereichert. Die Säure sorgt dann für den äußerst fruchtigen, zugleich Hefe anklingen lassenden Geschmack.

Es lohnt sich, den gemütlich eingerichteten Salon zu besuchen und sich auf diese ungewohnte Welt einer Biersorte einzulassen. Am Tresen wird man zu den außergewöhnlichen, kaum alkoholisierten Bieren beraten. Es gibt auch Schnäpse, aber im Vordergrund steht doch die Freude am Bier. Mit einer hippen Craft-Beer-Schankstube hat der Salon indes wenig zu tun. Hier wird vor allem alte Berliner Kneipenkultur gepflegt, wenn die Schneeeule auch ganz ohne rustikales Intérieur auskommt. Das Angebot ist so einmalig, dass sogar Fans aus den USA anreisen. Dass man sich manchmal in einer Weinbar wähnt, hat folgenden Grund: Da die Berliner Weiße einst als „Champagner des Nordens“ bezeichnet wurde, gibt es im Salon auch große Sektflaschen, in denen das Sauerbier verkauft wird.

Crowdfunding-Kampagne

Doch die weiße Schneeeule, die auf jedem Etikett prangt und zum Genuss der Berliner Weiße einlädt, hat im Moment keine gute Zeit. Durch Corona und die Inflation hat das Export-Geschäft gelitten. Zudem wurde das Brauereigelände in Tegel gekündigt. Der Umzug der vielen Bottiche und schweren Gerätschaften an die neue Braustätte ist für eine kleine Familienbrauerei wie die Schneeeule kaum zu stemmen. Daher haben die Macher eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Wenn ihr dieses einzigartige Traditionsbier weiter genießen wollt, seid ihr eingeladen, die Kampagne Schneeeule zieht um auf der Plattform Startnext zu unterstützen.

Schneeeule Salon für Bierkultur, Ofener Str. 1 / nahe Müllerstraße, Do-Fr 18–23 Uhr, Sa/So 15-0 Uhr geöffnet

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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