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Was kommt nach den Automaten-Casinos?

13. Mai 2016
Eingang zu einem Automatencasino. Foto: Andrei Schnell.
Ein­gang zu einem Auto­ma­ten­ca­si­no. Foto: And­rei Schnell.

Aktua­li­siert 2017: Vie­le Auto­ma­ten-Casi­nos sol­len ab August 2016 schlie­ßen, weil dann das Min­dest­ab­stands­ge­setz gilt. Ein Betrei­ber eines Casi­nos fin­det das Gesetz erwar­tungs­ge­mäß unge­recht. Aber heißt das, dass sich ab August aus Sicht der Wed­din­ger die Situa­ti­on rund ums Geld­spiel ver­bes­sert? Der Casi­no-Betrei­ber nutzt die Gele­gen­heit, sei­ne Sicht dar­zu­stel­len. Eine Sicht, die provoziert. 

Flo­ri­an Dzyck ist Betrei­ber einer Spiel­hal­le und ist sicht­lich erregt. Er spricht hek­tisch, als wol­le er ver­hin­dern, dass er einen sei­ner vor­be­rei­te­ten Gedan­ken ver­gisst. Im Kern geht es ihm dar­um zu sagen, dass das neue Gesetz aus­ge­rech­net die “ehr­li­chen Betrei­ber” vom Markt ver­drän­gen wür­de. Gemeint ist das “Gesetz zur Umset­zung des Min­dest­ab­stands nach dem Spiel­hal­len­ge­setz Ber­lin für Bestands­un­ter­neh­men”. Es regelt, wel­che Casi­nos schlie­ßen müs­sen, weil sie den Min­dest­ab­stand von 500 Metern zu ande­ren Spiel­hal­len nicht einhalten.

Automat in einem Casino. Foto: Andrei Schnell
Auto­mat in einem Casi­no. Foto: And­rei Schnell

Spielhallengesetze und andere Spielbetriebe

Flo­ri­an Dzyck meint, dass sein Gewer­be im Ver­gleich zu ver­wand­ten Bran­chen im Markt des Geld­spiels schon immer stark regu­liert wird. Sein Gewer­be ist das Auf­stel­len von Glück­spiel­au­to­ma­ten, wie er sagt. Die­se Auto­ma­ten sei­en aber nur ein Teil des Glücks­spiels in Deutsch­land. Er sagt, dass die Spiel­ban­ken wie die am Pots­da­mer Platz viel schwä­che­ren Auf­la­gen unter­lie­gen wür­den als sein Casi­no mit weni­gen Auto­ma­ten. Das Spiel­bank-Gesetz sei weni­ger streng, obwohl es dort um viel grö­ße­re Ein­sät­ze und Umsät­ze ginge.

Und dann, so Flo­ri­an Dzyck, gebe es da noch den Grau­be­reich der Wett­bü­ros, die vom neu­en Gesetz nicht erfasst wür­den. Und man dür­fe das unzu­rei­chend gere­gel­te Glücks­spiel im Inter­net nicht über­se­hen. Und nicht zuletzt gebe es die ille­ga­len Betrei­ber, die sich erst gar nicht anmel­de­ten und sich an kei­ner­lei Auf­la­gen hiel­ten – und das manch­mal jah­re­lang. Und außer­dem gebe es die Schein-Gas­tro­no­men, die eine klei­ne Gastro­li­zenz bean­tra­gen, bloß um drei Auto­ma­ten auf­stel­len zu kön­nen. „War­um wird es aus­ge­rech­net den­je­ni­gen unter den Auto­ma­ten-Auf­stel­lern, die sich an die Regeln hal­ten, schwer gemacht?“, fragt Flo­ri­an Dzyck.

Wozu wird das neue Gesetz führen?

Für Flo­ri­an Dzyck bedeu­tet das Gesetz, dass er min­des­tens eines sei­ner zwei bau­lich getrenn­ten Casi­nos auf einer Eta­ge schlie­ßen muss. Wel­chen der bei­den Betrie­be er been­den wird, weiß er noch nicht, weil im Detail noch unklar ist, von wel­chem Punkt aus die 500 Meter gemes­sen wer­den. Es kön­ne pas­sie­ren, dass er bei­de schlie­ßen muss.

Indem der Casi­no-Betrei­ber mit zwei Aus­zu­bil­den­den zum Auto­ma­ten­fach­mann dafür wirbt, „dass auch ein­mal unse­re Sicht gezeigt wird”, hat er unbe­ab­sich­tigt eine ganz ande­re Fra­ge auf­ge­wor­fen. Wird ab Aus­gust 2016 wirk­lich alles gut? Wer­den die Ein­kaufs­stra­ßen wie­der schön? Wer­den im Wed­ding die Laden­schil­der “Casi­no” in eini­ge weni­ge Neben­stra­ßen ver­legt, wie es in den meis­ten Orts­tei­len Ber­lins bereits jetzt der Fall ist? Oder wer­den im Wed­ding statt der Casi­nos die Wett­bü­ros und die Café-Casi­nos mit drei Auto­ma­ten das Bild bestimmen?

Hinter diesem Schild wird um Geld gespielt. Foto: Andrei Schnell.
Hin­ter die­sem Schild wird um Geld gespielt. Foto: And­rei Schnell.

Nachtrag: Das ab August geltende Gesetz

Die Meis­ten wis­sen mitt­ler­wei­le, dass seit dem 6. April in Ber­lin das “Min­dest­ab­stands­um­set­zungs­ge­setz Ber­lin”, abge­kürzt Mind­AbstUmsG Bln, gilt. Es regelt ab dem 1. August 2016 für die bereits bestehen­den Spiel­hal­len die so genann­te 500 Meter-Abstands­re­gel zu ande­ren Spiel­hal­len und zu Jugend­ein­rich­tun­gen. Ein wich­ti­ges Ele­ment in die­sem Gesetz ist der Los­ent­scheid. Exper­ten schät­zen, dass ab August die Anzahl der Spiel­hal­len in Ber­lin dras­tisch zurück­ge­hen wird.

Nach­trag Mai 2017: Auf eine münd­li­che Anfra­ge von Felix Hem­mer, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der FDP in der BVV Mit­te, hieß es nun:  „Ins­ge­samt haben 133 Unter­neh­men Anträ­ge auf Teil­ha­be am Son­der­ver­fah­ren nach dem Min­dest­ab­stands­um­set­zungs­ge­setz (Mind­AbstUmsG) gestellt. Das Ver­fah­ren ist jedoch noch nicht abge­schlos­sen, sodass sich kon­kre­te­re Aus­sa­gen hier­zu nicht tref­fen las­sen.“ Heißt so viel wie: nix pas­siert. Im ver­gan­ge­nen Jahr ist die Zahl der Spiel­hal­len in Ber­lin ledig­lich um 38 gesun­ken. (Tages­spie­gel-Leu­te News­let­ter Ber­lin-Mit­te, 26.5.17)

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Der Wed­ding­wei­ser hat das The­ma Spiel­ca­si­no seit lan­gem ver­folgt: Zwei Jah­re lang Gewinn gemacht, Was kommt nach den Spiel­hal­len?, Brun­nen­stra­ße wird zur Spiel­stra­ße.

Bei­trag über die Aus­wir­kun­gen des Gesetzes
Für Juris­ten der Wort­laut des Min­dest­ab­stands­ge­setz.
Stel­lung­nah­me zum Gesetz von Sei­ten der Deut­schen Auto­ma­ten­wirt­schaft.
Die Sicht eines der Geset­zes­ver­an­las­ser, Dani­el Buch­holz, auf das neue Spielhallen-Gesetz.

Text und Fotos: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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