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Nach welchen Orten sie benannt sind:
Koloniale Straßen im Wedding

Städte, Landschaften, Flüsse, Wüsten, Länder - sie alle waren Namensgeber für viele Weddinger Straßen. Die meisten hatten einen Bezug zu den deutschen kolonialen Ambitionen der Kaiserzeit.
25. Mai 2021
Foto: Samuel Orsenne bearbeitet: Weddingweiser

Im Afri­ka­ni­schen Vier­tel und im Spren­gel­kiez gibt es exo­tisch klin­gen­de Stra­ßen­na­men. Eini­ge kann man Län­dern zuord­nen, ande­re wie­der­um Städ­ten, Flüs­sen oder Land­schaf­ten. Wir erklä­ren ein­mal im Detail, nach was genau die Stra­ßen zwi­schen 1899 und 1958 benannt wur­den. Die umstrit­te­nen drei Stra­ßen­na­men, die nach Per­so­nen benannt wur­den, las­sen wir in die­sem Arti­kel außen vor. Fest steht: Die betref­fen­den Stra­ßen im Spren­gel­kiez und im Afri­ka­ni­schen Vier­tel stel­len die größ­te Ansamm­lung die­ser Namen in ganz Deutsch­land dar, die ursprüng­lich aus einer kolo­nia­len Begeis­te­rung und Groß­manns­sucht in der Kai­ser­zeit her­aus benannt wurden.

Straßennamen von A – Z

Dama­ra­stra­ße Dama­ra, Regi­on und Bevöl­ke­rungs­grup­pe in der Repu­blik Nami­bia (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch-Süd­west­afri­ka’)

Dual­astra­ße Dua­la, Stadt in der Repu­blik Kame­run, 1884–1919 Haupt­stadt der deut­schen Kolo­nie Kamerun

Gha­na­stra­ße Gha­na, Staat in West­afri­ka. Es ist die im Afri­ka­ni­schen Vier­tel bis­her als letz­te nach einem afri­ka­ni­schen Staat benann­te Stra­ße. Den Anlaß bot der Staats­be­such des gha­nai­schen Staats­ober­haup­tes Kwa­me Nkru­mah 1958 in Berlin.

Gui­ne­a­stra­ße Gui­nea, his­to­ri­sche Bezeich­nung für die west­afri­ka­ni­sche Küs­ten­re­gi­on, in der die bran­den­bur­gisch-preu­ßi­sche Han­dels­ko­lo­nie ‘Groß­fried­richs­burg’ (1683−1718) als Stütz­punkt für den trans­at­lan­ti­schen Skla­ven­han­del errich­tet wurde.

Hans-Schom­burg-Pro­me­na­de (Name des Weges rund um den Plöt­zen­see), Hans Schom­burgk (1880–1967), Afri­ka­for­scher und Tier­fil­mer (Benen­nung in den 1990er Jahren)

Kame­ru­ner Stra­ße Kame­run, 1884–1919 unter deut­scher Kolo­ni­al­herr­schaft, heu­te Repu­blik Kamerun

Kiautschou­stra­ße  Jia­oz­hou, Ort und Regi­on in der Volks­re­pu­blik Chi­na, 1898–1919 unter deut­scher Kolonialherrschaft

Kon­go­stra­ße Kon­go, 1885–1960 fran­zö­si­sche bzw. bel­gi­sche Kolo­nie, heu­te Repu­blik Kon­go bzw. Demo­kra­ti­sche Repu­blik Kon­go. In der Hoff­nung auf eine spä­te­re Über­nah­me von ‘Bel­gisch-Kon­go’, das zwi­schen Kame­run im Wes­ten sowie Ruan­da, Burun­di und Tan­sa­nia (1885−1919: Kolo­nie ‘Deutsch-Ost­afri­ka’) im Osten lag, sicher­te sich Deutsch­land (Marok­ko-Kon­go- Abkom­men mit Frank­reich 1911) die Kolo­ni­al­herr­schaft über den Nor­den des fran­zö­si­schen Teils (1911−14: ‘Neu­ka­me­run’).

Moha­si­stra­ße Moha­si, See in der Repu­blik Ruan­da (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch-Ost­afri­ka’)

Ota­wi­st­ra­ße Ota­vi, Ort in der Tsu­m­ebwüs­te in der Repu­blik Nami­bia (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch-Süd­west­afri­ka’). Die Ota­vi Minen- und Eisen­bahn­ge­sell­schaft OMEG, 1900 gegrün­det, beu­te­te das Kup­fer­vor­kom­men in der Kolo­nie ‘Deutsch-Süd­west­afri­ka’ aus.

Pekin­ger Platz Peking, Haupt­stadt Chi­nas, 1900 durch Trup­pen der ‘Ver­ei­nig­ten acht Staa­ten’ – dem Deut­schen Reich, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en, Ita­li­en, Japan, Öster­reich-Ungarn, Russ­land und den USA – unter deut­schem Ober­kom­man­do eingenommen.

Sam­be­si­stra­ße Sam­be­si, Fluss im Nord­os­ten der Repu­blik Nami­bia (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch- Süd­west­afri­ka’), dem so genann­ten ‘Capri­vi­zip­fel’ (nach Reichs­kanz­ler Capri­vi), der den Deut­schen den Zugang zum Sam­be­si ermöglichte.

Samo­a­stra­ße  Samoa, Insel­grup­pe im Pazi­fik, öst­li­cher Teil unter ame­ri­ka­ni­scher Herr­schaft, west­li­cher Teil von 1900–1919 Kolo­nie ‘Deutsch-Samoa’, heu­te unab­hän­gi­ger Staat Samoa.

San­si­bar­stra­ße San­si­bar, Insel­grup­pe und Teil­staat der Ver­ei­nig­ten Repu­blik Tan­sa­nia, ehe­mals oma­ni­sches Sul­ta­nat. Die deut­sche Kolo­ni­al­be­we­gung hoff­te bis 1890 (‘San­si­bar-Hel­go­land-Ver­trag’ mit Groß­bri­tan­ni­en) auf eine Kolo­ni­sie­rung des Archipels.

Swa­kop­mun­der Stra­ße  Swa­kop­mund, Klein­stadt an der Küs­te der Repu­blik Nami­bia, wich­tigs­ter Hafen der ehe­ma­li­gen Kolo­nie ‘Deutsch-Süd­west­afri­ka” (1884−1919), von 1904 bis 1907 Stand­ort eines der ers­ten deut­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger, in dem Tau­sen­de Here­ro umkamen.

Tan­ga­stra­ße Wäh­rend des sog. ‘Ara­ber-Auf­stands’ 1889 besetz­te Her­mann von Wiß­mann, Reichs­kom­mis­sar der Kolo­nie ‘Deutsch-Ost­afri­ka’ (1884−1919) Tan­ga, einen Küs­ten­ort in der heu­ti­gen Ver­ei­nig­ten Repu­blik Tan­sa­nia; damit galt die ost­afri­ka­ni­sche Küs­te “wie­der in deut­schen Hän­den”. Im Novem­ber 1914 besieg­ten in Tan­ga die deut­schen Kolo­ni­al­trup­pen ein bri­ti­sches Lan­dungs­heer (‘Schlacht von Tanga’).

Togo­stra­ße Togo, 1884–1919: deut­sche Kolo­nie in West­afri­ka, heu­te Repu­blik Togo; außer der Togo­stra­ße ist auch der Klein­gar­ten­ver­ein Togo e.V. danach benannt. 

Trans­vaal­stra­ße Trans­vaal, bis 1902 unab­hän­gi­ge Repu­blik im süd­li­chen Afri­ka, die nie­der­län­disch-stäm­mi­ge Siedler:innen nach der Ver­trei­bung der dort ein­hei­mi­schen Zulu aus­rie­fen. Die deut­sche Regie­rung sym­pa­thi­sier­te mit dem Krieg der Buren gegen die Kon­kur­renz­macht Groß­bri­tan­ni­en (1899−1902).

Ugan­da­stra­ße Ugan­da, 1884–1962 bri­ti­sche Kolo­nie, heu­te Repu­blik Ugan­da, Ver­su­che deut­scher Kolo­ni­sie­rung bis 1890 (‘San­si­bar-Hel­go­land-Abkom­men’ mit Großbritannien)

Usam­ba­r­a­stra­ße Usam­ba­ra, von euro­päi­schen Sied­lern bevor­zug­te Gebirgs­land­schaft in der Ver­ei­nig­ten Repu­blik Tan­sa­nia (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch-Ost­afri­ka’). Dort ist auch die bekann­te Pflan­ze Usam­ba­ra­veil­chen heimisch.

Wind­huk­er Stra­ße Wind­hoek, Haupt­stadt der Repu­blik Nami­bia (1884−1919: Kolo­nie ‘Deutsch- Süd­west­afri­ka’). Hier stand auch eines der ers­ten deut­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger für die kriegs­ge­fan­ge­nen Herero.

Übri­gens: Das Eis­ca­fé Kibo ist nach dem höchs­ten Berg Afri­kas auf dem Kili­man­dja­ro-Mas­siv benannt; sein Gip­fel heißt heu­te Uhu­ru Peak (Uhu­ru: Frei­heit), der wäh­rend der deut­schen Kolo­ni­al­herr­schaft über Tan­ga­ny­ika (1885−1919: ‘Deutsch-Ost­afri­ka’) als ‘Kai­ser-Wil­helm-Spit­ze’ bezeich­net und sogar als ‘höchs­ter Berg des Deut­schen Rei­ches’ bezeich­net wurde.

Kunstwerk: Zebras aus Mosaiksteinen
Mosa­ik im U‑Bahnhof Afri­ka­ni­sche Stra­ße © Stef­fen Geyer

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