Unser Leib- und Magen-Fluss im Wedding ist natürlich die Panke, ein natürliches kleines Fließgewässer, wie es so in keinem anderen Berliner Teil der Innenstadt existiert. Auch wenn sie eher wie ein Kanal wirkt – der Panke ist im Laufe der Jahrhunderte übel mitgespielt worden – fließt sie meistens träge und gemütlich mitten durch die Kieze und bietet auf ihrer gesamten Länge im Wedding eine tolle Möglichkeit zum Wandern, Joggen oder Radfahren.
- Bürgerlicher Kiez am Bahnhof Wollankstraße
Das Nordbahnviertel oder Sternstraßenkiez ist ein geschlossenes gründerzeitliches Erweiterungsgebiet der expandierenden Gemeinde Pankow rund um den Bahnhof Wollankstraße. Wer mag, kann sich hier das Bahnhofsgebäude und die sehr schönen Wohngebäude Nordbahnstr. 9, Kattegatstr. 5 und Wollankstr. 96 ansehen. An seinem westlichen Rand fließt die Panke durch einen parkähnlich gestalteten Grünzug, der an der Kühnemannstraße beginnt, mit einer Fußgängerbrücke auf die andere Seite wechselt (Zugang von der Wilhelm-Kuhr-Straße) und den Fluss weiter begleitet.
2. Das Franzosenbecken
Es geht nun beidseitig am so genannten Franzosenbecken (der namensgebende Französische Kirchhof liegt gleich nebenan) vorbei, das dem Hochwasserschutz der Panke dient. Auf dem rechten Pankeufer befindet sich eine große Gartenkolonie. Von allen Seiten von Grün umgeben ist kaum zu glauben, dass man sich mitten in Berlin befindet. In einem der gegenüber liegenden Häuser ist der Schauspieler Harald Juhnke aufgewachsen. Bei den dortigen hell verputzten Häusern mit Flachdach handelt es sich um die Siedlung Brunnenhof aus den späten 1920er Jahren.
3. Soldiner Kiez
An einem Zebrastreifen überquert der Pankeweg die Soldiner Straße. Links erkennt man den 80 m hohen Turm der Stephanuskirche (1904). Auf der linken Pankeseite geht es weiter. Die in der links abknickenden Gotenburger Straße liegende langgezogene Schule wurde 1895⁄96 in leuchtenden Backsteinen in gotisierendem Stil von Hermann Blankenstein errichtet. In der Stockholmer Straße 4 befindet sich eine alte Feuerwache (Architekt Ludwig Hoffmann, 1912⁄13). Die Feuerwache ist eingerahmt von einheitlichen rötlichen Wohngebäuden im Stil der Moderne.
4. Panke-Aue und Tresorfabrik
Ab der Osloer Straße fließt die Panke in einem natürlich wirkenden Flussbett. Hier befand sich zu den Zeiten des Vergnügungsviertels Gesundbrunnen ein Biergarten. Später lag links der Panke die Malzbrauerei Groterjan. An der Prinzenallee 75 – 79⁄80 kann man noch einige Teile dieser Fabrik im Stil der Neuen Sachlichkeit besichtigen.
Auf der anderen Pankeseite erstrecken sich die Hallen der Tresorfabrik Arnheim aus dem Jahr 1890. Hier befand sich der einst bedeutendste Hersteller von Geldschränken in Deutschland. Wo sich heute das Regenrückhaltebecken befindet, befand sich die eigentliche Maschinenhalle. Heute werden die übrigen Fabrikräume als Werkstätten für Bildhauer genutzt. Die Sheddach-Hallen bieten optimale Platz- und Lichtverhältnisse für diese Künstler.
5. Luisenbad
Was als Nebenverdienst des Pankemüllers begann – der Bierausschank -, führte zu einer rasanten Entwicklung des Stadtteils zu einem Ausflugs- und Vergnügungsviertel. Zwischen Bad- und Osloer Straße erstreckte sich zu Spitzenzeiten ein Biergarten mit 30.000 Sitzplätzen. Der rege Besucherverkehr beeinträchtigte den vorherigen Betrieb des Heilbades erheblich, wie auch die zunehmende Verschmutzung der Panke durch flussaufwärts gelegene Gerbereien. Vor allem der Mauerbau hat ab 1961 zu einem fast völligen Absterben der Kinos und Lokale an der Badstraße geführt.
Die Vergnügungsstätte Marienbad ist nur noch zum Teil erhalten; nachdem in den 1980ern ein Totalabriss verhindert werden konnte, baute der Bezirk bis 1995 durch einen geschickt eingefügten Neubau eine Bibliothek. Den Eingang bildet eine Halle mit neobarocker Fassade, während am verklinkerten Nebengebäude noch die Aufschrift „Kafé Küche“ auf die frühere Nutzung als Vergnügungsort verweist. Der unterirdisch liegende moderne Lesesaal liegt in einem kreisförmigen Neubau. Wer sich den sehenswerten Hof rechts von der Bibliothek anschaut, entdeckt vielleicht auch den Kellereingang, der zu der oben erwähnten Gesundbrunnenquelle führt. Leider kann diese nur zu besonderen Gelegenheiten besichtigt werden.
Das Eckhaus Badstr.39/Travemünder Str. (Luisenhaus) selbst ist ein überdekoriertes Haus mit einem großen Formenreichtum (1892÷93). In der obersten Etage ist ein Relief angebracht, in dem das Trinkbrunnenhaus dargestellt ist. Dieses Haus wurde im 18. Jahrhundert aufgestellt, nachdem festgestellt wurde, dass eine eisenhaltige Quelle, die dort entsprang, als Heilquelle vermarktet werden kann. Mit königlicher Förderung entstand ein Kurbetrieb mit bis zu 1000 Wannenbädern am Tag. Lange hat der „Friedrichs-Gesundbrunnen“ nicht bestanden, und auch der Wiederbelebung als “Luisenbad” ab dem 19. Jahrhundert war kein lang anhaltender Erfolg beschieden. Der Name Gesundbrunnen hat sich allerdings auf lange Sicht durchgesetzt. Die Umfassung des 1869 bereits ausgetrockneten Brunnens befindet sich noch heute im Keller des Hauses Badstraße 39. Die Anlage der Kanalisation und der Bau der dichten Mietshausbebauung waren der Hauptgrund für das Versiegen der Quelle.
6. Rund um die Badstraßenbrücke
An der Ecke zur Travemünder Straße erkennt man drei denkmalgeschützte Gebäude: gleich auf der anderen Pankeseite befindet sich das rot verklinkerte Wohnhaus für Arbeiter der Tresorfabrik Arnheim (1892÷93). Das Haus nimmt die gesamte Breite der früheren Insel ein. Eine verblichene Inschrift mit einer Tresorwerbung ziert noch immer die fensterlose Brandmauer des Hauses. Rechts daneben lässt sich die traditionsreiche Pankemühle ausmachen, auf die die Umrisse des Mühlrads aufgemalt wurden. Dabei handelt es sich um ein Gebäude aus dem Jahr 1843⁄44 – die früheren Mühlen sind allesamt abgebrannt. Der Mühlenbetrieb endete 1890. Ein Vorgängerbau war eine Papiermühle, in der das Papier für König Friedrich II. hergestellt wurde.
7. Uferstudios und Uferhallen
Da hier ein Geländer in der Straßenmitte den Weg behindert, sollte die Badstraße am besten auf der anderen Pankeseite an der Ampel Ufer-/Ecke Exerzier-/Schweden-/Koloniestr. überquert werden. Auf der linken Seite der Uferstraße erstrecken sich verschiedene Gebäude der BVG. Hier befand sich zunächst ein Betriebshof der Pferdebahn und später der Straßenbahn. 1929 wurde der langgestreckte, markante Ziegelbau von BVG-Hausarchitekt Jean Krämer ans Pankeufer gebaut. Die links der Uferstraße liegenden Werkstatthallen sind unter dem Namen Uferstudios Standort der Berliner Tanzszene, während es ein wenig weiter hinten an der Uferstraße 8–11 seit 2008 in den Uferhallen Atelier- und Ausstellungsräume von Künstlern gibt. Im ehemaligen Pförtnerhäuschen befindet sich ein Café.
8. Rund um das Amtsgericht
An der Schönstedtstraße lohnt sich auch ein kurzer Abstecher nach links auf den Brunnenplatz, da das 1906 fertiggestellte Amtsgericht der Panke nur seine Rückseite zuwendet. Der Gerichtsbau wurde von den Architekten Thoemer und Mönnich entworfen und ist als Justizgebäude besonders repräsentativ gestaltet worden. Als stilistisches Vorbild diente die Albrechtsburg in Meißen. Die Justitia-Statue über dem Eingang wurde in den 1980er Jahren gestohlen und erst 2006 wieder ersetzt. Auch der Brunnenplatz vor dem Amtsgericht, der nach seiner Wiederherstellung wieder ein Schmuckplatz mit symmetrischen Formen und einem Wasserbecken mit Fontäne ist, gilt als sehenswertes Gartendenkmal.
An der Brücke (Schönstedtstraße) kann man sich in den beiden Eck-Cafés Uferlos und Dujardin auf der anderen Pankeseite entspannen – eine der wenigen Einkehrmöglichkeiten direkt an der Panke.Auf dem nun folgenden Abschnitt kann man auf beiden Seiten der Panke weiterlaufen. Auf der großen Brachfläche an der Uferstraße erstreckte sich bis vor wenigen Jahren die 1989 geschlossene Rotaprint-Fabrik, von der nur noch wenige Gebäude stehen geblieben sind. Das Projekt ExRotaprint bemüht sich erfolgreich um eine künstlerisch-gewerbliche Nutzung des ausgedehnten Areals.
9. Gedenkstein an der Wiesenstraße
Heute ist schwer vorstellbar, dass am 1. Mai 1929 in der Kösliner Straße, die sich hinter den Neubauten befindet, Straßenschlachten tobten, die mindestens 19 zivile Todesopfer forderten. Dieses Gebiet war eine kommunistische Hochburg, die den Beinamen des Bezirks “Roter Wedding” prägte. Nur ein Findlings-Gedenkstein an der Wiesenstraßenbrücke erinnert heute noch daran – die einst so stadtbildprägenden Mietskasernen sind hier jedenfalls verschwunden.
Idyllisch fließt hier die kanalisierte Panke zwischen den Brücken der Pankstraße und der Wiesenstraße, entlang begrünter Hinterhöfe und Wohnhäuser der 1950er Jahre. Der erste nachweisbare Siedlungskern des Wedding, ein landwirtschaftliches Gut im Besitz der Stadt Berlin und später des Kurfürsten, erstreckte sich genau hier ab dem 13. Jahrhundert. Die letzten Gebäude des Weddinghofes verschwanden erst während des Mietskasernenbaus der Gründerzeit.
10. An der Wiesenburg
Hinter der Ringbahnbrücke kann man sogar hinabsteigen zur munter plätschernden Panke. Hier ist eine kleine Aue entstanden. Zwischen Fabrikgebäuden in einem rot eingemauerten Kanal eingeklemmt, wird das Flüsschen hier windungsreicher. Dieser 2006 angelegte Lückenschluss bietet auf engstem Raum eine neue Fußgängerbrücke und eine Hausdurchfahrt durch eine ehemalige Wäschefabrik. Auf der linken Seite erkennt man die pittoreske “Wiesenburg”. Dabei handelt es sich weder um eine Fabrik, wie man vermuten könnte, noch um eine Burg – sondern um ein ehemaliges Obdachlosenasyl aus dem Jahr 1896 (Männerasyl) bzw. 1907 (Frauenasyl). Sogar der “Hauptmann von Köpenick” und der Schriftsteller Hans Fallada haben (sicher eher unfreiwillig) hier genächtigt. Das romantisch-verfallene Ensemble diente auch als Filmkulisse, z.B. für den Film “Die Blechtrommel”.
weiter über die Gerichtstraße, die Schönwalder Straße, die Schulzendorfer Straße bis zur Chausseestr. > danach in die Boyenstr. > An der Kieler Brücke
11. Am Nordhafenbecken
Anfang des 18. Jahrhunderts verlangte König Friedrich I. (1657 – 1713) eine schiffbare Verbindung zwischen seinen Schlössern Charlottenburg und Schönhausen. Dazu ließ er von der Spree aus, auf Höhe des heutigen Hauptbahnhofs, den Schönhauser Graben anlegen. Nach etwa zwei Kilometern traf der Graben auf Höhe der Schönwalder Straße im Wedding auf das Bett des Panke-Flusses. Trotz der Vertiefung der Panke ist die Schiffbarmachung bis Schönhausen nie fertiggestellt worden, da das königliche Interesse nachließ. Dennoch spielt der Graben heute eine Rolle: Zum einen stellte sein Südteil den südöstlichen Abschnitt des Kanals dar, der 1848–59 angelegt und 1910–16 für größere Schiffe vertieft wurde. Zum anderen bildet das 450 Meter lange Verbindungsstück zwischen dem heutigen Kanal und dem natürlichen Pankebett heute den Unterlauf des Flüsschens. So mündet die Panke jetzt in ein Vorbecken des Nordhafens. Schaut man auf der kleinen Holzbrücke Richtung Nordosten, erkennt man hinter dem Erika-Heß-Eisstadion den Standort des Pharmaunternehmens Bayer. Vorne links kann man das Abspannwerk Scharnhorst (1929) nicht übersehen, ein Baudenkmal mit expressionistischen Formen aus gelbem Klinker. Ursprünglich saß in dem Glasturm auf dem Dach ein Wärter, der zu entscheiden hatte, wann die Berliner Straßenbeleuchtung ein- und auszuschalten war.
Habe von 1946 bis 1963 in der Bellermann gewohnt,kenne den Kiez sehr gut,schön die Bilder zu sehen es ist über 60Jahre her!!!
Schoen die Photos zu sehen! Ich habe dort lange gelebt und war oft an der Panke unterwegs! Viele Gruesse aus Chicago, wo Ich seit einigen Jahren lebe!
Ein schöner Artikel. Danke für die interessanten Fakten
Auch wenn ich mir einen Biergarten mit 30.000 Sitzplätzen kaum vorstellen kann.…