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Rückblick: Vor 12 Jahren:
Panke-Hochwasser: Weddingern stand das Wasser bis zum Hals

22. August 2024
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Vor 12 Jahren erlebte eines der Hochwässer, für die die Panke früher sehr berüchtigt war, eine Neuauflage. Mitten im Sommer reichte ein starker Regen, um einen halben Kiez unter Wasser zu setzen. Das Problem war damals das Rechenwerk an der Schulzendorfer Straße, das inzwischen umgebaut worden ist.

Die Nacht zum 22. August 2012 werden die Bewohner der Kunkel-, Ravené- und Schönwalder Straße nicht so schnell vergessen: Nachdem es schon einige Stunden geregnet hatte, trat die Panke über ihre Ufer, überflutete die Straßen und Hauseingänge. Keller liefen im Nu voll, Autos standen bis zur Motorhaube unter Wasser. „Wir haben hier einen Mini-Tsunami erlebt. Die Welle rollte knietief durch die Straßen“, berichtet Anwohnerin Anja Aust.

Am nächsten Tag wird das Ausmaß der Schäden sichtbar: In den Kellern ist nichts mehr brauchbar. Hauseigentümer stellen Container bereit, damit die Mieter ihre ruinierten Habseligkeiten ausräumen können. An den Hauswänden ist die Flutlinie zu erkennen, das Wasser stand dort etwa 20 Zentimeter hoch. Die Keller waren bis zur Decke vollgelaufen – nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Flut am Tag gekommen wäre und Mieter im Keller überrascht hätte. Am schlimmsten ist der Gestank“, sagt Manuel Schneider, der beim Aufräumen hilft. „Und vorhin habe ich einen Rattenschwanz gesehen.“

Das verstopfte Gitter sorgte für den Rückstau

Wie konnte es zu der Überflutung kommen? „Die Panke ist das einzige Gewässer in Berlin, das als hochwassergefährdet gilt“, sagt Stefan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe. In der Nacht vom 21. auf den 22.August habe es im Norden Berlins 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gegeben. „Das ist so viel wie in einem durchschnittlichen August.“ Diesen Wassermassen war die so genannte Rechenanlage in der Schulzendorfer Straße nicht gewachsen. „Rechen bedeutet hier so viel wie Harke. Gitterstäbe sorgen dafür, dass Müll, Zweige und sonstiges Schwemmgut hier hängen bleiben.“ Ein automatischer Räumer schiebt alles in einen Container, der regelmäßig von der BSR abgeholt wird. „Aufgrund des starken Regens war die Rechenanlage binnen Minuten verstopft.Wir hätten auf der Stelle zehn starke Männer gebraucht, um sie wieder freizukriegen“, sagt Natz. Die Rechenanlage in solchen Situationen zu öffnen, sei nicht möglich,weil dann die sperrigen Gegenstände den unterirdischen Südarm der Panke verstopfen könnten, mit noch schlimmeren Folgen, so Natz. Diese Erklärung macht die Anwohner stutzig. Die Südpanke wird nämlich seit fünf Jahren überhaupt nicht mit Wasser beschickt, weil dort, wo sie fließt, riesige Baustellen sind, etwa die für den Bundesnachrichtendienst.

Zweifel an der offiziellen Version

Aus Sicht der Anwohner ist das nicht der einzige Widerspruch in den Erklärungen der Behörden. „Schon Wochen vor dem starken Regen ist mir aufgefallen, dass die Panke immer höheres Wasser führt und langsamer fließt“, sagt Anja Aust. Am 8. Juli hat sie deshalb bereits bei der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nachgefragt. In der Antwort vom 11. Juli hieß es, dass der Pankepegel über ein Wehr in der Schulzendorfer Straße reguliert werde. Dabei handelt es sich um ein „Schlauchwehr“, das bei Starkregen automatisch in sich zusammenfalle. Dann fließe die gesamte Wassermasse Richtung Nordhafen ab.

Ob dieser Mechanismus funktioniert hat, war bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren. Für die Anwohner hängt eine Menge davon ab: Wenn die Regulierungsanlagen nicht funktioniert haben, wäre das Land Berlin schadensersatzpflichtig. Handelt es sich um eine Naturkatastrophe, gehen sie leer aus.

(Artikel im Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding vom 1. September 2012)

Späterer Artikel zu dem Thema (vom 12.10.2012).

Panke Hochwasser

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