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Neuer Stadtrat im Interview:
Stadtrat will besonnen handeln

9. März 2022

Ende Janu­ar hat­ten wir die neue Stadt­rä­tin Ste­fa­nie Rem­lin­ger im Inter­view zum Amts­an­tritt. Auch Stadt­rat Chris­toph Kel­ler ist neu im Amt. Er ist zustän­dig für Jugend und Gesund­heit. Im ers­ten Inter­view mit dem Wed­ding­wei­ser erklärt er, war­um er nicht der Schlag­zei­le nach­ja­gen will und es bevor­zugt, sein Amt seri­ös zu handeln.

Christoph Keller. Foto: Andrei Schnell
Stadt­rat Chris­toph Kel­ler. Foto: And­rei Schnell

Wie wol­len Sie Ihr Amt ange­hen?
Chris­toph Kel­ler: Ich habe fest­ge­stellt, dass die Poli­tik gern ver­ein­facht und den Men­schen mög­lichst ein­fa­che Bot­schaf­ten mit­ge­ben möch­te. Das ist aber schwie­rig, wenn es um kom­ple­xe Pro­blem­la­gen geht. Inso­fern ist mein Grund­ge­dan­ke, erst ein­mal die Struk­tu­ren und Gre­mi­en ken­nen­zu­ler­nen, um gemein­sam mit den Ämtern zu arbei­ten. Denn die zurück­lie­gen­den Jah­re haben gezeigt, dass die Men­schen ein Stück weit das Ver­trau­en in die Poli­tik ver­lo­ren haben. Da hilft es nicht, wenn ich als Poli­ti­ker Medi­en für die Schlag­zei­le ant­wor­te. Ver­trau­en zurück­zu­ho­len, das macht man über seriö­se Arbeit und nicht über Schlagzeilen.

Ist das so zu ver­ste­hen, dass Sie ein stil­ler Stadt­rat sein möch­ten?
Nein, ich will mei­ne Mög­lich­kei­ten nut­zen. Aber ich bin am Men­schen ori­en­tiert und muss nicht unbe­dingt um der Poli­tik wil­len, zum Bei­spiel aus­schließ­lich für die Bezirks­ver­ord­ne­ten, han­deln. Mein Ziel ist, den Fami­li­en, die hier woh­nen, gute Ange­bo­te zu machen. Mein Ziel ist, dass Men­schen, die mit der Ver­wal­tung zu tun haben, eine gute Erfah­rung machen. Das muss nicht immer laut vor sich her getra­gen wer­den. Als jun­ger Stadt­rat ler­ne ich sehr viel. Ich möch­te die The­men erst ein­mal durch­drin­gen. Gro­ße Ver­än­de­run­gen ansto­ßen, dass macht man gemein­sam mit den Ämtern, die auch selbst län­ger­fris­tig ange­leg­te Pro­jek­te und Plä­ne haben. Das kann man als Stadt­rat unter­stüt­zen und für sei­nen Bereich kämp­fen. Inten­siv dis­ku­tiert wer­den zur Zeit Ener­gie­wen­de und Verkehrswende. 

Ste­hen Sie mit Ihren Zustän­dig­kei­ten am Rand?
Ich wun­de­re mich manch­mal, dass das The­ma Fami­lie kei­nen hohen Stel­len­wert ein­nimmt in der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung. Aber wir hat­ten bis­her noch nicht vie­le Sit­zun­gen. Wir haben einen neu kon­sti­tu­ier­ten Jugend­hil­fe­aus­schuss. Auch der muss erst ein­mal genau­so wie ich ler­nen, wel­che Ange­bo­te es alle gibt, die Kolleg:innen und die ver­schie­de­nen Berei­che ken­nen­ler­nen. Erst wenn wir gemein­sam die The­men durch­drin­gen, ist es auch sinn­voll, Ideen zu ent­wi­ckeln und umzusetzen.

Wor­auf wol­len Sie sich in Ihrer Arbeit kon­zen­trie­ren?
Mein Anspruch ist, die Teil­ha­be aller zu ermög­li­chen. Damit mei­ne ich den Zugang aller zum gesell­schaft­li­chen Leben. Das betrifft Fami­li­en, die vom Jugend­amt Unter­stüt­zung an unse­ren Bera­tungs­or­ten bekom­men. Das betrifft aber auch den Zugang zu gesund­heits­för­dern­den Maß­nah­men für Men­schen mit erschwer­tem Zugang zum Gesund­heits­sys­tem. Zum Bei­spiel woh­nungs­lo­se Men­schen ohne Kran­ken­ver­si­che­rung. Teil­ha­be aller, ist der Grundgedanke.

Kön­nen Sie das kon­kre­ter sagen?
Mein Fokus liegt auf Men­schen, die erschwer­te Start­be­din­gun­gen haben. Also Allein­er­zie­hen­de zum Bei­spiel. Men­schen mit Migra­ti­ons­er­fah­run­gen. Men­schen mit Behin­de­run­gen. Kin­der- und Jugend­li­che. Kon­kret bedeu­tet das den Aus­bau der Kita­plät­ze. Damit jedes Kind sein Recht auf einen Kita­platz auch wahr­neh­men kann. Das bedeu­tet fle­xi­ble Kin­der­be­treu­ung für Allein­er­zie­hen­de. Das ist aktu­ell noch ein klei­nes Pro­jekt, das möch­ten wir im Jugend­amt gern aus­bau­en und dau­er­haft ermög­li­chen. Jun­ge Men­schen sol­len mit­spre­chen und ernst genom­men wer­den. Ein gutes Bei­spiel gab es beim Umbau des Aben­teu­er­spiel­plat­zes Telux. Es gab eine gro­ße Kin­der- und Jugend­be­tei­li­gung. Am Ende haben sich die Kin­der durch­ge­setzt bei der Fra­ge, wie das Gebäu­de aus­zu­se­hen hat. Gegen die ursprüng­li­che Sicht­wei­se der Architekt:innen.

Ihre E‑Mail-Adres­se beginnt mit familienstadtrat@. Was ist für Sie Fami­lie?
Ich mei­ne einen erwei­ter­ten Fami­li­en­be­griff, der alle For­men, Far­ben, Grö­ßen, bio­lo­gisch und frei­wil­lig ver­bun­den ein­schließt. Ich habe mich von Anfang an dafür ein­ge­setzt, dass das Wort Fami­lie im Titel mei­nes Geschäfts­be­reichs auf­taucht. Ursprüng­lich hieß die­ser Jugend und Gesund­heit. Den Begriff Fami­lie woll­te ich dabei haben, weil ich das für wert­schät­zend fin­de. Das The­ma hat so eine hohe Wer­tig­keit. Die Auf­ga­ben mei­nes Amtes rei­chen wirk­lich von der Wie­ge bis zur Bah­re, von der Fami­li­en­heb­am­me, den Frü­hen Hil­fe und dem Kin­der­schutz bis zur ord­nungs­be­hörd­li­chen Bestat­tung. Und allem dazwischen.

Logo Weddinger Allgemeine Zeitung

Das Inter­view ist eine län­ge­re Ver­si­on eines Abdrucks in der Wed­din­ger All­ge­mei­nen Zei­tung (–> E‑Paper), der gedruck­ten Zei­tung für den Wed­ding. Die Fra­gen stell­te And­rei Schnell am 9. Febru­ar. Wir dan­ken dem RAZ-Verlag!

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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