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Café und Bistro im Brunnenviertel:
Das Freysinn schmeckt jeden Tag anders

30. Juni 2023
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Es gibt Men­schen, die mei­nen, das Beson­de­re am Café Frey­sinn wäre das Essen. Das wol­len sie an einem Wochen­tag um die Mit­tags­zeit erschmeckt haben. Ande­re behaup­ten, hier an der Gren­ze zum hip­pen Mit­te, in der stil­len Neben­stra­ße des Brun­nen­vier­tels gäbe es den bes­ten Kaf­fee der Gegend. Wie­der ande­re schwö­ren, dass das inter­na­tio­na­le Team um Kathi und Mar­ta in der Mini­kü­che das net­tes­te in ganz Ber­lin sei … Alles ist viel­leicht ein wenig rich­tig, aber den­noch ist es falsch. Das Beson­de­re am Frey­sinn ist, dass man hier etwas Über­ra­schen­des über den süd­lichs­ten Süden des Wed­ding ler­nen kann.

Café Freysinn, an der Eingangstür blühen die Rosen. Foto: Hensel
Café Frey­sinn, an der Ein­gangs­tür blü­hen die Rosen. Foto: Hensel

Was man noch vor ein paar Jah­ren über das Brun­nen­vier­tel dach­te, war, dass hier nicht Wed­ding ist und nicht Mit­te, ein Nie­mands­land zwi­schen Mau­er­park und Bahn­hof Gesund­brun­nen. Man dach­te, dass dies eine rei­ne Wohn­ge­gend ist, dass man im Höchst­fall in der Brun­nen­stra­ße Döner ver­kau­fen könn­te, dass hier ein Pro­blem­vier­tel mit größ­ten­teils arbeits­lo­ser Bevöl­ke­rung stün­de. Dann eröff­ne­te das Frey­sinn und alle, die dach­ten, sie wür­den das Brun­nen­vier­tel ganz genau ken­nen, wur­den eines Bes­se­ren belehrt.

Jeden Wochen­tag um die Mit­tags­zeit bil­den sich vor dem klei­nen Tre­sen in dem viel zu klei­nen, aber sehr gemüt­li­chen Café-Bis­tro lan­ge Schlan­gen mit Men­schen, die vor­her noch nie jemand gese­hen hat­te, obwohl sie immer da waren. Dann kom­men näm­lich die Mit­ar­bei­ter der Deut­schen Wel­le aus dem Gewer­be­kom­plex, in dem frü­her ein­mal die AEG gro­ße Maschi­nen bau­te. Es kom­men Men­schen, die Mode­ma­ga­zi­ne pro­du­zie­ren, Redak­teu­re dis­ku­tie­ren über Sen­de­mo­del­le, Wer­be­gra­fi­ker stel­len sich hübsch in die Rei­he zu Pro­gram­mie­rern von Inter­net­fir­men. Alle drän­gen sich um die hand­ge­schrie­be­ne Kar­te, die jeden Tag acht bis zehn neue Gerich­te auf­lis­tet. Alle mit ganz viel Salat, mit ganz viel Sai­son, mit ganz viel Geschmack und mit ganz viel Pfiff. Gekocht, gebra­ten und geba­cken wird, was der einen deut­schen und der ande­ren pol­ni­schen Inha­be­rin, dem tür­ki­schen Küchen­chef und den gera­de anwe­sen­den ande­ren Mit­ar­bei­tern in den Sinn kommt.

Foto: D. Hensel
Inha­be­rin­nen Ann-Kath­rin Mät­zold (links) und Mar­ta Sus­id. Foto: Hensel

Ganz oft ist das, was auf den Tisch kommt, vege­ta­risch. Jeden Tag sind auch vega­ne Gerich­te auf der Kar­te, auch hist­amin­arm wird gekocht. Doch Fleisch gibt es auf der Tages­kar­te auch. Piz­za ist dabei und Salat, jeden Tag eine Sup­pe und täg­lich selbst­ge­ba­cke­nes Sau­er­teig­brot und fri­sche Bröt­chen als Sup­pen­be­glei­tung. Und natür­lich Kuchen. Für alle, die es lie­ber etwas klei­ner mögen, sind auch immer frisch geba­cke­ne Kek­se vor­rä­tig; wer Glück hat, erwischt mor­gens ein offen­war­mes Crois­sant. Dazu einen Kaf­fee, “to go” oder “für hier”, den man im Frey­sinn inzwi­schen über­wie­gend mit Hafer­milch trinkt. Bleibt noch die Fra­ge: Drin­nen unter dem gol­de­nen Wand­bild essen oder drau­ßen auf der Son­nen­ter­ras­se? Oder viel­leicht noch ein Cate­ring für die Fami­li­en- oder Fir­men­fei­er bestel­len? Auf jeden Fall lohnt sich immer der Blick ins klei­ne Ver­kaufs­re­gal. Dort gibt es nicht nur das Frey­sinn-Koch­buch, selbst­ge­mach­te Mar­me­la­den oder klei­ne Ton- oder Holz­ar­bei­ten. Auch Wed­din­ger Honig vom Schul­dach um die Ecke ist meist im Angebot. 

Das beste kleine Eckcafébistro im Brunnenviertel

Die ers­te Reak­ti­on des Kiezes bei der Eröff­nung des Frey­sinns 2010 war: Das ist nicht das Brun­nen­vier­tel. Dann: Das sind die Vor­bo­ten der Gen­tri­fi­zie­rung des Kiezes. Doch Mar­ta Sus­id und Ann-Kath­rin Mät­zold sind zu ihrer eige­nen Über­ra­schung in eine lan­ge bestehen­de Markt­lü­cke gestol­pert, die so groß ist, dass sie jeden Tag Mühe haben, sie mit ihren Pfan­nen, Töp­fen und Kuchen­ble­chen zu schlie­ßen. Und so kommt es, dass manch einer um die Mit­tags­zeit auch nach zehn Jah­ren noch immer ein wenig ver­wun­dert am bes­ten klei­nen Eck­ca­fé­bis­tro des süd­li­chen Wed­ding vor­bei­geht, wäh­rend drin­nen das ande­re Brun­nen­vier­tel ganz selbst­ver­ständ­lich aufs Mit­tag­essen wartet.

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

Jas­mun­der Stra­ße 6 (Ecke Use­do­mer Stra­ße), Mon­tag bis Frei­tag 8–16 Uhr geöff­net, Tele­fon: (030) 68 32 87 74, www.freysinn.com, Tages­kar­te wird täg­lich auf Insta­gram ver­öf­fent­licht: www.instagram.com/cafebistrofreysinn

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

12 Comments

  1. Hal­lo

    Frau Hen­sel ist das jetzt ein neu­er Arti­kel zu die­sem Cafe mit 10 jah­re alten Kom­men­ta­ren und eben­so alten Bil­dern oder ein neu­er Bei­trag mit alten Kom­men­ta­ren und neu­en Bildern ??

    Grü­ße

    • Ich notie­re: Rein­hard ist ein auf­merk­sa­mer Leser. 🙂

      Es ist ein aktua­li­sier­ter Bei­trag mit neu­er Über­schrift und tau­fri­schen Fotos. Nur ein Foto ist alt, das mit den bei­den Betrei­be­rin­nen. Für die Aktua­li­tät des Bei­trags­in­halts ver­bür­ge ich mich. Das Café ist mein zwei­tes Büro und ich kann sagen: so ist es dort, noch immer.

      • Rein­hard ist ein…. Dan­ke !!:))) end­lich mal jemand der das erkennt 😉
        Gut wenn das alles neu ist , in die­se Ecke komm ick so jut wie nie , fah­re imma drum herum …
        Dann werd ich mal dort anhal­ten und das gan­ze testen
        mor­gen scheint die Son­ne wieder

  2. Ein inter­es­san­ter Tipp und Bei­trag, wenn ich wie­der ein­mal in der Nähe bin wer­de ich sicher ein­mal (oder gar öfter?) das Café Frey­sinn besuchen.

    Gruß Micha­el

  3. Ich fin­de dass sich hier in der letz­ten Zeit Arti­kel zu Gesund­brun­nen oder von mir aus auch zur “Gren­ze nach MIt­te” zu sehr haeu­fen – das ist doch der Weddingweiser.

    • Rich­tig bemerkt – da die meis­ten Wed­din­ger und Gesund­brun­nen-Bewoh­ner eine alte Ver­bun­den­heit tei­len, haben wir uns ent­schlos­sen, bei­de Orts­tei­le auf dem Wed­ding­wei­ser vor­kom­men zu las­sen. Die Gren­zen sind sowie­so flie­ßend. Wir haben außer­dem auch Autoren aus Gesund­brun­nen mit an Bord, die sich in bei­den Orts­tei­len glei­cher­ma­ßen gut auskennen.

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