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Drehorte der Fernsehserie:
Babylon Berlin-Wedding

31. März 2024
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Die vierte Staffel der Serie "Babylon Berlin" setzt den Wedding in Szene. Zumindest einige Drehorte und einige Anspielungen auf den alten Arbeiterbezirk sind enthalten. Wir sagen euch, wo ihr vor eurer Haustür in Gereon Raths Fußstapfen treten könnt.

Amtsgericht Wedding in der Serie Babylon Berlin. Foto: Andrei Schnell

Berlin der 1920er Jahre – da denken viele Menschen vielleicht zuerst an die Goldenen Zwanziger, an die Blütezeit von Show und Kunst. In der Fernsehserie "Babylon Berlin" steht dagegen das Durcheinander, die Ziellosigkeit und die Krise im Mittelpunkt. Jeder gegen jeden und nur wenige für die gute Sache. Um den Zuschauern dieses Zeitgefühl näherzubringen, hat das Filmteam immer wieder die Babelsberger Studios mit der dort aus Sperrholz und Pappmaché aufgebauten sogenannten Berliner Straße (Kulissenstraße) verlassen.

Amtsgericht Wedding ist Landgericht Berlin

Zu den Drehorten in der Stadt gehört das Amtsgericht Wedding am Brunnenplatz unweit der Pankstraße. Das Gerichtsgebäude wurde von 1901 bis 1906 nach den Plänen der Architekten Rudolf Mönnich und Paul Thoemer im Stil der Neogotik erbaut. Der Gesamteindruck erinnert an die Albrechtsburg in Meißen. In Minute 14:56 von Folge fünf der vierten Staffel kommt das Amtsgericht, das in der Serie das Landgericht darstellen soll, ins Bild. Ab Minute 30:22 (und 32:32) ist das prunkvolle Treppenhaus zu sehen.

In diesem Treppenhaus verabschiedet sich Katelbach von Frau Elisabeth. Foto: Andrei Schnell

In der "Babylon Berlin"-Serie sitzen der Chefredakteur Gustav Heymann und der Journalist Samuel Katelbach auf der Anklagebank des Landgerichts. Sie sind wegen Landesverrats und Verleumdung angeklagt. Samuel Katelbach hatte recherchiert, dass die Deutsche Luft Hansa an der illegalen Wiederbewaffung der Reichswehr beteiligt ist. Realer Hintergrund ist Artikel 198 des Friedensvertrages von Versailles. Der Vertrag verlangte: "Deutschland darf Luftstreitkräfte weder zu Lande noch zu Wasser als Teil seines Heerwesens unterhalten." Doch getarnt arbeitete die Armee sehr wohl an neuen Luftstreitkräften. Ein Deckmantel war die am 6. April 1936 gegründete Deutsche Luft Hansa AG. "Ein Teil der Gründungsmitglieder verfolgte zwar Ziele des Aufbaus einer zivilen Luftfahrt für Deutschland. Aber sie konnten sich gegen die Macht der damit reine militärische Ziele verfolgenden Gruppe nicht durchsetzen", schreibt Wikipedia über die Anfänge der heutigen Lufthansa.

Bibliothek Am Luisenbad ist jüdisches Scheunenviertel

Die heute wieder strahlend hergerichtete Synagoge in der Oranienburger Straße liegt im Gebiet der historischen Spandauer Vorstadt. Vor 1933 lebten hier gut-bürgerliche Juden. In der Serie "Babylon Berlin" ist es zum Beispiel der Schmuck- und Goldwarenhändler Jakob Grün. Heute hat sich für den Kiez der Name Scheunenviertel durchgesetzt. Dabei war ursprünglich mit dieser Ortsbezeichnung lediglich der benachbarte Kiez am Rosa-Luxemburg-Platz gemeint. Dieser soziale Brennpunkt war alles andere als gediegen. Zu Propagandazwecken dehnten die Nationalsozialisten die Bezeichnung Scheunenviertel auch auf den sozial bessergestellten Teil der Spandauer Vorstadt aus.

Bibliothek am Luisenbad in der Serie "Babylon Berlin". Foto: Andrei Schnell

In der Serie kommt das Viertel mehrmals vor. Zum Beispiel in Folge sieben in Minute 31:10. Allerdings handelt es sich nicht um einen historischen Straßenzug rund um die Oranienburger Straße, sondern um den Vorplatz der Bibliothek Am Luisenbad unweit der Badstraße.

Sonnenborn versus Scharfenberg

In Folge sechs verurteilt Richter Dr. Ferdinand Voss ein obdachloses Waisenkind in weniger als drei Minuten. Willkür statt Recht. In Minute 19:24 lautet das Urteil des Vormundschaftsrichters: Kinder und Verwahranstalt Haus Sonneborn. Eine gefängnisartiges Jugendzuchthaus in Reinickendorf, dessen reales Vorbild nicht eindeutig ist.

Dem Richter steht Rosa Helfers gegenüber, die vorschlägt, das Waisenkind nach Scharfenberg zu bringen. Sie will die guten Anlagen des verwahrlosten Kindes zu fördern. Die reale Rosa Helfers war von 1921 bis 1933 Mitglied des Preußischen Landtages und arbeitete dort schwerpunktmäßig in der Sozial- und Jugendfürsorge. Ihr Vorschlag, es mit Scharfenberg zu probieren, hat zumindest teilweise einen realen Hintergrund. Für Wiedereingliederung und Resozialisierung war die echte Schulfarm Insel Scharfenberg im Tegeler See nicht zuständig. Gegründet hatte die Schule Wilhelm Blume 1922 (nach einem Test als Sommerschule 1921). Modern, und darauf kommt es der Fernsehserie an, war die Schule, weil sie einen reformpädagogischen Ansatz verfolgte.

Details in früheren Folgen

Auch in den ersten drei Staffeln dienten einzelne Ecken des Berliner Nordens als Drehorte. So erschießt Kommissar Gereon Rath unter den Liesenbrücken seinen Verfolger Wilczek, der den Spitznamen Pater hat, weil er stets in einer Soutane trägt. Die Verfolgung wurde entlang der gelben Backsteine der Mauer des früheren Stettiner Bahnhofs in der Gartenstraße gedreht.

In Gereon Raths Träumen kommt während der ersten Staffeln manchmal ein Tunnel vor. Dabei handelt es sich um den alten AEG-Tunnel unter der Voltastraße. Hier fuhr zu Versuchszwecken Deutschlands erste U-Bahn.

Eine Szene spielt im Stadtbad Wedding. Das Gebäude ist allerdings 2016 abgerissen worden. Deshalb diente ein Bad in Steglitz als Drehort.

Kurios: In Staffel vier, Folge zwei fährt ein Polizeiwagen vor einer Wache vor. Ein vom Filmteam extra angebrachtes Straßenschild ist eingeblendet. Malpaquetstraße ist auf diesem zu lesen. Damit soll es sich um eine Weddinger Wache handeln. 1930 gab es das Polizeiamt Wedding-Reinickendorf, geleitet vom Polizeirat Dr. Bauer. Das Revier 46 befand sich in der Utrechter Straße 20. Im Wedding gab es 13 Revierwachen, aber keine in der Malplaquetstraße.

Mauer an den Liesenbrücken kommen in Staffel 1 ins Bild. Foto: Andrei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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