Auf die schiefe Bahn kann man im Wedding leicht geraten – aber meistens ist es leichter, in die richtige Bahn zu steigen. Zum Glück gibt es jede Menge Stellen im Wedding, wo Schienen eine Rolle spielen.
1871 begann die Große Berliner Pferde-Eisenbahn AG mit dem Aufbau eines Liniennetzes. Bereits 1873 startete die erste Linie zwischen Rosenthaler Tor und Bad-/Ecke Grüntaler Straße, wo damals noch die Stettiner Bahn die Badstraße an einem Bahnübergang querte. 1879 wurde die Strecke bis zum neuen Pferdedepot an der Panke verlängert. 1874 kam die Strecke von der Weidendammer Brücke bis nach Tegel hinzu. 1896 führten immerhin elf Linien durch den Wedding, die ab 1898 nach und nach elektrifiziert wurden. 1911 gab es dann schon 23 Linien, die den Wedding berührten. Nach der Stilllegung der letzten Weddinger Straßenbahn 1964 dauerte es bis 1995, dass dieses Verkehrsmittel wieder Einzug auf der Osloer und der Seestraße hielt. Seit 2006 wird der Wedding ebenfalls von einer Tramlinie gestreift, der M10.
Für die im Wedding rasant wachsende Industrie war die Eisenbahnanbindung entscheidend. 1842 entstand die Stettiner Bahn, die am heutigen Nordbahnhof begann und anfangs über die Grüntaler Straße nach Nordosten führte. Die Nordbahn über Schönholz und Frohnau begann 1877 auf einer Teilstrecke ihren Betrieb. Da gab es schon die Ringbahn, die anfangs nur mit wenigen Zügen (ganzen drei Personenzügen pro Tag und Richtung!) startete. Im ganzen Jahr 1913 fuhren aber schon über 3 Millionen Personen am Bahnhof Wedding ab. Nach der Stilllegung 1980 dauerte es noch bis 2002, bis auch zwischen Gesundbrunnen und Westhafen wieder die Ringbahn als S‑Bahn fuhr.
Pilzkonzept nennt sich das Fernbahnhofssystem in Berlin. Der Pilzkopf führt durch den Wedding und verbindet den neuen Fern- und Regionalbahnhof Gesundbrunnen mit dem neuen Hauptbahnhof. Dafür müssen die Schienen vom S‑Bahnhof Wedding kommend mehrere Straßen und der Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal überqueren. Mit einer beeindruckenden 570 Meter lange Brücke wird mit einem sanft gebogenen 90 Grad-Winkel die Verbindung zwischen dem Ringbahnviadukt und dem Tunnelbahnhof unter dem Hauptbahnhof hergestellt. Von den Zügen, die diese hohe Brücke befahren, haben die Fahrgäste eine beeindruckende Aussicht auf den Wedding mit Blick bis zum Berliner Dom und Fernsehturm. Eine weitere Brücke entsteht gerade zwischen der Heidestraße und der Lynarstraße. Sie liegt tiefer als die Fernbahnbrücke und unterquert diese direkt über dem Kanal. Darauf soll eines fernen Tages die neue S‑Bahn-Linie S 21 fahren, deren unterirdischer Bau große Schwierigkeiten bereitet.
Der älteste U‑Bahn-Tunnel Deutschlands von 1897, der die beiden AEG-Werke an der Hussiten- und an der Voltastraße verbindet, wird schon lange nicht mehr befahren. Dieser besondere Teil des Weddinger Untergrunds kann wieder besichtigt werden.
Die erste echte U‑Bahn wurde bis 1923 unter der Müllerstraße unter städtischer Regie gebaut. Daraus entwickelte sich die heutige U 6. Die U 8 wurde 1930 bis zum Bahnhof Gesundbrunnen und 1977 bis zur Osloer Straße verlängert. Die jüngste U‑Bahn unter dem Wedding ist die U9, die den Leopoldplatz 1961 und die Osloer Straße 1976 erreicht. Viele Gleise gibt es übrigens auch an der U‑Bahn-Hauptwerkstatt Seestraße, wo die meisten gelben Züge der BVG gewartet werden. Da kommt man als normaler Fahrgast allerdings nicht ohne weiteres auf Schienen hin …