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Irgendwie speziell: Berliner Straßenschilder

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Foto: Samuel Orsenne bearbeitet: WeddingweiserÜber Stra­ßen­na­men erei­fern sich die Ber­li­ner immer wie­der ger­ne, vor allem, wenn die Stra­ßen einen neu­en Namen erhal­ten sol­len. Im Afri­ka­ni­schen Vier­tel im Wed­ding, aber auch anders­wo kochen die Gemü­ter hoch über die Fra­ge, ob die Stadt denn kei­ne ande­ren Pro­ble­me habe als sich mit der Wür­di­gung von his­to­risch frag­wür­di­gen Men­schen durch Stra­ßen­schil­der zu beschäf­ti­gen. Zeit, dass wir uns auch ein­mal mit der Fra­ge aus­ein­an­der­set­zen: Was macht eigent­lich ein Ber­li­ner Stra­ßen­schild aus?

Eigenartig verbundene Buchstaben

Wer sich als Ber­li­ner in einer ande­ren Stadt umschaut, bemerkt den Unter­schied sofort: Die Ber­li­ner Stra­ßen­schil­der sind nicht blau, son­dern weiß. Und auch die Schrift ist sehr mar­kant, und das merkt man vor allem an zwei Buch­sta­ben­kom­bi­na­tio­nen. Ach ja, stimmt, wird jetzt der Eine oder der Ande­re sagen: beim „Platz“ ist oft das „t“ mit dem „z“ eigen­ar­tig ver­bun­den, eben­so wie das „ß“ sofort auf­fällt. Die­se Ver­bin­dung zwei­er Buch­sta­ben nennt man Liga­tur, und die Form des „z“ ist ein „Z mit Unter­schlin­ge“. Bei den Stra­ßen­schil­dern gibt es das so nur in Ber­lin, und ursprüng­lich auch nur im West­teil. Ab Mit­te des letz­ten Jahr­hun­derts wur­den die Schil­der mit der Schrift­art Erbar Gro­tesk beschrif­tet. Zunächst wur­den email­lier­te Tafeln bemalt, spä­ter wur­de das Sieb­druck­ver­fah­ren ver­wen­det und heu­te sind Plot­ter in Gebrauch. In Ost­ber­lin ging man einen ganz ande­ren Weg und erstell­te Schil­der aus drei über­ein­an­der­lie­gen­den Plas­tik­schich­ten, aus deren obers­ter Schicht die Buch­sta­ben her­aus­ge­fräst wur­den. Hier kam eine sehr schma­le und kan­ti­ge Schrift zum Ein­satz, die nicht beson­ders gut les­bar war. Dank der Fräs­tech­nik sind die­se Schil­der aber bes­ser als ihre west­li­chen Pen­dants vor dem Ver­blas­sen geschützt.

Unverwechselbar wie Berlin

Nach der Wen­de wur­den die West­ber­li­ner Schil­der auch nach und nach im Osten ver­wen­det, aber noch immer gibt es dort zahl­rei­che alte Schil­der. In man­chen Stra­ßen sind nur noch die­se Relik­te ein Indiz dafür, in wel­cher Stadt­hälf­te man sich befin­det. Ab Mit­te der 1990er-Jah­re wur­de die Schrift­art vom Schrift­ge­stal­ter Andre­as Froh­loff moder­ni­siert, wobei die mar­kan­ten “t‑z” und “s‑z”-Ligaturen erhal­ten blie­ben. Nach wie vor wer­den die – in Ber­lin nach einem kom­pli­zier­ten Prin­zip ver­ge­be­nen – Haus­num­mern des Stra­ßen­ab­schnitts unter­halb des Stra­ßen­na­mens auf­ge­führt. Nur manch­mal zei­gen klei­ne Zusatz­ta­feln wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Namens­ge­ber an, wie zum Bei­spiel bei der Peter­s­al­lee, die 1986 umge­wid­met wurde.

Herz, Straßenlaterne, Schatten, Eulerstraße
© Sula­mith Sallmann

Jeden­falls dür­fen wir uns noch immer dar­über freu­en, dass es ein paar typi­sche Din­ge gibt, die das Ber­li­ner Stra­ßen­bild so unver­wech­sel­bar machen: die gemisch­te Pflas­te­rung mit Stei­nen und Geh­weg­plat­ten, nost­al­gisch wir­ken­de Gas­la­ter­nen und eben die wei­ßen Straßenschilder.

 

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

1 Comment

  1. Sol­che „Ber­li­ner“ Stra­ßen­schil­der habe ich erstaun­li­cher­wei­se in der Stadt Her­ne, bei Bochum ent­deckt. Kei­ne Ahnung, was sie dort zu suchen haben, und wie­so, auf jeden Fall wir­ken sie recht alt (1970er?).

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