Zahlen, Preise und Fakten bestimmten den Alltag auch in der Vergangenheit. Wir erklären euch, welche Ziffern früher im Wedding (und überhaupt in Westberlin) eine Rolle spielten. Und wie anders das Leben in der eingemauerten Stadt Westberlin sein konnte!
Post und Telefon
Der ganze Wedding hatte früher nur eine Postleitzahl, zunächst Berlin N 65, später wurde daraus 1000 Berlin 65. Und noch heute steht die 65 für den ganzen Wedding (und Gesundbrunnen). Die Portostufen Westberlins entsprachen denen der Bundesrepublik, außer für Post innerhalb der Stadt, die ermäßigtes Porto hatte.
Ein Ortsgespräch kostete 23 Pfennig und dauerte so lange, bis einer der beiden Anrufer auflegte. Es gab nämlich keine Zeittaktung! Ein Telefonat von einer Telefonzelle aus kostete 20 Pfennig. Daher hatten alte und junge Weddinger grundsätzlich zwei Groschen in der Hosentasche. Anders als heute wechselte man bei einem Umzug in einen anderen Stadtteil auch seine Festnetznummer. Die ersten beiden Ziffern der siebenstelligen Nummern zeigten den Stadtteil an – im Wedding konnte das die 45.…. die 46.…. oder die 49.…. sein.
Habt ihr immer noch eine “Weddinger Festnetznummer”?
Radio
Es gab zwar weniger Radiosender als heute, aber einige UKW-Frequenzen sind noch heute in Benutzung. Auf 88,8 MhZ sendete SFB (Sender Freies Berlin) 1, auf 92,4 MhZ der beliebte Popsender SFB 2. SFB 3 war auf 96,3 MhZ zu finden. Wichtig für Westberlin waren aber auch der RIAS auf 89,6 MhZ und die Jugendwelle rias2 auf 94,3 MhZ. Einen Sender aus dem Wedding gab es auch: das Programm für die französischen Streitkräfte (FFB), das aus der Cité Napoléon (heute Julius-Leber-Kaserne) auf 93,6 MhZ sendete.
Habt ihr jemals den französischen Sender aus dem Wedding gehört?
Ladenöffnungszeiten
Früher mussten die Weddinger mit viel kürzeren Ladenöffnungszeiten klarkommen, auch Spätis gab es noch nicht. Seit 1958 galt: Geschäfte durften montags bis freitags von 7 bis 18.30 Uhr, samstags von 7 bis 14 Uhr geöffnet sein. Nur am ersten Samstag im Monat gab es den Langen Samstag, an dem Geschäfte bis 18 Uhr offen sein durften. Wer außerhalb dieser Zeiten etwas brauchte, war auf lediglich zwei kleine Supermärkte in den U‑Bahnhöfen Schlossstraße und Kurfürstendamm angewiesen. Allerdings gab es in Westberlin eine Ausnahme bei der Sperrstunde: Die war 1949, im Gegensatz zu den meisten anderen Städten, durch die Alliierten abgeschafft worden – Kneipen können seitdem 24 Stunden lang geöffnet haben.
Wer von euch kennt noch die Hektik kurz vor der Schließung der Geschäfte?
Besuche im Ostteil
Viele Familien, gerade auch aus dem Wedding, waren durch die Mauer getrennt. Ab 1973 konnten zumindest die Westberliner ihre Verwandten und Freunde in Ostberlin besuchen. Sie mussten dafür allerdings in die Passierscheinstelle am Leopoldplatz gehen, in der Einreiseanträge abgegeben und Berechtigungsscheine für Visa in der Regel nach drei Tagen ausgegeben wurden. Mit diesem Visum durfte man bis 2 Uhr des Folgetages in der DDR und in Ostberlin bleiben, während bundesdeutsche Bürger schon um spätestens 24 Uhr wieder am Grenzübergang sein mussten. Außerdem mussten erwachsene Besucher 6,50 DM 1:1 in DDR-Mark umtauschen und während ihres Besuches wieder vollständig ausgeben. Ab 1980 betrug dieser Mindestumtausch sogar 25 DM. In Frage kamen für Weddinger die Grenzübergänge Bornholmer Straße, Chausseestraße, Invalidenstraße oder am Bahnhof Friedrichstraße im “Tränenpalast”. Der Checkpoint Charlie war nur für Ausländer, Alliierte, Diplomaten und DDR-Bürger gedacht.
Und noch eine Besonderheit: Westberliner besaßen nur “behelfsmäßige Personalausweise”, die grün statt grau waren und keinen Hinweis auf den ausstellenden Staat enthielten, jedoch den Vermerk „Der Inhaber dieses Ausweises ist deutscher Staatsangehöriger“.
Wer besitzt noch seinen “behelfsmäßigen Personalausweis”?
Foto: Stefan Freytag, Traditionsbus Berlin
BVG
Mit der U‑Bahn fahren hieß bis 1984: Man fährt mit der Linie 6, Linie 8 oder der Linie 9. Die Buslinien hingegen waren im Wedding immer zweistellig. Viele Busse endeten an der Mauer, wie zum Beispiel der 70er an der Wollankstraße, der 12er an der Bernauer Straße oder der 89er an der Bornholmer Straße. Straßenbahnen waren in Westberlin 1967 bereits abgeschafft worden. Eine Besonderheit war die Buslinie 65, die von der Seestraße aus auf die Stadtautobahn fuhr.
Und wie viel kostete das? Bei der S‑Bahn, die bis 1984 von der DDR-Reichsbahn betrieben wurde, 20 Pfennig. Und Bus und U‑Bahn kosteten ab 1976 eine DM und ab 1979 dann 1,50 DM. Wer beim Schwarzfahren erwischt wurde, musste ein Erhöhtes Beförderungsentgelt von 20 DM löhnen.
Wer kann sich noch an die alten Busliniennummern erinnern? Welche war “eure” Linie?
Mieten
Bei diesem Thema können einem wirklich die Tränen in die Augen steigen. Denn Wohnen war nicht nur billiger als heute, es gab relativ starre Preise. Denn erst 1988 wurde auf Druck der Bundesregierung die nur noch in Westberlin existierende Mietpreisbindung für Altbauten bis 1918 abgeschafft. Bis dahin stiegen die Mieten zwar, wurden aber vom Staat gedeckelt. Beim ersten Mietspiegel mit Vergleichsmieten kostete eine 70 Quadratmeter große Altbauwohnung, vor 1918 gebaut und in einfacher Lage mit Vollausstattung (Bad, WC, Sammelheizung) 5,34 DM pro Quadratmeter. 2005 hatte sich dieser Wert beim Mietspiegel bereits erheblich erhöht.
Wie viel habt ihr früher an Miete im Altbau bezahlt?
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Foto: Franz Albert
Für eine 1,5‑Zimmerwohnung in der Stettiner Straße mit 34 Quadratmetern, Kohleofen und Außenklo, immerhin auf der gleichen
Etage, zahlte ich 1977 ganze 98 Mark im Monat, bis 1985 stieg die Miete auf 105 Mark und ein paar Pfennige!
Habe immer noch die Festnetznummer mit 49 seit 1979.
Der Bus 89 hielt früher auch in der Grüntaler Str. Brauchte ich nur über den Mittelstreifen eine Minute zur Soldiner Str laufen und war zu Hause.
Der 89 Bus ersetzte die Straßenbahnlinie Nr
3. Mit der man früher wie später mit dem dem Bus nach Wilmersdorf fahren konnte.
Bin später mit dem 65 Bus ab Seestr. Über die Autobahn zur Mecklenburgischen Str zur Arbeit zum.Autohaus Butenuth gefahren.
Auch bin ich mit 70 Bus ab Prinzenalle gefahren, seltener mit den 65 Bus.
Meine Bus—Stammlinie war die 61, sie brachte mich regelmäßig von Tür zu Tür aus Berlin 52 zu meiner Großmutter in den Gesundbrunnen.
Als Jugendlicher habe ich dann später gerne AFN und BFBS verschlungen,speziell Folic at five und Stickbuddy jamboree und Sonnabends gab es immer im BFBS eine Wunschsendung sie wurde im gepflegten Englisch angesagt,man konnte also das eigene Schulenglisch gut anwenden.
Den erwähnten FFB habe ich nur selten Empfangen,da gab es ellenlange Sprachbeiträge und wenig Musik.
Ich habe meine alte Festnetznummer noch, diese beginnt aber mit 49 seit 1985 habe ich diese, die 49 war damals üblich im Wedding / Gesundbrunnen und Soldiner Kiez etc.
Ja, diese alten Altbaumieten kenne ich auch noch, da gab es noch viele Wohnungen, mit Außentoilette, im Treppenhaus und die Buslinien von früher, habe ich fast alle noch im Kopf, weil ich mich, mit den 3‑stelligen, nach der Wende nie richtig anfreunden konnte.
Früher bin ich oft mit dem 14er nach Tegel gefahren. Mit diesem fuhr ich bis Alt Heiligensee / Ruppiner Chausse dort war Endstation, sowie mit dem 12er raus nach Hermsdorf / Waldseeweg / Hermsdorfer Damm Endstation / auf dieser Linie gab es auch Busse mit roten Nummen, dieses waren Expressbusse und hielten nur an jeder 2. Haltestelle. am Waldsee konnte man im Winter immer toll Schlittschuh laufen gehen. Den 70, 89, 65 wie oben besprochen kenne ich auch noch, der 65 war einer der Busse die auch in der Nacht fuhren, wenn die U‑Bahn bereits still stand und man konnte vom Ku-Damm, damit zurück nach dem Wedding kommen, das dauerte aber ewig, da der durch ganz viele Bezirke fuhr, bis er dort wieder ankam. Die Grenzpassierscheinstelle in der Schulstr. kenne ich auch noch und Besuche in Ost-Berlin zu Weihnachten waren Pflichtprogramm bei uns. Das Problem der Zwangsumtausch, eine Mutter mit 2 Kinder musste 75 DM umtauschen. Das Geld konnte man nie ausgeben und eine Ausfuhr war nicht erlaubt aus der DDR, deswegen verschenkten wir es oft aber die Ostberliner hatten stellenweise Angst es anzunehmen. Die Stasi war zu der Zeitja überall präsent. Manchmal legten wir es dann einfach auf die Straße, auf einen Stromkasten oder Mauer. Auch war der Besuch in Ost-Berlin immer viel grauer und dunkler, kälter in meinen Empfindungen, da es nur sehr wenig Leuchtreklame und Beleuchtung gab. Die Radiosender liebten wir, meine Favoriten waren RIAS 2, AFN und SFB 2. RIAS wurde auch live in der Eisporthalle Jafféstr abgespielt, da war öfter Eisdisco auf der Eisbahn. Das mit den Telefongroschen stimmt auch, die hatte man als Kind immer in der Tasche und unendlich langes telefonieren stimmt auch, war ein Problem, wenn du an der Telefonzelle anstehen musstest. Dito zu Hause, es gab in der Regel nur einen Anschluß, dann telefonierte man einfach stundenlang, gab dann meist Streß mit den Geschwistern oder den Eltern.