Wusstet ihr, dass es einst eine langgezogene Panke-Insel gab? Als ob der nördliche Teil der ehemaligen Insel nicht schon interessant genug wäre, bietet auch der Bereich südlich der Badstraße viele sehenswerte Besonderheiten. Auch hier kann man auf eine spannende Entdeckungsreise gehen.
Moderner Tanz statt BVG-Werkstatt
Auf der südlichen Hälfte der Insel hatte die Pferde-Eisenbahn-AG bereits 1873 einen Betriebshof eingerichtet, um die erste Pferdebahnlinie Berlins zum Rosenthaler Platz zu betreiben. Auch die erste elektrische Straßenbahn Berlins begann hier; sie fuhr 1895 nach Pankow. Da die Pankeinsel bald zu klein war, erwarb das Verkehrsunternehmen 1890 eine Parzelle an der Uferstraße, die später um weitere Grundstücke erweitert wurde.
Beginnen wir an der Badstraße 41A. Der Südteil der ehemaligen Pankeinsel wurde 1926–31 mit Straßenbahnwerkstätten bebaut (Schließung 1961). Eine Mauer begrenzt den vorgelagerten Hof. Hier kann man das Areal betreten. Heute wird das Gelände völlig anders genutzt: Impulsen aus der freien Tanzszene folgend, entstand ein Standort für zeitgenössischen Tanz. 2008 mietete die Uferstudios GmbH die Gebäude für 25 Jahre an. Nach zweijähriger Zwischennutzung folgte 2010 der Umbau. Im Jahr 2012 erwarb die GmbH das Gelände der Uferstraße 23 in Erbpacht mit einer Laufzeit von 196 Jahren. Architektonisch werden hier Formen der Neuen Sachlichkeit mit expressiven Motiven verbunden. Der innere Hof wird von einem Gebäude begrenzt, das in eine zweite Werkstatthalle übergeht. Den spitz zulaufenden Geländestreifen im Südwesten, ursprünglich das Ende der Insel, nutzte der Architekt Jean Krämer aus, indem er dort das Kraftwerk baute. Das aufragende Kesselhaus geht in eine niedrige Umformerstation über, die mit einem runden Turm die Insel abschließt.
Ganz anders genutzt: die Uferhallen
Auf der anderen Seite der Uferstraße, jenseits der früheren Panke-Insel, gibt es auch viel zu entdecken. Der westliche Teil des früheren Betriebshofs bis zur Gottschedstraße ist durch die Uferstraße, die über dem zugeschütteten nördlichen Arm der Panke verläuft, von den Werkstätten auf der ehemaligen Pankeinsel getrennt und gehört heute der Uferhallen AG. 1898 entstand die große, mit Sheddächern belichtete beeindruckende Straßenbahnhalle. Darin fanden in der ersten Zeit nach dem Auszug der BVG Ausstellungen statt, derzeit wird es aber als Indoor-Fußballfeld “The Base” genutzt.
Café, Künstler, Konzerte…
Das Portier- und Wohngebäude hat seine alte Gestalt behalten. Darin befindet sich das Café Pförtner, wo man sogar in einem ausrangierten Linienbus Platz nehmen kann. Es hat aber auch einen schönen grünen Außenbereich.
An die Straßenbahnhalle schließt sich die 1901 in Betrieb genommene Reparaturwerkstatt an. Der Wagenschuppen an der westlichen Grundstücksgrenze wurde 1968 vollkommen überformt. Der Architekt Jean Krämer ergänzte die älteren Werkstätten 1927–28 um weitere Bauten im Stil der Neuen Sachlichkeit. Das Kantinen- und Verwaltungsgebäude, das auf ein Wohnhaus von 1904 zurückgeht, erhielt einen markanten Fassadenaufbau, für den waagerechte Streifen bestimmend sind.
In den ehemaligen Werkstätten sind heute 80 Künstler mit ihren Ateliers beheimatet. Nach dem kürzlich erfolgten Verkauf des Areals befürchten sie, aus dem Gelände verdrängt zu werden. Eine ganz besondere Nutzung bietet der Piano Salon Christophori, wo Konzerte aufgeführt werden ‑inmitten einer Konzertflügelsammlung.
Es lohnt sich, die Uferstraße noch etwas weiter pankeabwärts zu schlendern (Einkehrmöglichkeit im Dujardin), den Fluss auf der Schönstedtbrücke zu überqueren und am Ufer entlang gegenüber den ehemaligen Werkstätten auf der Panke-Insel zurück zur Badstraße zu gehen.
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siehe oben
Vielen Dank für diese Seiten. Ich darf auf Fehler hinweisen, die die Straßenbahngeschichte betreffen. Die 1895 eröffnete erste elektrische Straßenbahn war eine Linie der BESTAG (Tochter der Fa. Siemens & Halske) und begann nicht auf der Pankeinsel, sondern in der heutigen Prinzenallee und führte nach Pankow Kirche, Der dort seit 1873 existente Pferdebahnhof gehörte der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn Gesellschaft, die mit der BESTAG bis 1912 nichts tun tun hatte. Erst dann erwarb Berlin einen Teil der Aktien der BESTAG im Vorgriff auf den 1. 10. 1920. Ab ca. 1900/1901 wurde das vereinigte Gelände auf der früheren Pankeinsel und an der Uferstraße zur Hauptwerkstatt der Großen Berliner Straßenbahn, als das Depot in der Pankower Allee eröffnet werden konnte. Zwei schwere Bombenangriffe 1943 und 1945 zerstörten fast alle Gebäude der Hauptwerkstatt. Der Wiederaufbau endete 1950⁄51.
Die Funktion der Hauptwerkstatt Straßenbahn (HwS) wurde 1951 erweitert auf den Autobusbetrieb. Grund: Durch die Spaltung der BVG 1949 war die Hauptwerkstatt Autobus in Treptow und damit im Ostsektor, so dass Ersatz geschaffen werden musste. Die Hauptwerkstatt für die Straßenbahn stellte den Betrieb am 30.6.1965 ein, der Autobusbetrieb lief weiter bis 2005.
Lieber Herr Arf, vielen Dank! Ihre Ausführungen verdienen eigentlich einen eigenen Artikel zu dem Thema – wir würden uns sehr freuen! Gern weisen wir dann auch auf die Verkehrsgeschichtlichen Blätter hin.