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Musterexemplare: Vielfalt auf der Rinde

5. August 2023
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Mus­ter aus aller Welt wer­den der­zeit auf 31 Stra­ßen­bäu­me in der Brun­nen­stra­ße gemalt. Gesam­melt und auf­ge­bracht hat sie die Künst­le­rin Jose­fi­ne Gün­schel. Zusam­men mit dem städ­ti­schen Woh­nungs­bau­un­ter­neh­men dege­wo hat sie das Pro­jekt „Viel­heit – Mus­ter­ex­em­pla­re“ gestar­tet. Die Mus­ter für die Kunst­ak­ti­on stam­men von Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­nern aus dem Brunnenviertel.

Die Künstlerin Josefine Günschel beim Bemalen eines Baumes. Foto: Schnell
Die Künst­le­rin Jose­fi­ne Gün­schel beim Bema­len eines Bau­mes. Foto: Schnell

Ein klei­ner Exkurs zum Start: Erin­nert sich noch jemand an „Wed­ding Dress“? Das war ein bun­tes Mode­fes­ti­val in der Brun­nen­st­a­ße. Das Woh­nungs­bau­un­ter­neh­men dege­wo hat damit über meh­re­re Jah­re, zuletzt 2013, ein­mal im Jahr ver­sucht, Besu­che­rin­nen und Besu­cher in die eher trost­lo­se Brun­nen­stra­ße auf Wed­din­ger Sei­te zu locken, die damals sehr stark von Leer­stand geprägt war. Das hat funk­tio­niert, aber nur sehr punk­tu­ell und ging an den Bewohner:innen mehr oder weni­ger vor­bei. Schön war es trotz­dem, eine Art Wed­ding­markt in der Brun­nen­stra­ße. Nach dem Ende der Rei­he ver­such­te es das Woh­nungs­bau­un­ter­neh­men, das einen gro­ßen Teil der Woh­nun­gen im Brun­nen­vier­tel im Bestand hat, mit Street­food. Ein Erfolg wur­de der Markt an glei­cher Stel­le nicht. Nun pro­biert es die dege­wo mit einem klei­ne­ren, weni­ger hip­pen, weni­ger pom­pö­sen Kunst­pro­jekt für den Kiez. Und das rich­tet sich ganz offen­sicht­lich nicht an Besucher:innen der Brun­nen­stra­ße, son­dern an die Men­schen, die hier zu Hau­se sind.

So fing es an: Im ver­gan­ge­nen Jahr hat­te Jose­fi­ne Gün­schel die Men­schen aus dem Brun­nen­vier­tel um ihre Mus­ter gebe­ten, ein­ge­reicht per Foto­gra­fie. Ganz per­sön­li­che Mus­ter waren gefragt, die auch etwas über die kul­tu­rel­len Hin­ter­grün­de der Men­schen erzäh­len kön­nen. Denn kul­tu­rel­le Viel­falt prägt das Quar­tier, Men­schen aus etwa 70 ver­schie­de­nen Natio­nen leben in dem Stadt­teil zusam­men. Die Idee der Kunst­ak­ti­on ist des­halb: jede und jeder hat sei­ne Mus­ter, die auch vom per­sön­li­chen kul­tu­rel­len Hin­ter­grund geprägt sind.

Jose­fi­ne Gün­schel hat aus den über 100 zusam­men­ge­tra­ge­nen Mus­tern der Bewohner:innen acht Moti­ve ent­wi­ckelt, die nun auf die Bäu­me auf­ge­tra­gen wer­den. Die ers­ten Bäu­me sind bereits bemalt, wei­te­re fol­gen noch in die­sem Jahr. Aber auch im kom­men­den Jahr wer­den Baum­be­ma­lun­gen ergänzt. Wer Glück hat, kann Jose­fi­ne Gün­schel beim Auf­brin­gen neu­er Moti­ve über die Schul­ter schau­en. Bei der Far­be han­delt es sich übri­gens um Stamm­schutz­far­be, die die Bäu­me nicht schä­di­gen, sie sogar vor schäd­li­chen Umwelt­ein­flüs­sen schützt.

Wer an den ein­ge­reich­ten Mus­tern der Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner inter­es­siert ist: gleich neben den bemal­ten Bäu­men wer­den sie im Schau­fens­ter eines leer­ste­hen­den Laden­ge­schäfts aus­ge­stellt. Auch die Namen der Mus­ter­ge­be­rin­nen und ‑geber sind dort ver­merkt. Die bun­te Schau­fens­ter­aus­stel­lung zieht offen­sicht­lich die Bli­cke der Kiezbewohner:innen auf sich. Die Baum­be­ma­lung dage­gen ist weiß und eher zurück­hal­tend und kann leicht über­se­hen wer­den. Die Baum­mus­ter-Kunst ist, anders als die Mode­mes­se und der Street­food-Markt beschei­de­ner und viel­leicht etwas für den zwei­ten Blick. Aber viel­leicht passt sie gera­de des­halb bes­ser zur Brunnenstraße?

Im Fenster eines leerstehenden Ladens sind die gesammelten Muster zu sehen, die die Künstlerin verwendet hat. Foto: Hensel
Im Fens­ter eines leer­ste­hen­den Ladens sind die gesam­mel­ten Mus­ter zu sehen, die die Künst­le­rin ver­wen­det hat. Foto: Hensel

Für die Künst­le­rin Jose­fi­ne Gün­schel ist es übri­gens nicht das ers­te künst­le­ri­sche Baum­be­ma­lungs­pro­jekt. In der Wis­by­er Stra­ße im Prenz­lau­er Berg hat sie 2008 ein ähn­li­ches Pro­jekt umge­setzt. Mehr über sie und ihre Arbei­ten ist im Inter­net unter www.josefineguenschel.de zu finden.

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Der Text ent­stand in Zusam­men­ar­beit mit der Wed­din­ger All­ge­mei­nen Zei­tung (–> E‑Paper), der gedruck­ten Zei­tung für den Wed­ding. Autorin ist Domi­ni­que Hen­sel. Wir dan­ken dem RAZ-Verlag!

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

5 Comments

  1. Juten Mor­jen
    na da hat der Tipp­teu­fel sein Unwe­sen getrieben…
    Die ers­ten Bäu­me sind bereits bemalt, wei­te­re flo­gen noch in die­sem Jahr.
    Wo sind sie hin­ge­flo­gen ?? Spaß muss sein Frau Hensel :))))
    Wol­ken­ar­mes Wochenende

    • Das kommt davon, wenn man noch wäh­rend des Kof­fer­aus­pa­ckens einen Bei­trag tippt… Du/Sie bist enga­giert als offi­zi­el­ler Weddingweiser-Lektor. 🙂

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