Das ist das dritte und letzte Interview in einer Reihe, in der die neuen, im Bezirk noch unbekannten Stadträte zum Amtsantritt befragt wurden (bisher Stefanie Remlinger und Christoph Keller). Dieses Mal stand Almut Neumann Rede und Antwort. Sie ist zuständig für das Straßen- und Grünflächenamt. Sie will die Verkehrswende auf Bezirksebene voranbringen und sagt, sie sei dabei ungeduldig.
Wie empfinden Sie den Wechsel vom Jurateam der Initiative Berlin autofrei ins Bezirksamt?
Almut Neumann: Beruflich war ich bislang als Verwaltungsrichterin tätig. Zugleich habe ich mich privat für die Verkehrswende und für mehr Verkehrssicherheit engagiert. Ich bin daher sehr glücklich über meinen Wechsel ins Bezirksamt. Denn hier kann ich mein verwaltungsrechtliches Wissen einbringen und gleichzeitig die Verkehrswende gestalten. Teilweise gehen die Dinge zwar langsamer, als ich sie mir wünschen würde. Aber ist es toll, in der Verwaltung wirklich sehr motivierte Kolleg:innen an meiner Seite zu haben. Gemeinsam wollen wir den öffentlichen Raum in Mitte für Menschen zu Fuß und auf dem Rad sicherer machen und zudem viele grüne Oasen in der Stadt schaffen.
Wie reagieren Sie auf die Menschen, denen die Verkehrswende zu schnell geht?
Almut Neumann: Ich lade alle ein, sich einmal den Bellermannkiez anzuschauen. Dort entsteht derzeit der erste Kiezblock in Mitte. Das bedeutet, dass jeder Ort mit dem Auto erreichbar bleibt. Der Kfz-Durchgangsverkehr wird aber auf die Hauptstraßen zurückgeleitet, wo er auch hingehört. Kiezblocks sorgen also für mehr Ruhe und für bessere Luft in den Wohnvierteln. Und sie machen es gerade für Kinder und für ältere Menschen viel sicherer, sich dort zu bewegen. Im Sommer werden im Bellermannkiez zudem neue, schöne Aufenthaltsflächen mit Hochbeeten entstehen. Dort kann man die Verkehrswende und die Aufwertung des öffentlichen Raums, die ich mir wünsche, also direkt erleben.
Was wollen Sie in den fünf Jahren Ihrer Amtszeit schaffen?
Almut Neumann: Ich will das Radnetz in Berlin-Mitte ausbauen und die Kreuzungen im Bezirk sicherer für Fußgänger:innen machen. Ich setze auf Mittel, die schnell gehen: zum Beispiel Kiezblocks, die man mit Pollern und gegenläufigen Einbahnstraßen einrichtet. Ich hoffe, dass die Bürger:innen dann kreativ werden und die so entstehenden öffentlichen Räume neu nutzen. Auch möchte ich auf den Gehwegen mehr Platz für Fußgänger:innen schaffen. Das will ich erreichen, indem zum Beispiel Gastronomiebetriebe ihre Tische und Stühle auf die bisherigen Parkbuchten stellen können und dort den Platz nutzen. Außerdem brauchen wir mehr Abstellflächen für E‑Scooter, damit diese nicht die Gehwege versperren. Wenn E‑Scooter rücksichtslos abgestellt werden, sollte dies meiner Meinung nach auch strenger geahndet werden können.
Ich will mich für unser Stadtgrün einsetzen: Unsere Parks sind die grüne Lunge unserer Stadt und wichtige Erholungsflächen für die Menschen in unserem Bezirk. Wir müssen sie gut pflegen und gerade in Zeiten des Klimawandels mehr Bäume pflanzen. Außerdem möchte ich die zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raums bekämpfen, zum Beispiel durch regelmäßige Sperrmülltage.
Werden Sie sich um den Wedding stärker kümmern als um andere Teile von Mitte?
Almut Neumann: Mir ist es natürlich wichtig, den ganzen Bezirk zu betrachten. Ich sehe aber beispielsweise, dass wir im Wedding einige Kieze mit besonders viel Durchgangsverkehr haben. Der Wedding hat insofern also ein bisschen Aufholbedarf. Deshalb planen wir die nächsten Kiezblocks tatsächlich im Brüsseler Kiez und im Sprengelkiez.
Ist eine Radspur auf der Müllerstraße sinnvoll, obwohl parallel eine Fahrradstraße in der Togo- und der Antwerpener Straße existiert?
Almut Neumann: Ja, die Radspur auf der Müllerstraße ist eine gute Maßnahme, auf die viele Menschen schon lange warten. Wir werden sie hoffentlich bis Mitte des Jahres endlich einrichten können. Radfahrende haben unterschiedliche Bedürfnisse. Manche fahren lieber auf den großen Straßen, um schneller voranzukommen. Gleichzeitig ist die Fahrradstraße in der Togo- und Antwerpener Straße länger als der geplante Radweg auf der Müllerstraße und stellt deshalb eine wichtige Netzverbindung dar.
Das Interview ist eine längere Version eines Abdrucks in der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Die Fragen stellte Andrei Schnell am 14. März. Wir danken dem RAZ-Verlag!
Ich freue mich auf die Kiezblocks im Sprengelkiez.
Freut mich, dass es mit den Kiezblocks voran geht.
Was ist eigentlich schneller zu realisieren? Poller oder Einbahnstraße?
Wobei letzteres im Wedding leider häufig ignoriert wird.
Frage ich nach.
Hallo
im Bellermannkiez ist noch viel zusehen ausser die ersten 20 Poller , ob noch mehr davon sinnvoll sind wird sich zeigen.
Hoffe nur das sich Frau Neumann NICHT den Bergmannkiez als Vorbild nimmt , wo die Beruhigung in einem völlig irrsinnigen Wirrwarr endete: Poller, Steine, Parklets, Malereien und kryptische Beschilderungen wurden hier ausprobiert, viel Geld verbrannt , viele obskure Ideen für die Verkehrsführung. Ruhiger ist es nicht geworden und schöner schon gar nicht
Denn was nutzt es ‚wenn der Durchgangsverkehr auf die Hauptstraßen zurückgeführt wird wenn dadurch dann dort wieder mehr Stau entsteht.
Bis jetzt habe ich auch noch keine Idee woher nur die Abneigung der Grünen gegen das Auto kommt ‚…
Erfolgreiche Woche
Ich denke, es gibt mehr als eine Partei, die erreichen möchte, dass die Zahl der Autos sinkt. Ich habe die Überlegung gehört, dass die Zahl von jetzt 1,2 Millionen Autos in Berlin auf 0,3 Millionen sinken soll. (Jede andere Zielzahl sagt dabei etwas Ähnliches.) Ich bin auch gespannt, ob der Bellermannkiez ruhiger und schöner wird.