Wie hat sich der Wedding verändert! Manchmal reicht es schon, wenn in einer etwas trostlosen Straße ein buntes Café eröffnet, in dem sich Alt und Jung treffen kann. Wenn es dann dort noch selbstgemachtes Eis und leckere Speisen und Getränke gibt, kommt einiges zusammen, was den Kiez glücklich macht. Das Eiscafé Kibo an der Transvaalstraße im Afrikanischen Viertel kann inzwischen auf zehn Jahre zurückschauen.
Irgendwas muss sie wohl richtig gemacht haben, diese junge Frau. Vielleicht war sie auch nur am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Wobei … richtiger Ort? Da wäre wohl niemand drauf gekommen, diese kleine und eher unscheinbare Verbindungsstraße so zu bezeichnen, wo es nicht viel gab, außer ein paar Läden und Wohnhäuser. Und manchmal gab es sogar nächtliche Polizeieinsätze (und hatte es dort nicht sogar mal einen Mord gegeben?). Als bevorzugte Lage konnte man die Transvaalstraße jedenfalls nicht bezeichnen.
Doch diese junge Frau fand ein leer stehendes Ladenlokal – zuletzt war es ein Billardcafé gewesen und davor viele Jahre sogar ein Speiselokal, worauf der Schriftzug an der Hausfassade noch heute hinweist -, spuckte kräftig in die Hände, und drehte die ganze Straße auf links, vielleicht sogar den Kiez – wer kann das schon sagen? Doch halt, das ging jetzt vielleicht ein wenig schnell für den Leser, der die Gegend vielleicht nicht so gut kennt. Deshalb noch einmal von vorn: Ramona – so heißt die Frau – hat zusammen mit ihrem Bruder die leere Immobilie mitsamt Holzvertäfelung und Theke und düsterer Inneneinrichtung gepachtet und in ein Paradies verwandelt. Ein Paradies für kleine und große Kinder. Sie eröffnete nämlich ein Eiscafé. Zuerst lernte sie das Handwerk, kaufte sich die nötigen Gerätschaften für ein Eislabor und startete den Cafébetrieb. Und weil man von Eiskugeln nicht leben kann, vor allem nicht im ungemütlichen Berliner Winter, bot sie gleich noch andere Dinge an, Frühstück und Kuchen und Mittagstisch. Mit der Zeit kam immer mehr hinzu, sodass die Speisekarte inzwischen über eine ansehnliche Seitenzahl verfügt.
Und womit wahrscheinlich keiner gerechnet hat, in diesen Zeiten und einer Gegend, wo alle möglichen Geschäfte schließen – C&A und Real und jetzt bald auch Karstadt: Ramona und das Eiscafé Kibo gibt es inzwischen seit zehn Jahren. Und es ist kein Ende abzusehen.
Es ist viel passiert in der Zwischenzeit. Aushilfen sind gekommen und manchmal auch wieder gegangen – aus Syrien und Kolumbien, Rumänien und der Ukraine, dem Libanon und der Türkei, und einer kam sogar aus Spandau! Begeisterte Nachahmer haben das Angebot fleißig studiert und in der Nachbarschaft ihr Caféglück versucht (mit mehr oder weniger Erfolg). Im Sommer tingelt das Eiscafé mit einem mobilen Verkaufswagen zu Märkten (u.a. Spittelmarkt und 17. Juni-Trödelmarkt) und Veranstaltungen (Riesendrachenfest und DGB-Kundgebung, Gärten der Welt).
Und durch das Lokal als beliebte Anlaufstelle für Familien und wohlmeinende Menschen mit einem Faible für schöne Dinge veränderte sich auch die Transvaalstraße. Die Außenterrasse und die vielen glücklichen Menschen mit Eis in der Hand machen einfach gute Laune.
Von Messerstechereien oder Auseinandersetzungen in der Transvaalstraße hört man übrigens schon länger nicht mehr. Und die Polizei kommt nur noch, wenn sie Appetit auf Schlumpf-Eis oder einen leckeren Kaffee hat.
Text: Peter Groth, Fotos: Joachim Faust
Café Kibo, Transvaalstr. 13, Mo-Fr 9 – 20 Uhr, Sa/So 10 – 20 Uhr
Unsere früheren Berichte: Alles mit einem Augenzwinkern I Bunte Mischung für den Kiez
Eine Frage: habt Ihr ein „Abo“ für das Afrikanische Viertel oder nur zu wenig Beiträge aus den anderen Kiezen oder auch nur Straßen. Es wundert mich halt , dass im Vordergrund immer dieses Gebiet steht. Übrigens bin ich Badstrasse 30Hh geboren und Prinzenallee 72⁄73 Ecke Osloer im vierten Stock links aufgewachsen. Wünsche Euch eine gute Zeit 🤓
Es stimmt, dass der Weddingweiser ursprünglich im Afrikanischen Viertel gegründet wurde. Unsere Autor:innen können nicht alles in allen Kiezen abdecken, die Gebiete, wo wir wohnen, spielen natürlich auch eine Rolle. Wir geben uns aber Mühe, dass möglichst alle Kieze Berücksichtigung finden.
Hallo, ich machen beim Weddingweiser die Themenplanung und ich versuche immer, auch die Viertel zu mixen, aus denen wir berichten. Für die letzten Wochen hat das aus meiner Sicht eigentlich ganz gut geklappt.
Für die bisherigen Tage im September habe ich spaßenshalber mal nachgezählt. Wir hatten:
1 x Uferstraßenkiez
1 x Brüsseler Kiez
5 x Afrikanisches Viertel
1 x Gerichtsstraßenkiez
2 x Soldiner Kiez
1 x Sprengelkiez
4 x Bellermann- bzw. Badstraßenkiez
1 x Müllerstraße
4 x gemischte Beiträge, die mehrere Kieze behandeln
Ich gebe mir weiterhin Mühe, das gut abzuwechseln. Eine gewisse Häufung lässt sich leider nicht verhindern und das gar nicht so sehr, weil wir in bestimmten Kiezen wohnen. Wir versuchen ja auch, relativ aktuelle Themen zu bringen und wenn das Sprengelhaus akut in Gefahr ist, dann ist das ein relevantes Thema und spielt dann halt im Sprengelkiez.
Ich bedenke beim Planen immer mehrere Punkte mit verschiedener Wertigkeit. Meine Priorität 1 bei der Planung ist die Aktualität eines Themas, meine Priorität 2 ist der thematische Schwerpunkt (Politik, Kultur, Soziales…), der gern abwechseln soll, Priorität 3 ist die Verfügbarkeit von Texten unserer ehrenamtlichen Autoren und erst Punkt 4 ist für mich die gute Mischung aus den unterschiedlichen Kiezen. Vielleicht ist das als Hintergrund für Sie interessant.
Viele Grüße (aus dem Brunnenviertel)!
Ja, Ramonas Café ist eine Institution geworden, die in unserem Kiez niemand mehr missen möchte. Was sollten denn all die Eltern machen, nachdem sie ihre Kids aus der Kita abgeholt haben? Wohin die wo sollten die Rollatorfahrer aus dem Seniorenheim? In wo kriegt man sonst ein Lächeln und einen aufmunternden Rat von der Chefin? Und wo sonst sind die Portionen mit den Preisen gewachsen?
Supercafé, buntes Frühstück, Galettes süß oder deftig, tolles Eis mit Monsterkugeln, aber auch wunderbarer Kuchen und wohligschmeckende Suppen für kältere Tage. Irgendwie schmeckt alles und alles in einem guten Preis/Leistungsverhältnis. Und wären das nicht schon Gründe genug, auf dem Weg zur Rehberge im Kibo vorbeizuschauen: der Service ist auch voll sympathisch, das Publikum gut gemischt quer Beet von vegan bis Kuhmilch. Dank Chefin Ramona ein Ort zum Wohlfühlen.
Ganz tolles Cafe. Qualität setzt sich durch. Ich kann sehr den Kuchen und Waffeln empfehlen.