Wedding, wie haste Dir verändert! Vieles verschwand für immer, manches konnte gerettet werden. Viele neue Nachbarn aus Nah und Fern konnten wir willkommen heißen – dass das nicht immer ohne Konflikte und Anpassungsschwierigkeiten geht, ist klar. Mehr Spielhallen, mehr Bioläden, mehr Einwohner: Wie verändert das uns im Wedding?
- Verlust liebgewordener InstitutionenSchon Ende 2014 fing es an. Als die Flachbauten am S‑Bahnhof Wedding im Dezember lichterloh brannten, drohte ein Stück Berliner Nachkriegsgeschichte zu verschwinden. Dann brannte auch noch das “Saray” an der Müller-/Ecke Seestraße ab – wenigstens das ist inzwischen wieder in Betrieb.Im März ging es dann für die Nutzer und Bewohner der „Wiesenburg“ ans Eingemachte: der neue Eigentümer DEGEWO wollte das Areal wegen Einsturzgefahr räumen lassen. Sollten die Lebenskünstler wegen Profitgier der Wohnungsbaugesellschaft aus der geschichtsträchtigen Ruine vertrieben werden? Im April gab es dann Entwarnung, doch eine Medienschlacht (bis hin zu einem Artikel im „Spiegel“ und einem Beitrag in der rbb-Abendschau) begann. Vorläufiger Höhepunkt: eine erneute Sperrung von Ateliers im Herbst.Der nächste Tiefschlag: das Stattbad wurde baupolizeilich gesperrt. Seifenblasen von einer „Kunsthalle“ und einem Zentrum für Kreativwirtschaft platzten, weil Konzerte und Club-Events nur unter Erfüllung von Auflagen genehmigungsfähig waren. Gewerbemieter mussten sich ein neues Zuhause suchen, der Traum vom Kulturort am Schwimmbecken ging endgültig baden. Und als am Ende des Jahres auch noch das Café Leo auf dem Spiel stand, war klar: im Wedding wird’s ungemütlicher.
- Wohin mit Dir, Wedding?
Auch sonst schwebt über dem Wedding das Damoklesschwert der gefühlten oder der tatsächlichen Aufwertung. Tatsache ist: es ziehen neue Bewohner zu uns, die sich früher bestimmt andere Kieze herausgesucht hätten. Die selbst sind sich nicht ganz sicher, wie sehr ihr Zuzug den Wedding verändert. Und bislang im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung liegende Flecken im Wedding wie der Plötzensee sind im Sommer auf einmal so dermaßen überlaufen, dass man sich um das Landschaftsschutzgebiet ernsthaft Sorgen machen muss.
- Backe backe KuchenDie Monokultur bricht auf, zumindest was Lebensmittel von höherer Qualität angeht. Im Frühjahr wagte sich die erste Bio-Supermarktkette in die Müllerstraße, im Sommer dann ins Bahnhofsgebäude am Gesundbrunnen. Beide ergänzten das Angebot von Ökomarkt und kleineren Bioläden. Und was Backwaren angeht, hat sich neben der Biobäckerei Bucco auch die Schwäbische Bäckerei (zumindest mit einer Filiale) im Wedding angesiedelt.
- Ein ständiges Kommen und Gehen Dafür rutschen andere Teile von Wedding und Gesundbrunnen weiter ab: die Brunnenstraße verlor die Postfiliale und zwei Supermärkte, das Kreativzentrum „Supermarkt“ ist Geschichte. Jetzt ärgern sich die Anwohner über die Eröffnung eines weiteren Wettbüros im ehemaligen Hostel am U‑Bahnhof Voltastraße. Sie finden, dass es mit der Brunnenstraße immer weiter bergab geht.
- Neuankömmlinge willkommen!
Wie ganz Deutschland stand auch der Wedding ganz im Zeichen des enormen Zuzugs von Flüchtlingen. Wie es, trotz katastrophalen Zuständen bei der Registrierung am Lageso in Moabit, in einem Stadtteil wie dem Wedding zugeht, der schon immer von Einwanderung und Transit gekennzeichnet war, haben wir in unserem Schwerpunktthema „Ankommen im Wedding“ aufgezeigt. Mittlerweile gibt es mehrere Flüchtlingsunterkünfte, vor allem in Gesundbrunnen, um die sich verschiedene Anwohnerinitiativen wie „Wedding hilft“ kümmern. Und bei diesem Thema ist schon jetzt klar, dass uns das auch im Jahr 2016 beschäftigen wird.
Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern einen guten Start ins Jahr 2016!
Auch wenn es vielleicht nicht weddingly correct ist: Was finden viele so schön am Cafe Leo???