Mit fast 80 Jahren sind Santiago und Gertrud Salamanca vor sechs Jahren ins Brunnenviertel gezogen. Sie wohnen in der Graunstraße in einem ungewöhnlichen Wohnhaus.
So ist es nun auch wieder nicht, dass das Ehepaar Salamanca extra wegen der Kirche mit dem Namen Institut Philipp Neri ins Brunnenviertel gezogen wäre. Doch gerade diese Kirche ist für die beiden Katholiken etwas ganz Besonderes. Mehrfach sagen sie: „Das ist eine Oase“. So wie Oasen selten sind, so ist auch diese Kirche selten. Denn in Philipp Neri in der Graunstraße 31 wird die Messe nach altem Ritual gefeiert. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Liturgie auf Latein abgehalten wird. „Römischer Ritus“ sagt Santiago Salamanca dazu. Und: „Der Unterschied zu einer normalen katholischen Kirche ist, dass es hier eine Tiefe gibt, eine Ernsthaftigkeit.“ Und die haben sie gesucht.
Die Salamancas sind 2010 ins Brunnenviertel gezogen. „Wegen der Kinder, die in Berlin wohnen.“ Die beiden verkauften ihr Haus in Werl in Nordrhein-Westfalen; im Rheinland hatten sie die längste Zeit gelebt. Die heute 83 und 82 Jahre alten Salamancas heirateten 1961, kurz nachdem Santiago Salamanca als Gastarbeiter aus Madrid nach Deutschland gekommen war. Wobei das Wort Gastarbeiter leicht in die Irre führt. Santiago Salamanca ist Ingenieur für Öfen. „Aber nicht für Hochöfen, sondern für Schmelzöfen.“
Wenn Santiago Salamanca aus seinem Leben erzählt, dann spricht er schnell. Die Worte können mit seinen Gedanken oft kaum Schritt halten. Seine Frau lässt ihm im Gespräch leise lächelnd den Vortritt. Aber auch sie sagt entschieden: „Das hier ist eine Oase.“ Mit „das hier“ ist auch die Wohnung gemeint. Die Salamancas wohnen in einem zur Kirche gehörenden Miethaus. Vor mehr als 100 Jahren wurde der Kirchbau als Gartenhaus in die zweite Reihe gesetzt, während zur Straße sichtbar nur ein Miethaus errichtet wurde. Auffällig ist dieses nur wegen seiner roten Backsteine. „Man muss nicht kirchlich sein, um hier zu wohnen. Aber für uns ist es praktisch. Wir haben kurze Wege.“ Die beiden könnten in Pantoffeln zur täglichen Messe um 18 Uhr gehen.
Das Institut Philipp Neri ist eine Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts. Das bedeutet, dass das Institut von der katholischen Kirche unabhängig ist, aber gleichzeitig Teil der katholischen Kirche. Damit ist es auch kirchenrechtlich gesehen eine Oase. Missionieren wollen die beiden niemanden. „2010 kamen zur Messe nur ein paar Männeken – wie der Rheinländer sagt – jetzt ist die Kirche oft voll. Und alle kommen freiwillig.“
Die Salamancas leben auch deshalb in einer Oase, weil sie alles in ihrer direkten Umgebung haben, was sie benötigen. Die Supermärkte sind nah, der Arzt ist fußläufig erreichbar und es gibt Restaurants „mit einem breiten und preiswerten Angebot“, freut sich Santiago Salamanca. Seine Frau Gertrud lächelt.
Unbedingt vorzeigen will das Ehepaar den Hof. Wer im Hof steht, der befindet sich in einem von der Großstadt abgeschirmten Garten. Man könnte sagen: ein lauschiges Plätzchen. Oder eben: eine Oase.
Der Text ist im Kiezmagazin brunnen erschienen. Autor und Fotograf ist Andrei Schnell. Der Weddingweiser kooperiert mit der Bürgerredaktion im Brunnenviertel und veröffentlichen den Text deshalb auch auf dem Blog.
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