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Die Gesundbrunnen

12. April 2023

Orte, die irgend­wie Wed­ding hei­ßen oder so ähn­lich, sind nicht leicht zu fin­den. Der Gesund­brun­nen dage­gen hat eine gro­ße Fami­lie, dut­zen­de Orte und Stadt­tei­le ver­spre­chen hei­len­des Was­ser. Das Erbe einer Mode­wel­le. Und auch wenn das 9‑Eu­ro-Ticket nun ein 49-Euro-Ticket wird, haben wir immer dazu geschrie­ben, wie ihr die Gesund­brün­ner mit Öffent­li­chen erreicht. 

Warum so viele Gesundbrunnen?

Johann Fried­rich Zückert ver­fass­te 1776 die “Sys­te­ma­ti­sche Beschrei­bung aller Gesund­brun­nen und Bäder Deutsch­lands”. Er erfass­te damit eine Mode­er­schei­nung der dama­li­gen Zeit und erwähn­te auch unse­ren Gesund­brun­nen vor den Toren Ber­lins. Klar, dass es des­halb auch heu­te noch eine Men­ge Orts­be­zeich­nun­gen Gesund­brun­nen gibt. Span­nend ist, dass die von Zückert gleich in der ers­ten Zei­le sei­nes Buches erwähn­ten Bäder Carls­bad (Kar­l­o­vy Vary), Pyr­mont, Eger (Cheb) und Spa (Bel­gi­en) heu­te immer noch Kur­or­te sind, aber die Bezeich­nung Gesund­brun­nen bei­sei­te lassen. 

Halle

Ein dem ursprüng­li­chen Brun­nen­haus des Ber­li­ner Gesund­brun­nens ähn­li­cher Pavil­lon steht in Hal­le. Die Heil­quel­le, die dem klei­nen Hal­len­ser Stadt­teil sei­nen Namen gab, spru­delt noch heu­te. Erwähnt wird die “hei­li­ge Quel­le” bereits 1310. Für Zückert gilt sie als “Mar­tia­li­sche” oder als “Stahlwasser”-Quelle. Um 1807 ent­wi­ckel­te sich ein Kur­be­trieb. Ein Bür­ger­ver­ein hat das Brun­nen­haus 2012 instand­ge­setzt. Da das Was­ser nicht mehr offi­zi­ell als Heil­was­ser gilt, wird die Quel­le über die Kana­li­sa­ti­on abge­lei­tet. Hal­le ist gut mit der Bahn zu errei­chen und die Stadt unter­hält ein gutes inner­städ­ti­sches Nah­ver­kehrs­netz mit Bus­sen und Straßenbahnen.

Sagard

Eben­falls über ein sanier­tes Brun­nen­haus ver­fügt der Gesund­brun­nen in Sagard auf Rügen. Der 1795 eröff­ne­te Brun­nen mach­te die klei­ne Ost­see­stadt zum ers­ten Bade­ort auf der Insel. Doch die Kon­kur­renz schlief nicht, die 1810 neu ange­leg­te Kur­stadt Put­bus sorg­te für den Nie­der­gang. 2007 wur­de der Park mit dem Brun­nen­haus saniert. Sagard liegt an einer Regionalexpress-Strecke.

Hofgeismar

Ein schö­ner Tem­pel fin­det sich im Schloss­park Hof­geis­mar bei Kas­sel. Im 18. Jahr­hun­dert ent­stand hier eine präch­ti­ge Bade­an­la­ge. Ent­deckt wor­den war die Quel­le im 17. Jahr­hun­dert. Zückert schreibt: “Die Gall­äp­fel fär­ben den Trink- und den neu­en Bade-Brun­nen roth, den alten Bade­brun­nen aber blas­gelb.” Nach­dem Kas­sel 1866 zu Preu­ßen kam, ende­te die Zeit der Kur­an­la­ge. Hof­geis­mar liegt an einer als S‑Bahn-Kas­sel bezeich­ne­ten Regionalbahnstrecke.

Bad Düben

Im Nor­den Sach­sens liegt der Kur­ort Bad Düben. Der dor­ti­ge Gesund­brun­nen ist eine natri­um- und nitrit­ar­me eisen­hal­ti­ge Quel­le. Die Stein­ein­fas­sung ist vom Rost gefärbt. Bad Düben ist von Eilen­burg aus mit dem Bus 232 zu erreichen. 

Buckautal

Kurz vor der Gren­ze zu Sach­sen-Anhalt im Amt Zie­sar spru­delt noch heu­te in der bran­den­bur­gi­schen Gemein­de Buck­au­tal ein Gesund­brun­nen. Aus einem Quell­topf kom­men 70 Liter Was­ser pro Sekun­de. Genutzt wird das fri­sche Was­ser für eine Forel­len­zucht. Nach Buck­au­tal fährt ab Bad Bel­zig der Bus 588.

Diesdorf

Um die­sen ver­schwun­de­nen Gesund­brun­nen ran­ken sich die schöns­ten Legen­den von Wun­der­hei­lun­gen. Lei­der war der Heil­quel­le des Dies­dor­fer Gesund­brun­nens bei Mag­de­burg nur eine kur­ze Lebens­dau­er ver­gönnt. 1726 von einem Schä­fer ent­deckt, ende­te die wirt­schaft­li­che Nut­zung bereits 1736. Die Gene­sung von 79 Pati­en­ten soll belegt sein. Tat­säch­lich erwie­sen sich die “Bewei­se” jedoch als nicht stich­hal­tig. Dafür trägt das Dorf bis heu­te den Bei­na­men Quel­len­dorf. Dies­dorf ist ledig­lich per Ruf­bus zu erreichen.

Augsburg

Herr­lich alt und ver­schro­ben ist auch die Geschich­te des Gesund­brun­nens bei Augs­burg. 1402 wur­de sie bereits ent­deckt. Kai­ser Maxi­mi­li­an I soll 1512 von ihr getrun­ken und vom Fie­ber geheilt wor­den sein. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg hieß es dann: Weg mit der Geschich­te. Nach Augs­burg fährt man von Ber­lin mit dem ICE in einem Rutsch durch oder man steigt mehr­mals um. Nach Augs­burg fah­ren meh­re­re Regio­nal­ex­press und Regionalbahnlinien. 

Northeim

Aus einem Gesund­brun­nen wur­de eine Wald­büh­ne in Nort­heim in der Nähe des Har­zes in Nie­der­sach­sen. Die 1803 ange­leg­ten Tei­che, die sich als schwe­fel­hal­tig erwie­sen, zie­hen somit kei­ne Kur­gäs­te mehr an, aber dafür ande­re Unter­hal­tung suchen­de Gäs­te. Ein 1810 errich­te­tes Hotel steht noch heu­te. Nort­heim liegt an einer Regionalexpress-Strecke.

Bautzen

Für eine Plat­ten­bau­sied­lung leg­te die DDR in Baut­zen einen Gesund­brun­nen still, indem die Bau­her­ren sei­ne Sen­ke auf­füll­ten. Der neue Stadt­teil erhielt den Namen Gesund­brun­nen. Der Brun­nen geht auf das Jahr 1551 zurück. Mehr­mals in der Geschich­te sanier­ten die Bautz­e­ner ihren Gesund­brun­nen, zuletzt 1920. Bei einer Nach­for­schung im Mai 2006 wur­de der Brun­nen ver­schlos­sen und unver­sehrt gefun­den. Baut­zen liegt an einer Regio­nal­bahn­stre­cke und ver­fügt über meh­re­re Buslinien.

Buckenhof

Der Voll­stän­dig­keit hal­ber sei noch Gesund­brun­nen Bucken­hof notiert. Das ist eine gefass­te Quel­le bei Bucken­hof im Land­kreis Erlan­gen-Höchstadt in Bay­ern. Der Bus 285 fährt zu die­sem Ort.

Duttweiler

Eben­falls ledig­lich der Voll­stän­dig­keit hal­ber notiert sei der Gesund­brun­nen in Dutt­wei­ler. Es han­delt sich um eine Natur­quel­le in Neu­stadt an der Wein­stra­ße in Rhein­land-Pfalz. Der Ort liegt im Netz der S‑Bahn Rhein-Neckar.

Heilbronn

Viel­leicht eine gute Wand­lung hat der Gesund­brun­nen Heil­bronn hin­ter sich. Statt kal­tem Was­ser aus der Erde gibt es in Heil­bronn am Ort der Quel­le heu­te ein Frei­bad zum Plan­schen. Und statt mine­ra­li­scher Wäs­ser­chen gegen Fie­ber und Tod gibt es das Kli­ni­kum Gesund­brun­nen mit 850 Bet­ten. In Heil­bronn hält der Baden-Würt­tem­bergs RE 8.

Und weitere

Wir sind uns sicher, es gibt noch mehr Gesund­brun­nen. Kennt ihr wel­che? Kommt ihr aus einem? Schreibt uns!

Bild­nach­weis

1. Brun­nen­haus in Hal­le. Foto: Spazierschreiberin/Wikimedia, CC BY-SA 3.0

2. Brun­ne­naue Sar­gard auf Rügen. Foto: Unukorno/Wikimedia, GNU frei

3. Brun­nen­tem­pel am Gesund­brunn­nen Hof­geis­mar. Foto: Fra­jo Wog/Wikimedia, gemeinfrei

4. Gesund­brun­nen­quel­le Bad Düben. Foto: Heidebilder/Wikimedia, CC BY-SA 4.0

5. Quell­sumpf bei Buckau. Foto: Assenmacher/Wikimedia, CC BY-SA 4.0

6. Orts­teil Gesund­brun­nen in Baut­zen. Foto: Juli­an Nyča/Wikimedia, GNU nicht-kommerziell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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