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Zwei Weddinger mit Herz und Haltung:
Vom Lottoladen zur Curry-Station

In der Brun­nen­stra­ße groß gewor­den, Sozi­al­as­sis­ten­tin gelernt, zwei Kin­der groß­ge­zo­gen – und immer ein Lächeln für die Kund­schaft: Nadi­ne ist tief im Wed­ding ver­wur­zelt. Genau­so wie Bil­gin, „Bil­ly“, 55, Fach­in­for­ma­ti­ker, gebo­ren und auf­ge­wach­sen an der Amru­mer Stra­ße, frü­her in der kli­ni­schen Phar­ma­ko­lo­gie tätig, heu­te Stamm­spie­ler in der Her­tha-Ü50-Mann­schaft – und Wurst-Pio­nier aus Überzeugung.

Ein Zei­tungs­la­den mit allem, was dazugehört

Zwi­schen 2010 und 2014 führ­ten die bei­den einen Zei­tungs­la­den an der Mül­lerstra­ße, direkt am U‑Bahnhof Reh­ber­ge. Lot­to, BVG-Fahr­kar­ten, Zei­tun­gen, Schreib­wa­ren – und spä­ter auch Post­dienst­leis­tun­gen: ein Sor­ti­ment, das nicht nach Luxus, son­dern nach Nach­bar­schaft klingt.

Stamm­gäs­te, vie­le herz­li­che Begeg­nun­gen und Gesprä­che sind Nadi­ne in Erin­ne­rung geblie­ben. Aber: „Man muss­te ums Über­le­ben kämp­fen“, sagt Bil­gin. 50.000 Euro Umsatz im Monat, aber am Ende blie­ben 2.000 bis 3.000 Euro net­to – wenn über­haupt. “Moder­ne Skla­ve­rei”, nennt er das rück­bli­ckend. Nur dank der vie­len hun­dert Lot­to­spie­ler, die jede Woche ihren Tipp abga­ben, war wenigs­tens die Mie­te gesi­chert. Kein Wun­der, dass das Paar irgend­wann beschloss: Es muss anders gehen.

Vom Kiosk zum Kessel

Die Idee kam mit der Cur­ry­wurst. Kei­ne vom Grill, son­dern aus dem Kes­sel, der im Zei­tungs­la­den stand, ser­viert mit einer selbst ent­wi­ckel­ten, fruch­ti­gen Sau­ce. Ohne gro­ße Inves­ti­tio­nen, aber mit Lei­den­schaft. Bil­gin erin­nert sich: „Die Leu­te haben gesagt: ‘Mach einen Imbiss auf!’ Und ich dach­te: Ja, raus aus der Kiosk-Sklaverei.“

Der ers­te gro­ße Schritt führ­te das Paar nach Zehlen­dorf, nach­dem sie den Zei­tungs­la­den abge­ge­ben hat­ten. Zehn Jah­re lang betrie­ben sie dort ihren ers­ten Imbiss, feil­ten am Kon­zept, pro­bier­ten aus. Bis die Mie­te untrag­bar wur­de. Und weil der Wed­ding immer ihr Zuhau­se war, ging es zurück in den Nor­den, nach Rei­ni­cken­dorf: an die Sei­del­stra­ße, Ecke Otisstraße.

Cur­ry-Sta­ti­on mit Charakter

Seit­dem heißt es: Mo-Fr 11–19 Uhr, Sa/So bis 20 Uhr – geöff­net ist, wenn es brut­zelt. Die Cur­ry-Sta­ti­on setzt auf Qua­li­tät mit Cha­rak­ter. Die Würs­te stam­men von einem klei­nen Bran­den­bur­ger Metz­ger, die Sau­cen wer­den täg­lich frisch zube­rei­tet. Die Pom­mes? Kei­ne Tief­kühl­wa­re. Son­dern frisch geschnit­ten, vor­ab por­tio­niert, im neu­en Fett frit­tiert – „aus rich­tig guten Kartoffeln“.

„Wich­tig ist nicht nur, dass man Qua­li­tät hat, son­dern dass man sie hält“, sagt Bil­ly. Denn wer ein­mal kommt, soll wie­der­kom­men – und es soll genau­so schme­cken wie beim ers­ten Mal. Und das tut es! Die Würs­te haben eine kna­cki­ge Haut, die Sau­ce ist unglaub­lich fruch­tig und die Pom­mes sind außer­or­dent­lich lecker – und ertrin­ken auch nicht in Salz.

Ein Team – pri­vat wie beruflich

Seit 26 Jah­ren ein Paar, seit vie­len Jah­ren Geschäfts­part­ner – Nadi­ne und Bil­gin wis­sen, wie wich­tig Ver­trau­en, Humor und Durch­hal­te­ver­mö­gen sind. „Selbst­stän­dig­keit war Bil­gins Traum, ich hab mit­ge­zo­gen“, sagt Nadi­ne. Und Bil­gin ergänzt: „Als Ange­stell­ter eckt man an, wenn man ehr­lich ist. Als Selbst­stän­di­ger ris­kiert man viel – aber man ist frei.“

Im Som­mer gibt’s bei ihnen sogar Eis – für die Besu­cher vom nahen Flug­ha­fen­see. Auf dem Weg vom Wed­ding zum Bade­strand kommt man direkt an der Cur­ry Sta­ti­on vor­bei. Zwar liegt ihr Imbiss nicht in ihrem Wed­ding, den­noch ist Bil­gin sicher, dass die Gäs­te auch wei­te Wege in Kauf neh­men, wenn der Geschmack stimmt: “Ein­mal essen, nie mehr vergessen!”

Wenn ich wie­der in der Gegend bin, wer­de ich das beherzigen. 


Cur­ry-Sta­ti­on
📍 Sei­del­stra­ße / Ecke Otis­stra­ße, Bus U6 Otis­str.
🕚 Mo–Fr: 11–19 Uhr · Sa/So: 11–20 Uhr

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

1 Comment Schreibe einen Kommentar

  1. Tat­säch­lich ist die „Cur­ry mit Pom­mes“ in der Cur­ry Sta­ti­on so lecker, dass ich hin und wie­der eine Pau­se dort ein­pla­nen. Ich wün­sche den bei­den noch viel Erfolg.

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