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Weddings blauer Perle:
Wedding am Wasser: Der Plötzensee, nicht einfach irgendein See…

17. Mai 2015
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Jeden­falls ist er kein Bag­ger­see und schon gar kein künst­lich auf­ge­stau­ter Wei­her! Der ein­zi­ge natür­li­che See in Ber­lin-Mit­te ist näm­lich stol­ze 740 Meter lang und 7,85 Hekt­ar groß. Wie auch vie­le bran­den­bur­gi­sche Seen ist die “Plöt­ze” ein Relikt der Eis­zeit. Das belieb­te Aus­flugs­ziel hat aber weder einen Zu- noch einen Abfluss. Frü­her war der See für sei­nen Fisch­reich­tum bekannt – daher auch die Bezeich­nung nach dem Karp­fen­fisch Plötze.

Aktiv im und auf dem Wasser

Am Plötzensee
Strand­bad Plötzensee

Bereits seit 1877 exis­tiert ein Frei­bad, des­sen Vor­läu­fer ein Sport­leh­rer namens Auer­bach unter dem Namen Auer­bach­sches Wel­len­bad eröff­ne­te. Im Stil der Neu­en Sach­lich­keit wur­de es an der West­sei­te des Sees bis 1928 neu gebaut. Die denk­mal­ge­schütz­te Anla­ge ist in U‑Form rund um eine Frei­trep­pe errich­tet. Doch nicht nur Baden ist am Plöt­zen­see ange­sagt: an der Süd­spit­ze nahe der See­stra­ße gibt es eine uri­ge Knei­pe im Boots­haus, die Fischer­pin­te. Dort wer­den Tret­boo­te und Ruder­boo­te ver­lie­hen, wovon vie­le Wed­din­ger und Besu­cher an Som­mer­ta­gen regen Gebrauch machen. An der Ost­sei­te ist ein Park mit einer gro­ßen Son­nen­ter­ras­se ange­legt wor­den, von wo aus man einen direk­ten Blick auf das gegen­über lie­gen­de Frei­bad hat.

Foto (c) Musketussi
Foto © Musketussi

Auch wenn der Plöt­zen­see im Som­mer von Hun­der­ten Men­schen umla­gert ist, scheint das eine Schild­krö­ten­fa­mi­lie nicht im Gerings­ten zu stö­ren. Eigent­lich kommt in der Natur Deutsch­lands nur eine Sumpf­schild­krö­ten­art vor, doch ein Natur­fo­to­graf hat im Jahr 2011 gan­ze elf Rot­wan­gen-Schild­krö­ten im Plöt­zen­see aus­fin­dig gemacht. Und beim ers­ten Son­nen­strahl muss man am Ufer nicht lan­ge suchen, um die uri­gen Rep­ti­li­en auf einem im Was­ser trei­ben­den Baum­stamm beob­ach­ten zu können.

Einmal rund um den See

Plötzensee (C) Christina Winter
© Chris­ti­na Winter

Den Plöt­zen­see kann man zu etwa zwei Drit­teln umrun­den; ein Start­punkt ist die Ecke Nordufer/Seestraße, wo sich die Fischer­pin­te befin­det. Hier star­tet auch die Hans-Schom­burgk-Pro­me­na­de, die nah am See ent­lang führt und gar­ten­bau­lich gestal­tet ist.  Natur­kund­li­che Tafeln lie­fern Erklä­run­gen für die beacht­li­che Flo­ra und Fau­na an die­sem inner­städ­ti­schen See. Auf der Stirn­sei­te des Sees streift die Pro­me­na­de eine auf­ge­ge­be­ne Fried­hofs­an­la­ge, die vor sich hin wuchert. Wo der Weg, ein wenig abseits vom See, auf die Stra­ße Nord­ufer trifft, kann man im Bier­gar­ten Kas­ta­ni­en­gar­ten ein­keh­ren. Ab hier bleibt man zwar in See­nä­he, doch es geht links eher am Hohen­zol­lern­ka­nal entlang.

Die Schleuse Plötzensee
Die Schleu­se Plötzensee

Die Stra­ße Nord­ufer, die hier auch Teil des Rad­fern­wegs Ber­lin-Kopen­ha­gen ist, führt vor­bei an der Schleu­se Plöt­zen­see, diver­sen Sport­plät­zen, dem Jugend­gäs­te­haus Nord­ufer und dem Ein­gang zum Frei­bad. Hier kann man auch einen Blick auf eine klei­ne Ansamm­lung von Haus­boo­ten wer­fen, die auf der ande­ren Kanal­sei­te im Was­ser dümpeln.

Erst spät zu Berlin gekommen

Fischerpinte 3
Boots­ver­leih an der Fischerpinte

Der Plöt­zen­see gehört im Gegen­satz zum Wed­ding, der schon 1861 nach Ber­lin ein­ge­mein­det wur­de, erst seit 1915 zu Ber­lin. Die Gegend ist Schau­platz eini­ger denk­wür­di­ger Ereig­nis­se. So begann Wil­helm Voigt sein Husa­ren­stück als “Haupt­mann von Köpe­nick” jus­ta­ment an der Mili­tär­ba­de­an­stalt Plöt­zen­see, wo er am 16. Okto­ber 1906 fünf Sol­da­ten unter sei­nen Befehl stell­te – um dann die Stadt­kas­se von Köpe­nick zu beschlag­nah­men. Ganz schön ver­we­gen, und so ist es bis heu­te geblie­ben: mit ein wenig Glück kann man näm­lich auch ein Alp­horn am See­ufer hören.…

Ein­ge­bet­tet in eine über zwei Qua­drat­ki­lo­me­ter gro­ße Grün­flä­che, zu der der Volks­park Reh­ber­ge, der Goe­the­park, ehe­ma­li­ge Fried­hö­fe und zahl­rei­che Klein­gär­ten gehö­ren, ist der Plöt­zen­see “die blaue Per­le” des Wed­ding. Und als Land­schafts­schutz­ge­biet defi­ni­tiv ein Plus­punkt für unse­ren Stadt­teil, der für die Ein­hei­mi­schen ein Stück Lebens­qua­li­tät ausmacht. 

________

Plöt­zen­see ist auch der Name der benach­bar­ten Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt, die im Drit­ten Reich eine unrühm­li­che Rol­le spiel­te. In unmit­tel­ba­rer Nähe des Gefäng­nis­ses befin­det sich heu­te eine Gedenk­stät­te für die 3.000 Opfer, die in Plöt­zen­see ihr Leben ließen.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

14 Comments Leave a Reply

  1. Sor­ry, aber die­ser Boots­ver­leih geht gar nicht. 

    Die Mit­ar­bei­te­rin war sehr unfreund­lich, hat nur geme­ckert. Zusätz­lich zur Aus­leih­ge­bühr soll­te der Aus­weis vor­ge­legt wer­den, um die Iden­ti­tät zu prü­fen… Ich ver­mu­te ein­mal a.G. sei­nes nicht ins “klas­sisch deut­sche” Aus­se­hen pas­sen­den Erschei­nungs­bil­des. Nicht nur unpas­send, son­dern dis­kri­mi­nie­rend #all­tags­ras­sis­mus
    Regeln wur­den in einem pat­zi­gen Ton den Begleit­per­so­nen, mit dem Zusatz “die Kin­der hören mir ja eh nicht zu”, erläu­tert. Ein net­ter Hin­weis dar­auf, dass der Ton die Musik macht und die Kin­der eine zuge­wand­te, freund­li­che Anspra­che sehr wohl ernst neh­men, brach­te lei­der kei­ne Ände­rung im Ver­hal­ten. Aller­dings wur­de wäh­rend der Fahrt über den gesam­ten See geschrien, dass die Plät­ze nicht getauscht wer­den dürften.
    Die ver­lie­he­nen Boo­te alle Löcher und das Was­ser lief rein. Die Frau teil­te mit, dass bei Sach­be­schä­di­gung 6.000 € fäl­lig wären, dann könn­ten neue Boo­te gekauft wer­den. Andro­hung von Straf­an­zei­ge bei Beschä­di­gung – mehr als über­flüs­sig, da die Sach­be­schä­di­gung anschei­nend bereits vor­her statt­fand. [Anschei­nend gab es Vor­abend / in der Nacht Van­da­lis­mus durch Drit­te – was uns auch Leid tut! Doch dies an Kund*innen, einer Grup­pe von Kids (zwi­schen 8 und 14 Jah­re), aus­zu­las­sen, geht mal gar nicht und ist höchst unpro­fes­sio­nell oben­drein! Wir woll­ten wir einen guten Aus­flugs­tag aus­klin­gen lassen…
    Den Kids wur­de mit dem Auf­tre­ten, dem Ver­hal­ten der Frau vor Ort gro­ße Angst gemacht. Alles was sie machen wür­den, wäre falsch, gefähr­lich… – Was für ein Zei­chen an die nächs­te Gene­ra­ti­on?! Ich wür­de hier nie wie­der ein Boot dort leihen!

  2. […] die Ufer­pro­me­na­de am Ber­lin-Span­dau­er Schif­fahrts­ka­nal vom Haupt­bahn­hof am Nord­ufer ent­lang bis hin zum Plötzensee […]

  3. […] zwi­schen Schif­fahrts­ka­nal und Plöt­zen­see ist das Nord­ufer ein beson­ders grü­nes Stück vom Wed­ding. Sport- und Ten­nis­plät­ze, das […]

  4. @Joachim Faust

    “Frü­her war der See für sei­nen Fisch­reich­tum bekannt”

    Und war­um heu­te nicht mehr?

    Gibt es hier einen Fisch­ex­per­ten, der es mir erklä­ren kann?

    • ten­den­zi­ell sind auf­grund der hohen bevöl­ke­rungs­dich­te in deutsch­land alle gewäs­ser über­fischt. ohne regel­mä­ßi­gen besatz mit zucht­fi­schen sähe es vie­ler­orts sehr trau­rig unter der was­ser­ober­flä­che aus.

    • Zitat” “Frü­her war der See für sei­nen Fisch­reich­tum bekannt”
      Und war­um heu­te nicht mehr?

      Wo steht denn bit­te im Text das heu­te dort kein Fisch­reich­tum mehr herrscht. Heu­te, 2016 sind ver­mut­lich mehr Arten im See als frü­her, was auch immer Frü­her bedeu­ten soll.
      Es gab vor eini­gen Jah­ren (ca 2000) eine Bestands­auf­nah­me der Fische vom IGB-Ber­lin. Da wur­den 15 Fisch­ar­ten im Plöt­zen­see nach­ge­wie­sen, bis dahin waren nur 10 Arten im See bekannt. Ob nach dem gro­ße Aal­ster­ben, die­se aber noch vor­han­den sind, ist mir nicht bekannt.
      Auf­grund des gro­ßen Lau­b­ein­tra­ges und der Ufer­ver­wüs­tung durch die größ­ten­teils rück­sichts­lo­sen Besu­cher, die über die Absper­run­gen klet­tern, ist es aber nur eine Fra­ge der Zeit bis der klei­ne See ent­gül­tig Ver­schlammt und es zu einem tota­len Fisch­ster­ben kom­men wird, wenn es kei­nen Sau­er­stoff­ein­trag mehr gibt.

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