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E‑Scooter: Roller, roller, roller – krach bumm!

1. Oktober 2019
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Ein E‑Scooter in der Jas­mun­der Stra­ße. Gefah­ren wur­de er sehr wahr­schein­lich von einem Kind. Foto: Hensel

Neu­lich im Wed­ding, belie­bi­ger Ort, belie­bi­ge Zeit: Hey Alta, zeig ma! Ein dun­kel­haa­ri­ger Jung­wed­din­ger zeigt sei­nen ban­da­gier­ten Arm her­um und guckt dabei bedeu­tungs­schwer. Noch in der Grund­schu­le und schon hat ihm das Schick­sal die­se fet­te E‑S­coo­ter-Ver­let­zung zum Ange­ben geschenkt. Die vier ande­ren Jungs stau­nen. Sie fra­gen, was die Mud­da dazu gesagt hät­te. Die Ant­wort ver­ste­he ich nicht. Aber ich sehe ihre aner­ken­nen­den Bli­cke im Vorbeigehen.

Leih­rä­der, E‑Scooter … Ich fra­ge mich, war­um alle die­se Din­ge im Wed­ding nicht so funk­tio­nie­ren wie sie soll­ten. Auch hier im viert­cools­ten Bezirk der Welt wird der­zeit auf die­sen moto­ri­sier­ten Rol­lern her­um­ge­kurvt. Immer auf dem Geh­weg. Sehr oft zu zweit, gele­gent­lich zu dritt. Fast nur von Kids unter 14 Jah­ren. Ich schät­ze, das Durch­schnitts­al­ter der Nut­zer ist 12. Und sehr oft sehe ich ver­letz­te Jungs tür­ki­scher oder ara­bi­scher Her­kunft, die offen­bar mit der doch recht hohen Geschwin­dig­keit die­ser Gefähr­te nicht zurecht kommen.

Wie sie das schon wie­der geschafft haben mit dem Kna­cken der E‑Scooter? Kei­ne Ahnung. Irgend­wo habe ich gele­sen, dass fal­sche Kon­to­num­mern ange­ge­ben wer­den. Die Wed­din­ger Jugend fin­det immer einen Weg.

Ich bin durch­aus für Ver­kehrs­wen­de oder Mobi­li­täts­wen­de oder wie das aktu­ell heißt. Wenn man mir mor­gen ver­bie­ten wür­de, mein Auto zu benut­zen, wäre ich nicht sau­er. Ich wür­de eher schuld­be­wusst den Schlüs­sel abge­ben. Ich fah­re auch gern Fahr­rad – mein eige­nes, kein Leih­rad -, aber eben nicht immer. Ein bun­ter Mix an Mobi­li­tät ist eher meins. Je nach Stim­mung, je nach Wet­ter, je nach zurück­zu­le­gen­dem Weg. Das ist mei­ner Beob­ach­tung nach auch bes­ser für die Rück­sichts­fä­hig­keit gegen­über ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mern. Ich möch­te kei­ner die­ser Men­schen sein, der Fahr­rad­fah­rer hasst (oder Auto­fah­rer, Fuß­gän­ger), weil er nur eine Posi­ti­on kennt: die eige­ne. Des­halb wech­se­le ich gern die Per­spek­ti­ve und das Ver­kehrs­mit­tel. Aber das ist ein ande­res Thema.

Neu­lich woll­te ich von der Kli­ma­de­mo am Bran­den­bur­ger Tor zurück in den Wed­ding. Ich ent­schied mich fürs Lau­fen, weil es gesün­der und natür­lich kli­ma­freund­li­cher ist als alles ande­re. Mein Weg zurück in mei­nen Kiez wur­de gesäumt von E‑Scootern ver­schie­dens­ter Anbie­ter. Sie alle lock­ten mich: los, komm, nimm mich, fahr mich, mach’s Dir leicht. Ich habe über­legt, ob ich es aus­pro­bie­re. Neu­gie­rig bin ich schon. Doch ich den­ke, wenn ich mich so im Wed­ding umschaue, dass das mit den E‑Scootern nur theo­re­tisch eine gute Idee ist. Vom Auto­fah­ren hält das sicher nie­man­den ab und die neu­en Spiel­zeu­ge der Wed­din­ger Kids brin­gen ein­fach zu vie­le nega­ti­ve Neben­ef­fek­te mit sich. Viel­leicht bin ich spie­ßig, aber ich fin­de ver­letz­te Kids und Zusam­men­stö­ße auf dem Geh­weg nicht cool, noch nicht mal viert­coolst. Ich bin lie­ber nach Hau­se in den Wed­ding gelaufen.

Ein elektrischer Tretroller steht vor einem Neubau
E‑Scooter: Ande­rer Anbie­ter, glei­ches Prin­zip. Foto: J. Faust

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

14 Comments

  1. Der Arti­kel fängt gut und flott an, aber das ein­ge­floch­te­ne Her­an­ku­scheln an das aktu­el­le Kli­ma-Sün­der-sein-und-sich-an-den-Pran­ger-stel­len ver­der­ben ihn, vor allem, da der Autor ger­ne mit dem eige­nen Fahr­rad fährt:
    “Wenn man mir mor­gen ver­bie­ten wür­de, mein Auto zu benut­zen, wäre ich nicht sau­er. Ich wür­de eher schuld­be­wusst den Schlüs­sel abgeben.” 

    Was, zum Kuckuck, soll die­se pein­li­che Bemer­kung? Gleich­zei­tig wird die Fin­dig­keit männ­li­cher Jung­wed­din­ger mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die ein Leih­sys­tem hacken, irgend­wie posi­tiv hin­ge­stellt. Das ist ziem­lich schräg. 

    Es geht um Kids, die E‑Scooter lei­hen und damit Schei­ße bau­en. Sie gefähr­den sich selbst und ande­re. Wie kann man den Spaß und Nut­zen erhal­ten ohne die nega­ti­ven Fol­gen? In Ams­ter­dam wer­fen generv­te Anwoh­ner die Din­ger in die Grach­ten. Wie­vie­le mögen bei uns bereits in der Spree liegen? 

    Die Anbie­ter haben das Kon­zept und die Tech­no­lo­gie zu ver­bes­sern und die Geschwin­dig­keit dros­seln oder die Tei­le von der Stra­ße zu neh­men. 12 km/h ist dop­pelt so schnell wie die meis­ten lau­fen. Das reicht doch. Statt­des­sen fah­ren sie über 20 km/h. Je weni­ger die Fah­rer wie­gen, des­to schnel­ler sind sie. 

    Wer­den zu jun­ge, nicht berech­tig­te Jugend­li­chen damit ertappt, sind ihnen die Smart­phones weg­neh­men und ist den Eltern zuver­bie­ten, ihnen neue zu geben, bis sie die ent­spre­chen­de Rei­fe zur Nut­zung haben. Falls jemand dadurch den Welt­un­ter­gang auf­zie­hen sieht, es gibt immer noch ein­fa­che Han­dys, die eine stän­di­ge Ver­bin­dung erlauben.

    • Ich fin­de die Anmer­kun­gen und vor allem die Vor­schlä­ge kon­struk­tiv und gut. Die meis­ten unter­stüt­ze ich. Scha­de, dass mei­ne per­sön­li­chen Gedan­ken offen­bar stö­ren. Ich fin­de sie wei­ter­hin nicht pein­lich. Men­schen sind meist nicht so gerad­li­nig wie sie es sich selbst immer wün­schen. Ich ste­he dazu. Ich über­le­ge schon lan­ge, das Auto abzu­ge­ben, schaf­fe es aber aus ver­schie­de­nen Grün­den nicht. Ich bin halt ambi­va­lent in der Fra­ge – und das schon viel län­ger als es die der­zei­ti­gen Kli­ma­de­mos gibt. 

      Die Jung­wed­din­ger, die die E‑Scooter kna­cken wer­den mei­ner Mei­nung nach im Text kei­nes­wegs posi­tiv hin­ge­stellt. Das ist ein Unter­stel­lung, dass da zwi­schen den Zei­len etwas steht. Man kann das auch so lesen wie es gemeinst ist: Ich stau­ne, dass irgend­wie jedes Sys­tem in kür­zes­ter Zeit geknackt wird. Ganz ohne Aner­ken­nung. Die Autorin

  2. Unter­gang des Abend­lan­des! Mehr Kon­trol­le! Mehr Strafen!n Und überhaupt!
    Also ich fin­de das krea­ti­ve Her­stel­len von Teil­ha­be der Wed­din­ger (und Moa­bi­ter) Kids eigent­lich ziem­lich klas­se. Bes­ser fin­de ich zwar den Trick für die Räder, die von plei­te gegan­gen chi­ne­si­chen Fir­men ille­gal im öffent­li­chen Raum ent­sorgt wur­den, aber ok. Man kann auch ein­fach mal die Kir­che im Dorf las­sen und Spaß haben. Mei­ne Meinung.

    • Wenn Men­schen ver­letzt wer­den, hört für mich der Spaß auf. Die Frei­heit des einen endet immer an der Frei­heit des anderen.

      • Dann aber kon­se­quent auch Sport ver­bie­ten. Fuß­ball zum Bei­spiel. Da ver­let­zen sich jede Men­schen. Selbst und Gegen­sei­tig. Gera­de beim Freizeitkicken.
        Und ja. Mehr Rück­sicht­nah­me tut uns allen gut. Aber dar­um ging es in dem Arti­kel doch gar nicht, oder?

        • Es geht doch gar nicht dar­um, etwas zu ver­bie­ten. Außer dem, was sowie­so schon ver­bo­ten ist: Kin­dern und Jugend­li­chen ist das Fah­ren mit dem E‑Scooter näm­lich eigent­lich ver­bo­ten. Und das hat auch sei­nen berech­tig­ten Grund, wie ich beob­ach­ten konn­te. Dabei geht es um den Schutz der Kin­der selbst und um den der ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mer. Die Scoo­ter sind näm­lich wirk­lich schnell und es ist für eini­ge (beson­ders sehr jun­ge) Kids offen­bar nicht so ein­fach, sie im Griff zu haben. 

          Der Arti­kel beschäf­tigt sich mit einem Teil­aspekt der E‑S­coo­ter-Pro­ble­ma­tik. Es ist näm­lich genau der, den ich ins­be­son­de­re im Wed­ding beob­ach­te, nicht aber in Mit­te-Mit­te oder in ande­ren Bezir­ken. Einen Schlen­ker zur gegen­sei­ti­gen Rück­sicht­nah­me habe ich mir gegönnt. Denn auch hier beob­ach­te ich eine beson­de­re Respekt­lo­sig­keit und Igno­ranz gera­de bei den viel zu jun­gen Nut­zern. Es geht aus mei­ner Sicht um spe­zi­fi­sche Wedding-Problematiken.

    • Die Mei­nung tei­le ich nicht. Wir müs­sen viel mehr Güter gemein­sam nut­zen. Z.B. Autos. Die ste­hen meis­tens nur her­um und blo­ckie­ren die Stra­ßen. Car-Sha­ring ist eine gute Idee, die aber nur funk­tio­niert, wenn sich alle Betei­lig­ten ver­nünf­tig ver­hal­ten und pfleg­lich mit ihnen umge­hen. Das betrifft auch Leih­fahr­rä­der und E‑Scooter. Oder guckt euch mal die Mari­nas in Ber­lin an. Dort lie­gen meh­re­re Tau­send Boo­te, die kaum genutzt wer­den. Man könn­te sie auch in Gemein­schaf­ten besit­zen und nut­zen. Das pas­siert aber kaum, weil zuvie­le unnö­ti­ge Schä­den auf die Gemein­schaft abge­wälzt wer­den. Din­ge zu tei­len funk­tio­niert nur dann nach­hal­tig, wenn die ent­spre­chen­de Rei­fe und das Ver­ant­wor­tungs­be­wußt­sein dafür vor­han­den sind. Sie enste­hen nicht nur von selbst, son­dern auch durch Erzie­hung. Ein Leih­sys­tem bedarf der Regeln und ihrer Ein­hal­tung, sonst sind vie­le gute Ideen zum Schei­tern verurteilt.

      • Dan­ke auch für die­sen zwei­ten Kom­men­tar. Ich stim­me abso­lut zu, dass das gemein­sa­me Nut­zen von Autos, Rädern etc. gut ist und auch sicher­lich noch sinn­vol­le wei­te­re Gegen­stän­de geteilt wer­den kön­nen. Ich per­sön­lich glau­be nur nicht, dass E‑Scooter sinn­voll sind. Das kann jeder für sich ent­schei­den, was er tei­len oder gemein­sam nut­zen möch­te bzw. sinn­voll fin­det. Bei E‑Scootern bin ich halt raus. Trotz­dem stim­me ich ins­be­son­de­re dem let­zen Satz zu. Lei­der liegt ja genau dabei im Wed­ding das Pro­blem, das ich schildere.

        “Ein Leih­sys­tem bedarf der Regeln und ihrer Ein­hal­tung, sonst sind vie­le gute Ideen zum Schei­tern verurteilt.”

  3. “Wie sie das schon wie­der geschafft haben mit dem Kna­cken der E‑Scooter? Kei­ne Ahnung. Irgend­wo habe ich gele­sen, dass fal­sche Kon­to­num­mern ange­ge­ben wer­den. Die Wed­din­ger Jugend fin­det immer einen Weg.”

    Klingt nach Bewun­de­rung für kri­mi­nel­les Ver­hal­ten. Ist klau­en, kaputt­ma­chen, miss­ach­ten cool? 

    Ich fin­de das megaun­cool; die Kids soll­ten dafür eine drauf krie­gen. Mit dem Rol­ler fängt es an…

    • Hey Dirk! Da liest Du jetzt aber was raus, was da weder so steht noch so gemeint ist. Natür­lich ist das Kna­cken von irgend­wel­chen Sper­ren ille­gal und zu ver­ur­tei­len. Und ja, sinn­bild­lich ein paar hin­ter die Ohren wäre nicht schlecht. Weder die Eltern noch der Staat tun das jedoch. Das ist der größ­te Mist dar­an. Mei­ner Meinung. 

      Aber schön zu wis­sen, dass hier auch die Kol­le­gen mitlesen. 😉

  4. Auch in Moa­bit sieht man sehr oft Kin­der auf die­sen voll­kom­men be*scheuer*ten Fahr­zeu­gen. Und ja, der Staat ver­sagt lei­der voll­kom­men bei der Kon­trol­le der Ein­hal­tung der Geset­ze. Und die Poli­tik macht fröh­lich wei­ter Geset­ze, bei denen schon von vorn­her­ein klar ist, dass es nie­man­den gibt, der die Ein­hal­tung kon­trol­lie­ren wird, sie­he Ber­li­ner Hundegesetz.

    • Ich kom­me so sel­ten nach Moa­bit, vil­mosk­ör­te. Aber klar, das ist kein Pro­blem, das es nur in Wed­ding gibt. Dan­ke für den klei­nen Schlen­ker in unse­re Nach­bar­schaft. Pass auf Dich auf dort drüben!

  5. Scha­de, dass im gesam­ten Text kei­ne For­de­rung nach erhöh­tem Kon­troll­druck steht. Sich mal des Öfte­ren nach dem Aus­weis erkun­di­gen, wür­de helfen.

    • Das ist auch so eine theo­re­tisch gute For­de­rung. Natür­lich lag sie mir auf der Zun­ge. Und es wäre total sinn­voll, die Aus­wei­se zu kon­trol­lie­ren. Bei mei­nen Kon­tak­ten mit dem Bezirks­amt Mit­te (Ord­nungs­amt) wur­de mir jüngst wie­der bei einem Ter­min im Kiez klar gemacht, dass es nicht mal drin ist, von Autos zuge­park­te Zebra­strei­fen per Kon­trol­le zu unter­bin­den. Auch zur Kon­trol­le ande­rer Ver­stö­ße (2. Rei­he-Par­ken) sieht man sich nicht in der Lage. Das ist sehr trau­rig und soll­te nicht so sein. Inso­fern ist es eine rich­ti­ge und wich­ti­ge, aber aktu­ell sinn­lo­se Forderung.

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