13.07.2020 Die Sozialdaten sind zwar nicht mehr taufrisch, aber dafür zeigen sie nun amtlich: sozial gesehen ist der Wedding noch nicht gekommen, aber er ist im Kommen. Die Karte rechts zeigt gelb umrandet den ehemaligen Bezirk Wedding. Die grünen Flächen zeigen die Kieze, in denen es aufwärts geht. Hier nimmt die Zahl der Arbeitslosen, der Hartz-IV-Bezieher und der Kinder in armen Familien ab. Zu der Beurteilung, dass es aufwärts geht, kommt das Monitoring Soziale Stadtentwicklung (MSS). Hier weitere Erkenntnisse der alle zwei Jahre veröffentlichten Studie.
In den letzten Jahren zeigten vergleichbare Karten noch, dass sich beim Thema Armut im Wedding im Großen und Ganzen nicht viel tut. Die Dynamik galt als “stabil”. (Der gelbe Punkt in der Mitte der Karte stellt übrigens den Leopoldplatz dar).
Die zweite Karte (hier links) zeigt ebenfalls gelb umrandet den ehemaligen Bezirk Wedding. Doch hier wird der soziale Status, also der Ist-Zustand, farblich markiert. Zu erkennen ist: Auch wenn Teile des Weddings im Kommen sind, im Ergebnis ist er noch nicht gekommen. Denn die violetten Gebiete sind die Kieze, die einen “sehr niedrigen” sozialen Status aufweisen. Orange gefärbt sind die Kieze mit “niedrigen” Status. Bis auf das Englische Viertel ist der Wedding im Wesentlichen sozial gesehen ganz unten.
Dies war auch in den letzten Jahren so. Neu ist demzufolge die Entwicklung, das heißt, die sogenannte Dynamik, die in der Karte oben dargestellt ist.
Historische Entwicklung in Diagrammen
Die beiden Diagrammen zeigen die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der des Transferbezugs im ehemaligen Bezirk Wedding. Zu sehen ist, dass in Berlin (rote Linie) die Zahl der Arbeitslosen von 2016 bis 2018 deutlich abgenommen hat (von 6,7 Prozent auf 4,2 Prozent). Der Wedding (gelbe Linie) folgt diesem Trend, doch liegen die Zahlen markant über den berlinweiten Durchschnitt. Hier spiegelt sich der wirtschaftliche Vor-Corona-Aufschwung wieder, von dem auch der alte Wedding zumindest ein Stück weit profitierte. Dabei schneidet der Ortsteil Wedding (blaue Linie) etwas besser ab als der Ortsteil Gesundbrunnen (grüne Linie).
Anders dagegen ist das Bild bei der Zahl der Menschen, die Transferleistungen beziehen. Gemeint sind diejnigen, die von Sozialhilfe oder Hartz IV leben. Berlinweit nimmt diese Zahl nicht ab. Und im Gebiet des Weddingweisers leben überdurchschnittlich viele von diesen Familien. Besonders krass ist die Zahl der Kinder, die in Hartz-IV-Familien leben. Unverändert zwei Drittel aller Kinder wachsen im Wedding in Armut auf. Rund um den Arkonaplatz trifft lediglich vier Prozent aller Kinder dieses Schicksal, am Falkplatz sind es zehn Prozent.
Das Zahlenmaterial
Datenschluss für das Monitoring war der 31.12.2018. Das von den Zahlen gezeichnete Bild ist demzufolge nicht mehr ganz aktuell. Die Entwicklung ist aber rasant. Der tatsächliche Ist-Zustand und die tatsächliche Dynamik im Jahr 2020 dürfte stärker sein. Doch auch wenn es sich um einen Blick zurück handelt, zeigen die Zahlen, dass nun auch von Amts wegen die Veränderung im Wedding wahrgenommen wird. Beim letzten Monitoring 2017 (Daten von 2016) galt der Wedding noch als ohne Entwicklung – beschönigend als “stabil” bezeichnet.
Ob die Zahlen nun ein Beleg für Gentrifizierung oder für notwenidges Aufschließen abgestürzter Kieze stehen, beurteilt die Studie nicht. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung veröffentlicht alle zwei Jahre ein Monitoring zur sozialen Lage. Start der regelmäßigen Datenerhebung war 1998. Der Weddingweiser hat vor zwei Jahren unter der Überschrift “So arm ist der Wedding” berichtet.
Links
Alle Zahlen und Daten seit 1998 stehen bereit unter stadtentwicklung.berlin.de.