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Anna Kiryakovas matte Juwelen

10. März 2014
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© A. Kiryakova

Eine Idee gefan­gen im Por­zel­lan, ist wie die unse­res Lebens: Es ist eine Ein­bahn­stra­ße, die aus wil­den Gedan­ken­gän­gen resul­tiert und solan­ge exis­tiert, bis ihr Kör­per irgend­wann über­ra­schend, oder auch nicht, zusam­men­bricht und als eine Erin­ne­rung zurückbleibt.

(C) A. Kiryakova
© A. Kiryakova

Anna Kir­ya­ko­va mani­fes­tiert seit zwei Jah­ren jene Idee in einem Hand­werk, des­sen eigent­li­cher Ruf aus dem Schein des Gol­des ent­stan­den ist und des­sen mate­ri­el­len Wert zele­briert, jedoch nicht den Gedan­ken, dass Gold ein rever­si­bles Mate­ri­al ist und ein­ge­schmol­zen, neu ver­formt wer­den kann, sodass es die Idee sei­nes Gestal­ters an den Wert der Zeit anpasst. Anna geht den umge­kehr­ten Weg; ihre Ideen mün­den in einer ein­zi­gen Tat, die zuerst nur ein­ma­lig das Licht der Ent­ste­hung erblickt und auch spä­ter nie wie­der in der­sel­ben Form repro­du­ziert wird. Und so wer­den zwei Rin­ge, die das­sel­be Design haben, und dem glei­chen Fin­ger pas­sen, nie die glei­che Ent­ste­hungs­ge­schich­te haben, da Anna sie Hand anfer­tigt – bevor­zugt, in der natür­li­chen matt-wei­ßen Far­be des Por­zel­lans, das, erst in der Hand gehal­ten, sei­ne zart­raue Ober­flä­che und des­sen Leich­tig­keit offen­bart und die Kunst des mensch­li­chen Den­kens, einen eige­nen Stein zu erfin­den, der aus der Erde ent­steht, auf der wir lau­fen und sie vor unse­rer Haus­tür von den Schu­hen abschütt­len, wie­der­gibt, und ihrer all­täg­li­chen Wert­schät­zung widerlegt.

Laden-Atelier in der Kameruner Straße

(C) A. Kiryakova
© A. Kiryakova

Wie viel­fäl­tig der Kör­per jenes Steins aus­schaut, kann man auch im Laden selbst sehen, denn Annas Laden in der Kame­ru­ner Stra­ße ist auch gleich­zei­tig ihr Arbeits­zim­mer und der Raum vor ihrer Woh­nung, den sie seit zwei Jah­ren mit ihrem Freund bezog und gestal­tet hat. Man ent­deckt eine Flä­che, deren wei­ße Wän­de, die Struk­tur des Por­zel­lans in sei­ner zehn­tau­send­fach-gezoom­ten Form wie­der­ge­ben, und Schmuck­stü­cke, die genau­so sub­til zum Ver­kauf prä­sen­tiert wer­den, wie sie ent­wor­fen wur­den: unschein­bar und teils ver­steckt in Schub­la­den, die erst auf­ge­macht wer­den müs­sen, damit sie ihre Geschich­ten erzäh­len; Geschich­ten der letz­ten über­flu­te­ten Bil­der der Groß­el­tern in Bul­ga­ri­en, der hand­ge­mal­ten Bie­nen aus den For­schungs­bü­chern des letz­ten Jahr­hun­derts und von Print­tech­ni­ken, die schon lan­ge nicht mehr gebräuch­lich sind. Man schaut her­um und ent­deckt, dass hier und dort sich auch der All­tags­rea­lis­mus in die Wer­ke geschli­chen, aber nicht gezwun­gen hat. Ein paar Tup­fer Gold für den Schein, die bun­ten Far­ben zum Auf­fal­len oder schlich­te Mate­ria­len wie fein zer­schlit­ze Fahr­rad­schläu­che, in Har­mo­nie kom­bi­niert mit dem ste­ten Haupt­gast­ge­ber namens Por­zel­lan. Und weil zu viel Nost­al­gie einen von der jet­zi­gen Rea­li­tät fern­hält, wer­den öfters das Schau­fens­ter und die Ord­nung des Ladens umstruk­tu­riert, um das Cha­os selbst im Mini­ma­lis­mus des Raums zu bewah­ren; und wer weiß, viel­leicht, wenn ihr das nächs­te Mal im Laden seid, wer­det ihr eine klei­ne ruhi­ge Aus­stel­lung oder ein noi­si­ges Kon­zert erle­ben, denn jene Ideen schwe­ben im Raum und wol­len Teil des Lebens wer­den, das in einem fra­gi­len Mate­ri­al sei­nen Raum gefun­den hat und viel­leicht etwas mehr aus­hält als 37° C‑Körpertemperatur.

Autor: Nima Kaviani 

Anna Kir­ya­ko­va
Kame­ru­n­er­str. 8
13351 Ber­lin-Wed­ding

Öff­nungs­zei­ten:
Diens­tag-Sams­tag: 14–19 Uhr
Web­site + Shop
Face­book

Gastautor

Als offene Plattform veröffentlichen wir gerne auch Texte, die Gastautorinnen und -autoren für uns verfasst haben.

8 Comments

  1. […] wo schon seit Jah­ren vie­le Manu­fak­tu­ren exis­tie­ren und Desi­gner arbei­ten und leben. Ob Schmuck (Anna Kir­ya­ko­va), Mode (Mon­ta­ge­hal­le), Por­zel­lan (Manu­Fac­to­ry), Leder (Lee­ven­stein) und jetzt auch […]

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