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Dönerpreisbremsen-Plakat auf der Müllerstraße:
Ist der Döner zu teuer?

Ein Plakat mit einem Döner hat in der vergangenen Woche im Wedding für Aufmerksamkeit gesorgt. Unter einem Bild von dem Imbissschlager steht schlicht „Drei Euro Fünfzig“. Die Künstleraktionsgruppe „Angst Yok“, die am äußersten Rand des Wedding ihre offizielle Adresse hat, hat ihre Botschaft auf dem Mittelsteifen der Müllerstraße platziert und stellte damit eine ganz aktuelle Diskussion mitten in den Stadtteil: Preissteigerungen.

Plakat der Gruppe "Angst Yok" auf der Müllerstraße. Foto: Valentin Hillinger
Plakat der Gruppe "Angst Yok" auf der Müllerstraße. Foto: Valentin Hillinger

Ein Plakat, eine Forderung

Auf ihrem Instagramkanal (www.instagram.com/angst.yok) schreibt die Gruppe unter das Plakatmotiv: „Dringliches Volksverlangen nach drastischer Preisdeckelung des Bundesleibgerichts! Horrender Wucher von Flense bis Kempten und vom Rhein bis an die Oder. Çüş!!“. Auch wenn sich die Partei, deren EU-Wahlplakat für die Aktion illegal überklebt wurde, darüber nicht gefreut haben dürfte, stimmt sie in der Sache vielleicht sogar zu.

Denn verschiedene Parteien haben eine ähnliche Forderung nach einer Preisdeckelung bereits ins Gespräch gebracht. Allen voran die Satirepartei Die Partei, die eine Dönerpreisbremse schon 2021 (zusammen mit einer Bierpreisbremse) forderte. Doch auch die SPD, Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg, hat den Slogan „Dönerpreisbremse“ bereits plakatiert. Die Linke hat sich sogar schon zu Details ihrer Idee von Preisbegrenzung geäußert. Maximal 4,90 Euro sollte ein Döner laut der Partei kosten, den Rest soll der Staat übernehmen. Falls sich jemand gefragt hat, hinter welche Partei sich die Weddinger Aktionskünstler mit ihrer inzwischen abgerissenen Alltagsirritiation stellen, dann lautet die Selbstauskunft von „Angst Yok“: hinter keine. Im Instagrampost haben sie nachträglich ergänzt: „(Keine Verbindung zu politischen Parteien!)“

Teuerungen bei Döner, Currywurst und Co

Doch zur Sache selbst. Inflation ist ein abstrakter Begriff. Aber die Zahl 7 als Europreis für einen Döner ist konkret – und Teuerungen sind so alt wie das Geld – und doch kommen sie überraschend. In den zurückliegenden Jahren lag die Inflationsrate in Deutschland bei zehn Prozent – das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik bislang nicht gegeben. Der Wert ist spürbar. Das zeigt sich an den Beispielen Döner, Currywurst und Hamburger. Ein Test auf der Straße im Wedding.

Billig, auf die Hand, schnell zubereitet – das ist das Versprechen des Döners seit seiner Erfindung in den frühen 1970er Jahren. Mit seinem unschlagbaren Preis hat das drehende Grillfleisch von Berlin aus ganz Deutschland erobert. So gab es vor zwanzig Jahren den berühmt-berüchtigten Ein-Euro-Döner. Vor nicht allzu langer Zeit waren vier bis 4,50 Euro das gefühlte Maß für einen fairen Dönerpreis. Heute kann von einem Unterbietungswettbewerb keine Rede mehr sein. Selbst dort, wo zahlreiche Anbieter beinahe Tür an Tür die Spieße drehen, ist 6,50 Euro ein Tiefenrekord. Sieben bis acht Euro für den klassischen Döner im Brot sind das gängige Marktniveau. Witz für Kenner: Den wahren Döner gibt es bei Hakiki, denn das türkische Wort hakiki bedeutet wahr, echt, wirklich.

Kommste vonne Schicht…

Einst galt die Currywurst als das Essen der Wahl, wenn der kleine Hunger kneift. Erfunden wurde die Wurst ohne Darm und mit scharfer, roter Soße wurde Ende der 1940er Jahre in Berlin. Heute brät zum Beispiel die Curry Baude am Bahnhof Gesundbrunnen Würstchen mit und ohne Darm. Wer zwei Würste mit Brot nimmt, der zahlt 5,10 Euro. Eine einzelne Wurst kostet 2,50 Euro und als Spezialversion 2,90 Euro. Eine Handvoll Pommes kostet zwei Euro. An der Kreuzung Osloer Straße und Prinzenallee gibt es bei Curry und Chili die schärfste Wurst. „Wo Männer noch weinen dürfen“, steht in großen Buchstaben am Kiosk direkt an der Straßenbahnhaltestelle. In etwas kleinere Schrift ist zu lesen: „Verzehr auf eigene Gefahr“. Zehn Schärfen stehen zur Auswahl. Wer es im Mund so richtig heiß werden lassen möchte, bestellt das Menü mit zwei Curry-Würsten und Pommes für 8,20 Euro oder ordert Wurst und Pommes einzeln für 2,80 Euro.

Teuer – aber vielleicht auch gut so?

Das ein Imbissessen mehr als ein paar Pfennige kostet, ist allerdings nur auf den ersten Blick schlecht. Denn es liegt nicht nur an der Mehrwertsteuer, dass es Döner und Currywurst nicht mehr fast umsonst gibt. Kleine Rechnung: Am 1. Januar erhöhte sich die Umsatzsteuer in der Gastronomie von sieben auf 19 Prozent. Das heißt, ein Döner, der jetzt sieben Euro kostet, hätte vorher 6,28 kosten müssen. Das ist weit entfernt von vier oder fünf Euro. Wo kommt die Preissteigerung her?

Zum einen ist der Mindestlohn stark gestiegen. Vor fünf Jahren lag die Verdienstuntergrenze bei einer 40-Stunden-Woche bei 1589 Euro pro Monat. Heute liegt das Minimum bei 2146 Euro. Das sind schon eine ganze Menge zusätzliche Döner oder Currywürste, die monatlich verkauft werden müssen. Das Ziel, dass jeder Mensch von seinem Lohn vernünftig leben kann, funktioniert nicht mit Niedrigstpreisen. Diese beruhen auf Ausbeutung. Ein zweiter Kostenfaktor ist die Energie. In Imbissständen heizt den ganzen Tag über ständig irgendein Gerät. Die Energiekosten sind entsprechend hoch. Somit erlaubt der Döner einen Blick in die Zukunft. Denn Energie war in der Menschheitsgeschichte immer eine teure Angelegenheit. Angefangen bei der Muskelkraft über Wind- und Wassermühlen bis zur ersten Dampfmaschine. Jetzt scheint die Rückkehr zu dieser Normalität zu beginnen. Der Döner für ein Taschengeld – er ist vermutlich Geschichte.

Hallo, ich bin der Neue, der Hamburger!

Im letzten Jahrzehnt haben Hamburger die Straßen auch im Wedding erobert. Zum Beispiel gibt es in der Badstraße den Laden Smack Burger. Das Geschäft ist im amerikanischen Stil eingerichtet. Die Preise beginnen bei 7,90 Euro und reichen bis 9,50 Euro. Eine Portion Pommes kostet 4,50 Euro. Im Rebel Room, der seit 2013 in einem Kiosk am Friedhof Seestraße Hamburger verkauft, kosten die Pommes 3,50 Euro, die Burger beginnen bei acht Euro. Beim frisch eröffneten PIA in der Brunnenstraße kostet ein Hamburger-Menü mit Pommes und Getränk ab 9,90 Euro.

Zehn statt fünf Euro für das schnelle Essen am Stand – das ist offenbar das neue Normal. Bessere Qualität – nicht nur in Form angemessener Löhne für die Beschäftigten – hat ihren gestiegenen Preis.

Burger mit Pommes (hier: Rebel Room Burger)

Wir stellen nur Fragen

Was denkt ihr? Ist der Döner zu teuer? Oder war er einfach jahrelang viel zu billig? Denkt ihr, die Qualität steigt mit dem Preis? Ist es ok, mehr zu bezahlen, wenn die Menschen in der Branche dafür Mindestlohn bekommen? Wo, denkt ihr, ist das Ende der Preisspirale? Wo ist eure persönliche rote Linie beim Dönerpreis? Schreibt es gern in die Kommentare.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

10 Comments Leave a Reply

  1. Leckeres Thema, Streetfood. Currywurst und Döner, Top beim Ranking der Hunnenvarianten im Prole Drift der Eßkultur. Wohl bekomm´s. Einst vom Kaffeehaus, über Stehkaffee zum Coffee-to-go. Wo bleibt Coffee-to-run? Beim Futter führend, teuer oder nicht, Currywurst und Döner mit Ingredienzien zweifelhafter Natur. Peter Ustinovs denkwürdige Reaktion nach Verkostung deutscher Currywurst ist mir erinnerlich: „Mit Ketchup ruiniert man zuverlässig jedes Gericht.“ Besser mehr ausgeben für Grundnahrungsmittel. Vernünftiges Vollkornbrot ist teuer, entschädigt mit Nährwert und Geschmack. Fleisch und Wurst sehe ich als entbehrliche Beilagen. Nicht, daß ich Vegetarier oder Veganer wäre.

    • Hallo Detlef Rogge
      bitte was ist …. Top beim Ranking der Hunnenvarianten im Prole Drift der Eßkultur. ???
      Currywurst und Döner mit Ingredienzien zweifelhafter Natur…… wunderbar formuliert, wollte ich auch erst erwähnen in meinem Kommentar….
      Oben letzter Satz stimme ich ebenfalls zu… Fleisch gelegentlich, Wurst seit gut 35 !!! Jahren nicht mehr gegessen…. weil auch hier Inhalte zweifelhafter Natur , zb Tierblut brrr pfui
      Gruß

  2. Hallo

    ich spendiere mir hin und wieder ein leckeres Frühstück in "meinem" lieblings Cafe .... verrate aber nicht wo 🙂
    Mir ist es richtig egal wieviel Döner und Co kostet ... ist keine wirklich vernüntige Ernährung für mich... unverarbeitete Lebensmittel kaufen und selber kochen , das ist ok und es macht Spaß
    Den Dönerpreis deckeln und der Staat ubernimmt den Rest .... also Steuergeld welches der Staat einnimmt und von wem nimmt er Steuern ein !!?? von uns Allen , also bezahlste den Döner doch aus deiner Tasche .... wäre dasgleiche wie beim 49Euro Ticket....

    in diesem Sinne

  3. Gerade im Wedding ist noch einige Luft für die Qualitätsverbesserung - wenn ich Kreuzberg oder Moabit als Maßstab nehme.

    Zum Preis: Mindestlohn ist Pflicht, damit unser Land nicht verwahrlost. Wenn der Chef keinen Mindestlohn zahlt, darf er nicht mehr als 3,50€ verlangen.

  4. Beim Döner muss man es machen wie im Supermarkt: Auf Sonderangebote achten! Irgendwo macht im Wedding immer ein neuer Dönerstand auf. Und dann gibt es für ein paar Tage als Einstiegsangebot wieder Döner für 3,50 Euro. 🙂
    Dass in Dönerbuden Mindestlohn gezahlt wird, halte ich für ein Gerücht.

    • Ich glaube auch nicht das die für den Mindestlohn arbeiten. Die haben türkische abeitsverhältnisse. Zum Döner an sich würde ich mal sagen das hier zuviel drin ist im Döner da wird ein Erwachsener mann gut satt und das über stunden. Wenn weniger drinn wäre an Fleisch und Gemüse könnten die den Döner für 5 Euro verkaufen. Hat man an der strassenbahn Haltestelle seestrasse gesehen wo nicht soviel drin war aber 5 Euro 50 gekostet hat seit einem Monat allerdings 6 Euro.

  5. Es gibt gesündere Alternativen zum Döner. Allerdings finde ich 7 oder 8 Euro auch viel zu teuer. 3,50 allerdings ist Blödsinn. Das wird es nicht mehr geben, genauso wenig wie billige Flüge nach Kreta oder Palma d Mallorca ...

  6. ich persönlich fand 3.50 Euro zu billig, aber 8.00 Euro sind zu teuer und ich glaube nicht, dass sich die Qualität verbessert hat. Auch Currywurst und Pommes, Burger, etc. empfinde ich als zu teuer für nur so mal zwischendurch.
    Schade, Döner war meine Leibspeise.

  7. Ist doch nur gut wenn Fleisch teuer ist, auch wenn die Masse die irreführenderweise idR als Dönerfleisch bezeichnet wird zu 51% aus Wasser und Bindemitteln besteht. Je teurer der Döner desto besser für Tiere und Umwelt und somit auch für mich. Mindestlohn, was für eine schöne Hintertür 🙂

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