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Elternvertretung der Anna-Lindh-Schule zieht Bilanz:
Ein Jahr im Ausweichquartier

13. September 2023

Vor einem Jahr ist die Anna-Lindh-Grund­schu­le im Afri­ka­ni­schen Vier­tel wegen Schim­mel­be­falls geschlos­sen wor­den. Das Ler­nen geht am Aus­weich­stand­ort im Saat­wink­ler Damm in Char­lot­ten­burg-Nord wei­ter. Die Gesamt­el­tern­ver­tre­tung (GEV) zieht nach zwölf Mona­ten Bilanz. Wir ver­öf­fent­li­chen hier eine unge­kürz­te Stell­nung­nah­me der GEV zur aktu­el­len Lage an der Schule.

Der Ausweichstandort der Anna-Lindh-Grundschule am Saatwinkler Damm. Foto: Tobias Weber
Der Aus­weich­stand­ort der Anna-Lindh-Grund­schu­le am Saat­wink­ler Damm. Foto: Tobi­as Weber

Stel­lung­nah­me der GEV:

Wenn eine Grund­schu­le neben dem Stand­ort auch gleich­zei­tig den Bezirk wech­selt, dann wird trotz größ­ter Anstren­gung nicht alles auf Anhieb funk­tio­nie­ren. Und doch ste­hen wir als GEV ein Jahr spä­ter noch immer vor den sel­ben Fra­gen wie vor zwölf Monaten.

● Kei­ne Aula, kei­ne Hal­le – wich­ti­ge Aspek­te eines Schul­stand­orts feh­len bis heu­te
● Erwei­te­rung des Pau­sen­hofs ein Jahr spä­ter noch immer nicht erfolgt
● Von sie­ben Eta­gen bis­her nur vier aus­ge­baut
● Kei­ne Per­spek­ti­ve für den alten Stand­ort
● HB-Zug unter die­sen Umstän­den schwie­rig

Vor etwas mehr als einem Jahr rief die Schul­lei­tung der Anna-Lindh-Schu­le im Wed­ding den Not­fall aus. Der Grund: Mes­sun­gen in fast allen Gebäu­de­tei­len hat­ten erge­ben, dass die Belas­tung mit Schim­mel­spo­ren eine Nut­zung der Klas­sen­räu­me unmög­lich mach­te. Die ver­spä­te­ten Sanie­rungs­maß­nah­men der letz­ten Jah­re konn­ten nicht ver­hin­dern, dass der Schim­mel sich wei­ter­hin in die Klas­sen­räu­me aus­brei­te­te. Zwei Wochen nach der Schlie­ßung stand sen­sa­tio­nell ein Aus­weich­stand­ort fest. Von der Gui­ne­a­stra­ße 17–18 ging es an den Saat­wink­ler Damm 42, vom Wed­ding nach Char­lot­ten­burg-Nord. Was anfangs wie eine Erfolgs­ge­schich­te begann, muss von der GEV ein Jahr spä­ter kri­tisch hin­ter­fragt werden. 

Mit dem Schulbus fahren die Schulkinder vom Afrikanischen Viertel an den Ausweichstandort in Charlottenburg-Nord. Foto: Tobias Weber
Mit dem Schul­bus fah­ren die Schul­kin­der vom Afri­ka­ni­schen Vier­tel an den Aus­weich­stand­ort in Char­lot­ten­burg-Nord. Foto: Tobi­as Weber

Kindgerechter Pausenhof und Sporthalle: Fehlanzeige

Bis heu­te feh­len dem drei­ein­halb Kilo­me­ter ent­fern­ten Aus­weich­stand­ort in Char­lot­ten­burg-Nord wesent­li­che Aspek­te eines Schul­stand­orts. So gibt es am Saat­wink­ler Damm weder Aula, noch eine Sport­hal­le, geschwei­ge denn einen kind­ge­rech­ten Pau­sen­hof, der dem Mus­ter­frei­flä­chen­pro­gramm ent­sprä­che. Bis heu­te müs­sen knapp 500 Kin­der mit einem Pau­sen­hof zurecht­kom­men, auf dem es kaum ein kind­ge­rech­tes Platz- bezie­hungs­wei­se Bewe­gungs­an­ge­bot gibt. Die direkt am Pau­sen­hof angren­zen­de Hal­le, vor einem Jahr bereits in Aus­sicht gestellt, ist bis heu­te genau das geblie­ben: nur eine Aus­sicht. Bereits erar­bei­te­te Kon­zep­te für ein weit­rei­chen­des Sport­an­ge­bot ver­stau­ben wei­ter­hin in der Schublade.

Ein Drittel des Gebäudes bis heute nicht nutzbar

Trotz der sie­ben Stock­wer­ke ist das The­ma Platz­man­gel nicht nur rund um den ehe­ma­li­gen Büro­bau ein The­ma. Auch im Innen­raum herrscht Bedarf. Soll­ten zum Jah­res­en­de 2022 alle sie­ben Eta­gen voll aus­ge­baut sein, mit­samt Fach­räu­men, Tei­lungs­räu­men usw. stan­den mit Beginn des Schul­jah­res 202223 nur die Eta­gen eins bis zwei zur Ver­fü­gung. Dass im neu­en Schul­jahr 202324 die Eta­gen drei und vier zumin­dest pro­vi­so­risch schon ein­mal bezo­gen wer­den konn­ten, ist ein­zig und allein den größ­ten Anstren­gun­gen sei­tens des Leh­rer­kol­le­gi­ums sowie enga­gier­ter Eltern zu ver­dan­ken. Ob die Eta­gen fünf bis sie­ben tat­säch­lich bis Ende des Jah­res aus­ge­baut und nutz­bar sein wer­den bleibt abzu­war­ten. Unse­re Kin­der benö­ti­gen die Räu­me bereits heute.

Früher Leuchtturm, heute Schimmelschule

Frü­her hat­te das Afri­ka­ni­sche Vier­tel im Wed­ding eine Grund­schu­le mit Strahl­kraft. Heu­te steht dort ein schim­me­li­ges Schul­ge­bäu­de aus den 1960er Jah­ren. Aus Eltern­sicht gibt es für das aktu­ell ein­ge­rüs­te­te Gebäu­de nur eine Opti­on: bedin­gungs­lo­ser Abriss. Der Hoch­be­gab­ten­zweig, Garant dafür, dass die Schu­le im Wed­ding auch über die Bezirks­gren­zen hin­weg wahr­ge­nom­men wird, leis­tet bis heu­te Her­aus­ra­gen­des. Mit Blick auf den unat­trak­ti­ven Stand­ort und die unge­wis­se Zukunft ist schon heu­te eines erkenn­bar: die Strahl­kraft schwin­det. Aus­ge­bil­de­tes Per­so­nal wen­det sich ab, glei­ches gilt für die Schü­ler­schaft. So müs­sen wir kon­sta­tie­ren, dass schon kurz nach dem Umzug mehr als 100 Kin­der die Schu­le ver­las­sen haben. Eine Ten­denz, die sich auch in den Schul­an­mel­dun­gen des aktu­el­len Schul­jah­res niederschlägt.

Der eigentliche Standort der Anna-Lindh-Grundschule in der Guineastraße ist gesperrt. Foto: Tobias Weber
Die Anna-Lindh-Grund­schu­le in der Gui­ne­a­stra­ße ist gesperrt. Foto: Tobi­as Weber

Perspektive für den alten Standort: Quo vadis, Denkmalschutz?

Der alte Schul­stand­ort Gui­ne­a­stra­ße braucht drin­gend eine Per­spek­ti­ve – und zwar nicht erst in 10–15 Jah­ren. Min­des­tens genau­so drin­gend braucht die gesam­te Schul­ge­mein­schaft eine Zukunft, wenn sie wei­ter­hin bestehen will. Und die­se Zukunft kann nicht in einem ehe­ma­li­gen Büro­ge­bäu­de in einem ande­ren Bezirk lie­gen. Sofern sie denn über­haupt noch am alten Stand­ort statt­fin­den wird kön­nen. Danach sieht es für uns aktu­ell nicht aus.

Das Pro­vi­so­ri­um im ehe­ma­li­gen Büro­ge­bäu­de in Char­lot­ten­burg-Nord wird in zir­ka sie­ben Jah­ren aus­lau­fen. Dass ein Jahr nach der Not­fall­schlie­ßung sei­tens des Denk­mal­schut­zes aller­dings immer noch dis­ku­tiert wird, wie es mit dem alten Stand­ort im Wed­ding wei­ter­geht, ist aus Eltern­sicht völ­lig unver­ständ­lich. Abriss und Neu­bau an der Gui­ne­a­stra­ße dau­ern bis zu sechs Jah­re, heißt es. Eine Sanie­rung hin­ge­gen kön­ne sechs bis acht Jah­re in Anspruch neh­men. Uns allen läuft die Zeit davon. Kein Kind soll­te sei­ne gesam­te Grund­schul­zeit in einem Pro­vi­so­ri­um ohne Aula, Pau­sen­hof und Sport­hal­le ver­brin­gen müssen. 

So ste­hen wir ein Jahr nach dem Umzug noch immer vor den glei­chen Fra­gen und vor den glei­chen Unge­wiss­hei­ten. Bei allen Anstren­gun­gen, die sei­tens des Bezirks bereits geleis­tet wur­den, eine Erfolgs­ge­schich­te sieht bis hier­hin lei­der anders aus.

Chronologie der Ereignisse seit 2010

2010
Ers­te Mel­dung über Schim­mel in der Sport­hal­le. Suk­zes­si­ve Sper­rung der Hal­len­tei­le, ange­fan­gen mit den Umklei­den. Es wird ver­mu­tet, dass der Schim­mel aus dem Kel­ler stammt. Sper­rung des Kellers.

ab 2016
Sper­rung der gesam­ten Sport­hal­le. Sport­un­ter­richt fin­det nur noch sehr begrenzt und nur für aus­ge­wähl­te Klas­sen statt – bis zur Schlie­ßung 2022.

2021, Ostern
Teil­wei­se Sper­rung des Haupt­hau­ses auf­grund von Schim­mel. Unge­fähr 250 Kin­der
müs­sen ins Home Schoo­ling. Es wer­den Lüf­tungs­an­la­gen auf­ge­stellt. Zwei Wochen spä­ter
wird das Gebäu­de wie­der freigegeben.

2021, Som­mer
Im Kon­rek­to­rat und im klei­nen Leh­rer­zim­mer wer­den eben­falls zu hohe Schim­mel­wer­te in der Luft gemes­sen. Bei­de Räum­lich­kei­ten wer­den gesperrt. Die Sanie­rung der Sport­hal­le kann nicht wie geplant im Früh­jahr 2022 begin­nen. Grund: Denk­mal­schutz der Glas­bau­stei­ne in der Außenwand.

2022, Som­mer
Mes­sun­gen erge­ben nun hohe Belas­tung mit Schim­mel­spo­ren in allen rele­van­ten Gebäu­de­tei­len. Der Schul­stand­ort wird geschlos­sen und darf nicht mehr betre­ten wer­den. Die gesam­te Schul­ge­mein­schaft zieht in das ehe­ma­li­ge Büro­ge­bäu­de am Saat­wink­ler Damm.

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