Der interkulturelle Gemeinschaftsgarten himmelbeet gibt seinen bisherigen Standort an der Ruheplatzstraße auf und wird an die Gartenstraße in die Nähe der Humboldthain-Grundschule ziehen. Das bestätigte Jonas Flötotto, Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH: “Das Bezirksamt Mitte hat einen entsprechenden Beschluss schon gefasst.” Der neue Standort befindet sich auf einer öffentlichen Grünfläche.
Bisher hatte das dafür zuständige Straßen- und Grünflächenamt (SGA) alle Versuche kategorisch abgelehnt, auf offiziell gewidmeten Grünflächen im Bezirk irgendwo Gemeinschaftsgärten zu dulden. Etwa im Umfeld des Centre Francais de Berlin an der nördlichen Müllerstraße, wo die Hochbeete des Nachbarschaftsgartens “Rote Beete” auf dem ehemaligen Parkplatz des deutsch-französischen Kulturzentrums stehen und nicht auf dem vom Centre zwar gepflegten, aber vom Bezirk verwalteten Grünbereich.
Unter ihrer neuen Leitung hat das SGA die alte kategorische Grundhaltung offenbar korrigiert. Und das ist auch nachvollziehbar: Die kleine öffentliche Grünfläche zwischen dem nördlichen Zipfel der Gartenstraße und den S-Bahn Gleisen verursacht dem SGA nämlich nur Kosten, bringt aber dem Gemeinwesen anderseits kaum Nutzen. Denn mit dem Volkspark Humboldthain und dem Park auf dem Nordbahnhof gibt es wesentlich attraktivere und größere Grünbereiche in unmittelbarer Nähe. In dem kleinen Sandkasten der Grünfläche sieht man denn auch so gut wie nie ein Kind spielen. Wenn überhaupt, dann sitzen auf den Bänken dort höchstens mal ein paar Bewohner des benachbarten Aufnahmewohnheims Grenzstraße für wohnungslose Männer, das vom “Internationalen Bund” betrieben wird.
Ein Gemeinschaftsgarten an dieser Stelle wird nicht nur den Etat des SGA Mitte entlasten, das dann nicht mehr ständig den sich hier eigentlich permanent auftürmenden Müll beseitigen muss. Er könnte auch das gesamte Gebiet aufwerten. Denn das Scharnier zwischen dem gründerzeitlich bebautem Wedding und den in den 1970ern und 1980ern nach rigorosem Kahlschlag errichteten Siedlungen des Brunnenviertels könnte, um im Bild zu bleiben, ein paar Tropfen Öl ganz gut gebrauchen: Bislang jedenfalls jagt die Gegend Passantinnen und Passanten eher Schauer über den Rücken. Am Kreisverkehr mit der charmant verfallenen Liesenbrücke treffen sich Volkshochschulkurse für Stadtfotografie, entlang der Fahrbahn vor der Grünanlage entladen Abschleppunternehmen ihre Fracht aus der City-Ost und auf den Bürgersteigen darf man mit regelmäßigen Adrenalinschüben rechnen, wenn einen in geringem Abstand von hinten ein Fahrrad überholt. Durchaus nicht aus bösem Willen: Die normale Fahrbahn ist hier mit noch altertümlichem, will sagen extrem buckligem Kopfsteinpflaster belegt. Das erinnert uns zwar noch an die Zeit vor dem Mauerbau, lässt aber die Schrauben aus dem Fahrrad regelrecht herausvibrieren. Mit dem Rad kommen hier viele vorbei. Die Gartenstraße ist in ihrem weiteren Verlauf südlich der Liesenbrücke nämlich luxuriös mit einem breiten Radstreifen ausgestattet und über die Gerichtstraße und die Triftstraße geht es Richtung Norden und Westen gradewegs auf breiten Nebenstraßen zur Hochschule für Technik und in den zentralen Wedding. Will man auf dem Rad die verkehrsreiche Müllerstraße meiden oder die noch gänzlich von Radverkehrsanlagen unberührte Brunnen- und Badstraße, dann bietet sich trotz des beschriebenen Holperstücks hier eine gute Alternative.
Im neuen Radverkehrswegenetz sollen zudem gleich zwei neue Vorrangrouten in Ost-West-Ausrichtung am künftigen himmelbeet vorbei führen: eine über die Grenzstraße von Pankow nach Moabit und eine andere über die Liesenstraße von Prenzlauer Berg zum Hauptbahnhof. Himmelbeet läge genau dazwischen – kein schlechter Standort für einen (Muster-)Gemeinschaftsgarten.
An der Ruheplatzstraße wird himmelbeet vielen fehlen. An seine Stelle soll ein soziales Projekt treten, dass nach südafrikanischem Vorbild mit Hilfe des Fußballs niederschwellig an Kinder und Jugendliche unterstützen will. Der Amandla EduFootball e.V. will hier einen “Safehub” errichten.
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Text erschien zuerst in der Sanierungszeitschrift Ecke Müllerstraße Ausgabe Dez. 2021
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