Im Afrikanischen Viertel und im Sprengelkiez gibt es exotisch klingende Straßennamen. Einige kann man Ländern zuordnen, andere wiederum Städten, Flüssen oder Landschaften. Wir erklären einmal im Detail, nach was genau die Straßen zwischen 1899 und 1958 benannt wurden. Die umstrittenen drei Straßennamen, die nach Personen benannt wurden, lassen wir in diesem Artikel außen vor. Fest steht: Die betreffenden Straßen im Sprengelkiez und im Afrikanischen Viertel stellen die größte Ansammlung dieser Namen in ganz Deutschland dar, die ursprünglich aus einer kolonialen Begeisterung und Großmannssucht in der Kaiserzeit heraus benannt wurden.
Straßennamen von A – Z
Damarastraße Damara, Region und Bevölkerungsgruppe in der Republik Namibia (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch-Südwestafrika’)
Dualastraße Duala, Stadt in der Republik Kamerun, 1884–1919 Hauptstadt der deutschen Kolonie Kamerun
Ghanastraße Ghana, Staat in Westafrika. Es ist die im Afrikanischen Viertel bisher als letzte nach einem afrikanischen Staat benannte Straße. Den Anlaß bot der Staatsbesuch des ghanaischen Staatsoberhauptes Kwame Nkrumah 1958 in Berlin.
Guineastraße Guinea, historische Bezeichnung für die westafrikanische Küstenregion, in der die brandenburgisch-preußische Handelskolonie ‘Großfriedrichsburg’ (1683−1718) als Stützpunkt für den transatlantischen Sklavenhandel errichtet wurde.
Hans-Schomburg-Promenade (Name des Weges rund um den Plötzensee), Hans Schomburgk (1880–1967), Afrikaforscher und Tierfilmer (Benennung in den 1990er Jahren)
Kameruner Straße Kamerun, 1884–1919 unter deutscher Kolonialherrschaft, heute Republik Kamerun
Kiautschoustraße Jiaozhou, Ort und Region in der Volksrepublik China, 1898–1919 unter deutscher Kolonialherrschaft
Kongostraße Kongo, 1885–1960 französische bzw. belgische Kolonie, heute Republik Kongo bzw. Demokratische Republik Kongo. In der Hoffnung auf eine spätere Übernahme von ‘Belgisch-Kongo’, das zwischen Kamerun im Westen sowie Ruanda, Burundi und Tansania (1885−1919: Kolonie ‘Deutsch-Ostafrika’) im Osten lag, sicherte sich Deutschland (Marokko-Kongo- Abkommen mit Frankreich 1911) die Kolonialherrschaft über den Norden des französischen Teils (1911−14: ‘Neukamerun’).
Mohasistraße Mohasi, See in der Republik Ruanda (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch-Ostafrika’)
Otawistraße Otavi, Ort in der Tsumebwüste in der Republik Namibia (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch-Südwestafrika’). Die Otavi Minen- und Eisenbahngesellschaft OMEG, 1900 gegründet, beutete das Kupfervorkommen in der Kolonie ‘Deutsch-Südwestafrika’ aus.
Pekinger Platz Peking, Hauptstadt Chinas, 1900 durch Truppen der ‘Vereinigten acht Staaten’ – dem Deutschen Reich, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Österreich-Ungarn, Russland und den USA – unter deutschem Oberkommando eingenommen.
Sambesistraße Sambesi, Fluss im Nordosten der Republik Namibia (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch- Südwestafrika’), dem so genannten ‘Caprivizipfel’ (nach Reichskanzler Caprivi), der den Deutschen den Zugang zum Sambesi ermöglichte.
Samoastraße Samoa, Inselgruppe im Pazifik, östlicher Teil unter amerikanischer Herrschaft, westlicher Teil von 1900–1919 Kolonie ‘Deutsch-Samoa’, heute unabhängiger Staat Samoa.
Sansibarstraße Sansibar, Inselgruppe und Teilstaat der Vereinigten Republik Tansania, ehemals omanisches Sultanat. Die deutsche Kolonialbewegung hoffte bis 1890 (‘Sansibar-Helgoland-Vertrag’ mit Großbritannien) auf eine Kolonisierung des Archipels.
Swakopmunder Straße Swakopmund, Kleinstadt an der Küste der Republik Namibia, wichtigster Hafen der ehemaligen Kolonie ‘Deutsch-Südwestafrika” (1884−1919), von 1904 bis 1907 Standort eines der ersten deutschen Konzentrationslager, in dem Tausende Herero umkamen.
Tangastraße Während des sog. ‘Araber-Aufstands’ 1889 besetzte Hermann von Wißmann, Reichskommissar der Kolonie ‘Deutsch-Ostafrika’ (1884−1919) Tanga, einen Küstenort in der heutigen Vereinigten Republik Tansania; damit galt die ostafrikanische Küste “wieder in deutschen Händen”. Im November 1914 besiegten in Tanga die deutschen Kolonialtruppen ein britisches Landungsheer (‘Schlacht von Tanga’).
Togostraße Togo, 1884–1919: deutsche Kolonie in Westafrika, heute Republik Togo; außer der Togostraße ist auch der Kleingartenverein Togo e.V. danach benannt.
Transvaalstraße Transvaal, bis 1902 unabhängige Republik im südlichen Afrika, die niederländisch-stämmige Siedler:innen nach der Vertreibung der dort einheimischen Zulu ausriefen. Die deutsche Regierung sympathisierte mit dem Krieg der Buren gegen die Konkurrenzmacht Großbritannien (1899−1902).
Ugandastraße Uganda, 1884–1962 britische Kolonie, heute Republik Uganda, Versuche deutscher Kolonisierung bis 1890 (‘Sansibar-Helgoland-Abkommen’ mit Großbritannien)
Usambarastraße Usambara, von europäischen Siedlern bevorzugte Gebirgslandschaft in der Vereinigten Republik Tansania (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch-Ostafrika’). Dort ist auch die bekannte Pflanze Usambaraveilchen heimisch.
Windhuker Straße Windhoek, Hauptstadt der Republik Namibia (1884−1919: Kolonie ‘Deutsch- Südwestafrika’). Hier stand auch eines der ersten deutschen Konzentrationslager für die kriegsgefangenen Herero.
Übrigens: Das Eiscafé Kibo ist nach dem höchsten Berg Afrikas auf dem Kilimandjaro-Massiv benannt; sein Gipfel heißt heute Uhuru Peak (Uhuru: Freiheit), der während der deutschen Kolonialherrschaft über Tanganyika (1885−1919: ‘Deutsch-Ostafrika’) als ‘Kaiser-Wilhelm-Spitze’ bezeichnet und sogar als ‘höchster Berg des Deutschen Reiches’ bezeichnet wurde.