Der Wedding war einst DER Arbeiterbezirk im Norden Berlins. Klar, dass hier viele namhafte Unternehmen mit Weltruf produziert haben. Aber es gibt auch klangvolle Namen, mit denen jeder in Berlin früher etwas anfangen konnte – die heute fast vergessene Firmen sind.
Wir rufen sie wieder ins Gedächtnis – eine einst bekannte Supermarktkette, Schokolade (die jedes Kind kannte) oder eine Brotmarke.
Drei vergessene Unternehmen
Meyer
Der Gewerbehof in der Wattstr. 11 – 12 in Gesundbrunnen hat Geschichte geschrieben: Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich dort der Sitz des von Bethel Henry Strousberg gegründeten Schlacht- und Viehhofes. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die Hermann Meyer AG dort Verwaltungsgebäude für ihre Firma errichten. Den Slogan “Keine Feier ohne Meyer” kannte ganz Berlin. Später wandelte sich das Unternehmen in eine reine Lebensmittelhandelskette mit über 100 Filialen in West-Berlin – viele davon mit der damals noch innovativen Selbstbedienung. 1986 fusionierte Meyer unter dem Dach des neuen Eigentümers Dr. Oetker mit dem Konkurrenten Butter Beck zur Meyer-Beck Handels KG. ZU dem zeitpunkt war der Sitz aber schon nicht mehr im Wedding. In einem Teil dieser Gebäude hatte übrigens die taz von 1979 bis 1989 ihre ersten Redaktionsräume, bevor sie nach Kreuzberg umgezogen ist.
Hildebrand
Den Namen Hildebrand Schokolade kannte früher jedes Kind. Seit 1888 produzierte das, 1817 als Laden- und Produktionsstätte an der Spandauer Straße gegründete, Unternehmen an der Pankstraße 34 bis 37. Dort, wo sich heute Media Markt und Möbel Kraft befinden. Berühmt war die Hildebrand-Schokolade für die bunten Sammelbildchen, die man in Alben kleben konnte – der Vorläufer der Panini-Hefte. 1935 geriet die Schokoladenfabrik in Schwierigkeiten, überlebte aber; auch dank der “Scho-Ka-Kola”, einer mit Koffein angereicherten Schokolade. Sie wurde später teilweise als “Fliegerschokolade” bezeichnet – die gesamte Produktion war ab 1939 für das Militär bestimmt. Die Fabrik wurde im Krieg zu 80 Prozent zerstört. Nach dem Krieg produzierte Hildebrand in Marienfelde weiter, bis die Firma in der heutigen Stollwerck AG aufging. Und Scho-Ka-Kola? Gibt es noch immer.
Wittler
Von vielen wird beklagt, dass es im Wedding fast nur noch Aufbackbrot gibt. Kein Wunder, wurde hier doch das industrielle Brotbacken erfunden. 1898 gründete Heinrich Wittler an der Ecke Müllerstraße/Utrechter Straße eine Bäckerei, die 1908 in die Maxstraße umzog. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Wittler der größte Brotproduzent Europas mit zeitweilig bis zu 2.000 Angestellten. Diese lieferten das Brot mit Elektro-LKWs an 30 eigene Verkaufsstellen in ganz Berlin. Wittler ließ 1927/1928 die sechsgeschossige Brotfabrik errichten. In der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in der Seestraße wurde das Fertigungsprinzip erdacht. In jeder Etage gab es eine eigene Phase der Brotherstellung. Die Zutaten wurden in den sechsten Stock gebracht. Das Brot wurde in drei Öfen gebacken und danach gekühlt, um es im Erdgeschoss zu verpacken und auszuliefern. Wittler kam auf bis zu 66.000 Brote am Tag. Heute befindet sich im Vordergebäude ein Pflegeheim.
Röntgenfabrik
Zwischen Müllerstraße und Turiner Straße befand sich einst eine Fabrik für Röntgenapparate, die man nicht von der Straße aus einsehen konnte. Hier ein lesenswerter Beitrag zur Geschichte des Unternehmers Max Levy.
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