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Erbbaupacht- versus Nutzungsvertrag:
Parkcafé: Bezirk ist die letzte Hürde

18. Dezember 2023
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Chris­tel Björk­man, im Vor­stand des Park­ca­fé Reh­ber­ge e.V., spricht bei einem Kiez­ge­spräch am 9. Novem­ber von der letz­ten Hür­de, vor der ihr Ver­ein ste­he. Gemeint ist ein Erb­bau­pacht­ver­tag, den der Bezirk jetzt auf­set­zen müs­se. Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe (SPD) ant­wor­te­te, er wol­le sich den Vor­gang in sei­nem Amt noch ein­mal anse­hen. Doch die letz­te Hür­de für ein Café in Bür­ger­hand scheint nicht klein zu sein; der Bezirk spricht Mit­te Dezem­ber von einem Knoten.

Parkcafé Rehberge könnte loslegen. Foto: Hensel
Park­ca­fé Reh­ber­ge könn­te los­le­gen. Foto: Hensel

“Es ist auf­grund der haus­häl­te­ri­schen Vor­ga­ben für das Bezirks­amt nicht ein­fach, die­sen Kno­ten zu lösen, aber wir bemü­hen uns sehr, hier eine gute Lösung zu fin­den”, ant­wor­tet das Pres­se­team des Bezirks auf eine Nach­fra­ge. Ver­quer lie­gen sich offen­bar die Vor­ga­ben, die die Lot­to Stif­tung Ber­lin macht mit den Vor­ga­ben, denen der Bezirk Mit­te unter­liegt. So knüpft die Lot­to­stif­tung, die den Ver­ein Park­ca­fé Reh­ber­ge mit rund 700.000 Euro finan­zi­ell unter­stüt­zen will, ihre Zah­lung an die Bedin­gung, dass der Anwoh­ner­ver­ein für das Café-Haus einen Erb­bau­pacht­ver­trag vom Bezirk bekommt. Der Bezirk wie­der­um bit­tet die Bür­ger, “sich bei der Lot­to­stif­tung nach alter­na­ti­ven Ver­trags­ge­stal­tun­gen zu erkun­di­gen”. Denn “Nut­zungs­ver­trä­ge sind in der Gestal­tung fle­xi­bler.” Gemeint ist, dass eine gerin­ge­re Nut­zungs­ge­bühr mög­lich ist als dies bei einem Erb­bau­pacht­ver­trag recht­lich erlaubt sei.

Kon­kret geht es um den Betrag von jähr­lich 5.490 Euro. Das ent­spricht monat­lich 457,50 Euro. Nele Rath­ke vom Ver­ein Park­ca­fé Reh­ber­ge fin­det die­sen Betrag unge­recht­fer­tigt und erin­nert dar­an, dass der Bezirk das Gebäu­de ursprüng­lich habe abrei­ßen wol­len. Dass der Bezirk für ein Gebäu­de, das ihm selbst ein Klotz am Bein ist, den­noch Erb­bau­pacht­zin­sen erhe­ben möch­te, begrün­det die­ser mit der Lan­des­haus­halts­ord­nung (LHO). “Ein Ver­zicht auf Ein­nah­men ist bei gleich­zei­ti­ger Über­tra­gung von Ver­mö­gens­wer­ten (Erb­bau­bau­recht) durch die LHO nicht mög­lich”, teilt das Pres­se­team des Bezirks mit. Der Betrag von knapp 5.500 Euro Erb­bau­pacht erge­be sich, obwohl der Bezirk das Gebäu­de als wert­los ansetzt. “Gemäß einem Schrei­ben der Senats­ver­wal­tung für Finan­zen wur­de der Erb­bau­zins­satz für sozia­le, kul­tu­rel­le und sport­li­che Zwe­cke mit 1,8 % fest­ge­legt”. Das heißt, allein der Boden­wert im Volks­park Reh­ber­ge sorgt dafür, dass der Bezirk monat­lich 457,50 Euro for­dern müs­se. Im Fal­le eines Erb­bau­pacht­ver­tra­ges. Wür­de die Lot­to­stif­tung auch den Abschluss eines Nut­zungs­ver­trags akzep­tie­ren, wäre es dem Bezirk mög­lich, weni­ger Nut­zungs­geld zu verlangen.

Gelingt die Eini­gung bald, dann könn­ten 2024 die Bau­ar­bei­ter anrü­cken und den klei­nen Flach­bau neben der Rin­ger­fi­gur sanie­ren. Auf 350 Qua­drat­me­tern soll neben einem Kaf­fee­be­trieb, ein Nach­bar­schafts­treff mit Ver­an­stal­tungs­raum ent­ste­hen und ein selbst­ver­wal­te­ter Jugendklub.

Geschaffte Hürden: Ein Rückblick aufs Deutschlandtempo

Die Men­schen, die das Pro­jekt Park­ca­fé Reh­ber­ge vor­an­trei­ben, haben bis­lang ein Tem­po vor­ge­legt, das an das berühm­te Deutsch­land­tem­po her­an­reicht. Bereits drei Jah­re nach ihrem ers­ten öffent­li­chen Auf­tritt haben die bür­ger­schaft­lich enga­gier­te Anwoh­ner heu­te bei­na­he alle erfor­der­li­chen Vor­be­rei­tun­gen für den Start der Sanie­rung erledigt.

Nele, Jonas, Lou­is, Ste­fan, Zaher vor der ers­ten öffent­li­chen Ver­an­stal­tung 2021. Foto: Initiative

Im Janu­ar 2021 hat­te sich die Initia­ti­ve Park­ca­fé als zunächst loser Zusam­men­schluss gegrün­det. Inner­halb weni­ger Tage hat­ten sich knapp hun­dert Men­schen gemel­det, die den seit 2014 andau­ern­den Leer­stand des klei­nen Gebäu­des nicht län­ger hin­neh­men woll­ten. Die Initia­ti­ve hat ein Kon­zept für ein Inter­es­sen­be­kun­dungs­ver­fah­ren geschrie­ben und die­ses gewon­nen. 2022 grün­de­ten die Reh­ber­ger einen Ver­ein, der den Sta­tus Gemein­nüt­zig­keit erhielt. Der Ver­ein ließ Bau­un­ter­la­gen erstel­len und beauf­trag­te Bau­gut­ach­ten. Mit dem Bezirk han­del­te er einen Let­ter of Intent (LOI) – eine grund­sätz­li­che Eini­gung zum Vor­ha­ben – aus.

Das alte Park­ca­fé war bis 2014 in Betrieb, bis der dama­li­ge Päch­ter ver­starb. Der Bezirk als Eigen­tü­mer schreck­te in den Fol­ge­jah­ren vor Inves­ti­tio­nen zurück. Zwi­schen­zeit­lich dis­ku­tier­te die Bezirks­po­li­tik einen Abriss des Häus­chens. Doch der Denk­mal­schutz sieht das gedrun­ge­ne Haus als Teil der Gar­ten­an­la­ge Volks­park Reh­ber­ge und schloss einen Abbruch aus.

Zur Auffrischung lies unsere Beiträge über das Parkcafé Rehberge

Crowd­fun­ding fürs Park­ca­fé Reh­ber­ge vom 4. Sep­tem­ber 2023
Gute Nach­rich­ten fürs Park­ca­fé Reh­ber­ge vom 9. Febru­ar 2023
Initia­ti­ve ist eine Run­de wei­ter vom 15. Janu­ar 2022
Kund­ge­bung mit Musik vor dem Park­ca­fé Reh­berge vom 22. März 2021
Park­ca­fé Reh­ber­ge: Denk­mal­schutz ist gegen Abriss vom 24. Febru­ar 2018

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Der Text ent­stand in Zusam­men­ar­beit mit der Wed­din­ger All­ge­mei­nen Zei­tung (–> E‑Paper), der gedruck­ten Zei­tung für den Wed­ding. Autor ist And­rei Schnell.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

2 Comments Leave a Reply

  1. Der Bezirk lässt frag­wür­di­ge Nut­zun­gen des Volks­parks zu: die noto­ri­schen Ten­nis­plät­ze in Park­an­la­gen, die Umwand­lung in dau­er­haft pri­vat genutz­te Kleingärten … 

    War­um also nicht die Nut­zung durch eine öffent­li­che Initia­ti­ve, die das Café im Sinn des Denk­mal­schut­zes und der Park­an­la­ge so betrei­ben will, dass es für alle all­ge­mein zugäng­lich ist? Die Pro­ble­me des Herrn Gro­the (SPD) möge er bit­te­schön so erläu­tern, dass sie von der Öffent­lich­keit nach­voll­zo­gen wer­den können.

    • Ich glau­be, es geht nicht mehr dar­um, ob die Initia­ti­ve das Park­ca­fé betrei­ben darf, son­dern nur unter wel­chen finan­zi­el­len Bedin­gun­gen. Man könn­te sagen, die Initia­ti­ve und das Bezirks­amt pokern ein wenig um die Ver­fah­rens­wei­se bzw. um den bes­ten Weg dorthin.

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