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Hübsches Raster aus Rot und Gelb:
Radverkehrsnetz in Planung

4. November 2021
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Aus­schnitt aus dem Rad­ver­kehrs­netz für Berlin

Dar­auf hat­ten die Ber­li­ner Ver­kehrs­in­itia­ti­ven lan­ge gewar­tet: Kurz vor der Wahl beschloss der Senat einen Pla­nungs­ent­wurf für das künf­ti­ge Ber­li­ner Rad­ver­kehrs­netz und ver­öf­fent­lich­te ihn in Form einer gro­ßen Kar­te. Beim Wed­ding hat er dabei im Gro­ßen und Gan­zen recht ordent­lich gear­bei­tet. Aller­dings muss das Netz auch noch umge­setzt werden.

Das Rad­ver­kehrs­netz besteht aus einem Vor­rang­netz (auf der Kar­te in roter Far­be) und einem Ergän­zungs­netz (gelb). Die Rad­ver­kehrs­an­la­gen im Vor­rang­netz sind brei­ter (2,50 Meter) als im Ergän­zungs­netz (2 Meter) und sol­len zudem vor­ran­gig aus­ge­baut wer­den. 2,50 Meter – ohne Begren­zungs­mar­kie­run­gen – rei­chen, um ande­re Räder, auch Las­ten­rä­der, über­ho­len zu kön­nen. Das nutzt auch den Auto­fah­rern: Wenn die Ampel auf Grün springt, star­tet auf einem brei­ten Rad­strei­fen der Pulk der Rad­fah­rer in Dop­pel­rei­he. Zu Stoß­zei­ten macht das eine Men­ge aus: Man hat dann als moto­ri­sier­ter Rechts­ab­bie­ger noch eine Chan­ce, über die Kreu­zung zu kommen.

Radsymbol auf den Beton gemalt. Foto: Hensel

Den Wed­ding durch­zie­hen im neu­en Plan zwei gro­ße Vor­rang­ach­sen von Nord­west nach Süd­ost: Die Togo- bzw. Mül­lerstra­ße sowie die Residenz‑, Bad- und Brun­nen­stra­ße. Drei wei­te­re Ach­sen kreu­zen im 90-Grad-Win­kel: über die See- und die Ungarn­stra­ße, über Luxemburger‑, Schul‑, Bad- und Grün­ta­ler Stra­ße sowie eine wei­te­re im Süden über Sel­ler- und Grenz­stra­ße am Hum­boldt­hain vor­bei in die Behm­stra­ße. Auf der Kar­te ergibt sich ein hüb­sches Ras­ter, in der Rea­li­tät jedoch war­tet ein Hau­fen Arbeit: Noch vor der Wahl hät­te eigent­lich der Bau an einem zen­tra­len Teil­stück der Rad­ver­kehrs­an­la­ge Mül­lerstra­ße begin­nen sol­len. Ange­kün­digt war es, man war­te­te aber ver­geb­lich. Und auch die Togo­stra­ße hät­te eigent­lich längst schon zur Fahr­rad­stra­ße aus­ge­schil­dert wer­den sol­len. Es dau­ert eben alles ein biss­chen län­ger in Ber­lin und kei­ner erfährt so rich­tig, wor­an das eigent­lich liegt.

Wenigs­tens sind in Tei­len der Mül­lerstra­ße seit eini­ger Zeit schon Rad­strei­fen auf die Fahr­bahn gepin­selt, zwar nicht mit der Brei­te von 2,50 Meter, aber immer­hin. In der Brun­nen- und Bad­stra­ße sucht man jeg­li­che Rad­ver­kehrs­an­la­gen ver­geb­lich. In der Luxem­bur­ger und Schul­stra­ße fal­len sie ultrasch­mal aus, auch in der See­stra­ße sind sie unter­di­men­sio­niert und auf dem Bür­ger­steig ver­bannt, so wie das frü­her so üblich war. Auf­wän­dig umbau­en kann man die­se Stra­ßen in den kom­men­den Jah­ren wohl kaum. 

Dazu fehlt nicht nur das Geld, son­dern vor allem die Pla­nungs­ka­pa­zi­tät. Zumal das alles zwi­schen Senat und Bezirk sorg­sam abge­stimmt wer­den muss, bei Haupt­ver­kehrs­stra­ßen ist der Senat für die Fahr­bahn zustän­dig, der Bezirk aber für den Bür­ger­steig. Am ein­fachs­ten ist es, groß­flä­chig Park­plät­ze abzu­bau­en und/oder aus dop­pel­spu­ri­gen Rich­tungs­fahr­bah­nen ein­spu­ri­ge zu machen. Aber selbst dann blei­ben noch reich­lich Pro­ble­me, die geklärt wer­den müs­sen: Wie umge­hen mit Bus­hal­te­stel­len? Was ist mit den Lade­zo­nen und wo kön­nen Behin­der­te par­ken? Und was wird aus den gelb mar­kier­ten Stra­ßen im soge­nann­ten Ergän­zungs­netz? Ver­mut­lich wird sich bei ihnen erst­mals gar nichts groß ändern. Nur wenn sich in bestimm­ten Gebie­ten zusätz­li­che Mit­tel aus Städ­te­bau­för­der­pro­gram­men auf­trei­ben las­sen, könn­ten dort grö­ße­re Umbau­maß­nah­men finan­ziert wer­den. Ansons­ten haben die roten Vor­ran­g­rou­ten Prio­ri­tät. Nur wenn Maß­nah­men ein­fach und ohne gro­ßen Auf­wand umge­setzt wer­den kön­nen, haben die gel­ben eine Chan­ce. Dazu könn­te bei­spiels­wei­se die Ein­rich­tung von Fahr­rad­stra­ßen gehö­ren. Bis­lang setzt das Bun­des­recht dafür aber hohe Hür­den. Der Rad­ver­kehr muss auf die­sen Stra­ßen schon vor der Ein­rich­tung der Fahr­rad­stra­ßen “die vor­herr­schen­de Ver­kehrs­art” sein oder es muss zu erwar­ten sein, dass er das wird. Das zu bewei­sen, ist büro­kra­tisch auf­wän­dig. Ein neu­es Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um könn­te da eini­ges ver­ein­fa­chen und damit die Ver­kehrs­wen­de in unse­ren Städ­ten beschleunigen.

Autor: Chris­tof Schaffelder

Ent­wurf des Ber­li­ner Radverkehrsplanes

Die­ser Text erschien in leicht ver­än­der­ter Form zuerst in der Sanie­rungs­zeit­schrift Ecke Mül­lerstra­ße Aus­ga­be Nov. 2021

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