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Am Eingang zum Strandbad:
Ein Fahrradtraum am Plötzensee

Eine Fahrrad Service Station am Fahrradparkplatz des Strandbads
31. März 2021
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Fahrrad Station Plötzensee
Ben­ja­min Weiß­stern an sei­nem Werk­statt-Con­tai­ner. Foto: Hensel

Es gibt Geschäfts­ideen, die lie­gen eigent­lich auf der Hand. Doch manch­mal dau­ert es etwas, bis jemand auf den Gedan­ken kommt. So ist das mit dem neu­es­ten Zugang im Strand­bad Plöt­zen­see. Ben­ja­min Weiß­stern wird das Strand­bad ab 1. Mai mit sei­ner Fahr­rad Sta­ti­on ergän­zen. Plöt­zen­see-Bade­strand-Rad­tour-Fahr­rad Ser­vice Sta­ti­on. In weni­gen Wochen fügt sich zusam­men, was als Gedan­ke im Kopf eines Lebens­künst­lers begann und auf der Wed­ding­wei­ser Pinn­wand sei­nen Lauf nahm.

Wer regel­mä­ßig auf der Wed­ding­wei­ser Pinn­wand auf Face­book unter­wegs ist, der kennt den Namen Ben­ja­min Weiß­stern gewiss. Er ist zur Stel­le, wenn jemand Hil­fe sucht, ein Werk­zeug aus­lei­hen möch­te oder eine Repa­ra­tur fürs Fahr­rad benö­tigt. Oft hat er sei­ne Hil­fe bei Pro­ble­men ange­bo­ten, oft konn­te er dann wirk­lich hel­fen. Und genau so soll es auch im Strand­bad Plöt­zen­see blei­ben. „Ich will nicht super­reich wer­den. Ich will ein­fach ver­nünf­ti­ge Arbeit machen in einem guten Umfeld“, sagt Ben­ja­min Weiß­stern. Die­ses Umfeld habe er mit dem Strand­bad gefun­den. „Ich pas­se hier per­fekt rein. Alles hier ent­spricht mei­ner Ideo­lo­gie“, sagt er. Mit Ideo­lo­gie meint er den Wunsch, unkom­pli­ziert anpa­cken zu kön­nen, etwas auf­zu­bau­en im Zusam­men­spiel mit ande­ren zupa­cken­den Men­schen. Ehr­li­che Arbeit, ehr­li­che Menschen.

Vom Container zur Werkstatt

Fahrrad Station Plötzensee

Sei­ne Fahr­rad Ser­vice Sta­ti­on hat Ben­ja­min Weiß­stern in den ver­gan­ge­nen Wochen direkt neben dem Ein­gang des Strand­bads auf­ge­baut. Sie besteht aus einem umge­bau­ten Con­tai­ner. Fens­ter sind inzwi­schen drin, eine Tür, der Innen­aus­bau ist in vol­lem Gan­ge. Vor sei­ner Tür: fast 900 Qua­drat­me­ter mit Fahr­rad­stän­dern. Eine per­fek­te Lage, könn­te man sagen. Ben­ja­min Weiß­stern möch­te den Radler:innen, die zum Strand­bad kom­men, aber auch den Rad­wan­de­rern einen Repa­ra­tur­ser­vice anbie­ten. Schließ­lich führt der Rad­fern­weg von Ber­lin nach Kopen­ha­gen direkt an sei­nem Con­tai­ner vor­bei. Dabei gehe es ihm nicht dar­um, teu­re Ersatz­tei­le an den Mann oder die Frau zu brin­gen. „Vie­le Men­schen sind genervt von Fahr­rad­lä­den, in denen tech­nik­af­fi­ne Selbst­dar­stel­ler arbei­ten. Sie haben ein Pro­blem mit dem Rad und wol­len, dass es besei­tigt wird“, beschreibt er sei­ne Beob­ach­tung. Genau das möch­te er anbie­ten: Rei­fen fli­cken, Brem­sen nach­zie­hen, das Licht repa­rie­ren – Fahr­rä­der ein­fach wie­der funk­ti­ons­fä­hig machen.

Ben­ja­min Weiß­sterns Geschich­te als Fahr­rad­schrau­ber begann vor lan­ger Zeit. „Ich bin schon als klei­ner Jun­ge fahr­rad­be­geis­tert gewe­sen, habe alte Oma­rä­der aus dem Sperr­müll geret­tet und sie repa­riert“, sagt er. Damals war er 13 Jah­re alt. Sei­ne Räder waren pink und lila lackiert und waren ech­te Hip­pie-Räder. Ende der 1980er Jah­re kam Ben­ja­min Weiß­stern aus Baden-Würt­tem­berg nach Ber­lin. Hier schlug er sich als Stra­ßen­händ­ler durch und kam wie­der aufs Rad, die­ses Mal aufs Drei­rad. Die damals noch neu­en Las­ten­rä­der, die heu­te jeder kennt, waren frü­her noch unbe­kannt: „Ich war total begeis­tert von den Rädern. Per­fekt für Stra­ßen­händ­ler wie mich oder auch für Fami­li­en, dach­te ich“. Ab den 1990er Jah­ren ver­trieb er als Pio­nier der Bran­che die bekann­ten Chris­tia­nia-Las­ten­rä­der aus Däne­mark in Deutsch­land und star­te­te mit viel Enthu­si­as­mus. Doch sei­ner Zeit war er wohl vor­aus. Die Räder ver­brei­te­ten sich damals nicht wie erhofft: „Ich war Pio­nier, hab viel Geld rein­ge­steckt. Es war die fal­sche Zeit.”

Doch Lebens­künst­ler wie Ben­ja­min Weiß­stern fin­den immer einen neu­en Weg. In sei­nem Fall führ­te der in den IT-Bereich, in die Tür­kei, wie­der zurück nach Deutsch­land, in den Wed­ding und schließ­lich auf die Wed­ding­wei­ser Pinn­wand. „Ich merk­te, dass Fahr­rä­der noch immer mein Ding sind. Ich möch­te an Fahr­rä­dern schrau­ben und mit Men­schen zu tun haben“, sagt er.

Der Fahrrad Station auf die Sprünge helfen

Fahrrad Station Plötzensee
Ein Teil von Ben­ja­min Weiß­sterns Werk­zeug zur Fahr­rad­re­pa­ra­tur. Oben rechts: Fahr­rä­der repa­rie­ren will er ab 1. Mai im Con­tai­ner am Plöt­zen­see. Fotos (2): privat

Das neue Kapi­tel im Leben das rüh­ri­gen und unkon­ven­tio­nel­len Unter­neh­mers beginnt im Mai im Strand­bad Plöt­zen­see. Vor­her hat er aber noch viel zu tun, damit der Werk­statt-Con­tai­ner ein­satz­be­reit ist, in dem er dann ganz­jäh­rig tätig sein möch­te. Bei der Finan­zie­rung sei­ner Idee setzt er auf sein Netz­werk und die Wed­ding­wei­ser Pinn­wand. Dort hat­te er eine Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne gestar­tet. Er ver­kauf­te Fahr­rad­war­tun­gen im Vor­aus und möch­te so das nöti­ge Geld für den Start zusammenbekommen.

Neu­er­dings hat der Fahr­rad Ser­vice Sta­ti­on Plöt­zen­see auch eine eige­ne Face­book-Sei­te. Dort kön­nen alle, die sich für die­ses neu­es­te Puz­zle in der ste­tig wach­sen­den Strand­bad-Fami­lie inter­es­sie­ren, den Fort­gang des Pro­jekts ver­fol­gen. Ben­ja­min Weiß­stern dankt dort Spen­dern, ver­öf­fent­licht Fotos von der Lie­fe­rung des Werk­statt-Con­tai­ners, vom Aus­bau und von wei­te­ren geplan­ten Facet­ten sei­nes Fahr­rad­traums am Plötzensee.

Öff­nungs­zei­ten: Mo-Sa 11 – min­des­tens 18 Uhr

Web­sei­te; E‑Mail, am Bes­ten vor­her durch­ru­fen: Tele­fon (0163) 9 10 95 76

So sieht der Con­tai­ner aus, seit er von einem Künst­ler gestal­tet wurde

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

3 Comments

  1. Mein Rad blinkt wie­der ;wie Neu;Mega,dadurch schafft man nicht mit selberwaschen.Ein sehr schö­nes Tref­fen mit dem gan­zen Team,sehr freund­li­che Men­schen und das in Berlin,Diesen Aus­flug kann ich sehr empfehlen,ein schö­nes Erlebniss.

  2. So unkom­pli­ziert, wirk­lich hel­fend & nach Wunsch wie am Fahr­rad­con­tai­ner hat­te ich es im Lau­fe der letz­ten Mona­te in Ber­lin nicht erlebt.
    Ich hat­te erfah­ren, dass Fahr­rad­lä­den doch die meis­te Koh­le mit ihren Neu­ver­käu­fen ver­die­nen & Repa­ra­tur­ter­mi­ne an älte­ren Rän­dern nur sel­ten ver­ge­ben werden.
    Ich bin Xtrem zufrie­den mit der Art & Wei­se von Benjamin.
    Obwohl ich ein sehr altes Fahrrsd habe war sei­ne Repa­ra­tur­be­reit­schaft super­spon­tan & er konn­te mir rea­lis­tisch für die Radel­zu­kunft wei­ter helfen-
    auch für mei­nen Arbeits­be­reich in der häus­li­chen Krankenpflege.
    Sehr cool !~~~)

  3. […] Ein Fahr­rad­traum am Plötzensee—Weddingweiser […]

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