Vom 21. bis 25. Oktober 2019 laden die Studierendenvertretungen der Weddinger Hochschule zu einem bunten Bildungsprogramm für Neuzugänge und Nachbarschaft. Wir haben mit dem Organisationsteam gesprochen.
Hallo Dario, du hast die Planung der 4. Kritischen Orientierungswochen (KOW) an der Beuth-Hochschule (BHT) koordiniert und mitorganisiert. Welche Themen und Formate umfasst das Programm? An wen richtet es sich?
Wir möchten uns bei der KOW mit Themen von gesellschaftlicher Tragweite beschäftigen, die sonst nicht so präsent an der Hochschule sind. Dieses Jahr waren das für uns die Themen Rechtsruck in der Gesellschaft, Queerness und Feminismus, Klimakrise und Nachhaltigkeit und die Wohnungssituation besonders relevant.
In der Kritischen Orientierungswoche bieten wir Workshops, Vorträge, Ausstellungen, Filme, ein Podium und eine Kneipentour an. Die Veranstaltungen sind für alle Menschen offen und wir laden auch explizit Menschen aus dem Kiez ein. Alle Veranstaltungen sind selbstverständlich gratis – und barrierefrei.
Warum braucht es überhaupt „kritische“ Orientierungswochen? Die Hochschule organisiert doch Einführungen für Erstsemester, an denen auch ihr teilgenommen habt.
Die Einführung für die Erstis ist eine super Gelegenheit um den Studiengang und die direkten Kommiliton*innen kennenzulernen. Wir möchten den Blick weiten und über die Studiengänge und die Hochschule hinaus Programm anbieten. Für uns bedeutet das Studieren auch die soziale Dimension unseres Handels zu erfassen.
Es gibt zwar regulär in jedem Studiengang ein „Studium Generale“, in dem ein fachfremder Kurs belegt werden muss, der umfasst aber nur 5 von 180 oder 210 Credits [etwa 2,5 Prozent des Gesamtaufwands – Anm. d. Red.]. Das finden wir ein bisschen wenig. Dieses Jahr findet unsere KOW auch erst in der vierten Semesterwoche vom 21. bis 25. Oktober statt. So hatten alle Erstis schon genug Zeit, sich vor der kritischen Orientierung in den Hochschulalltag einzufinden.
Außerdem ist es eine super Möglichkeit, Studierende andere Fachbereiche kennenzulernen und um uns auszutauschen. Dafür gibt es zum Beispiel in unserem Programm am Dienstagmorgen das „Grüne Wohnzimmer“, in dem Pflanzen getauscht und verschenkt werden, und am Mittwochabend die „KOW-Kneipentour“ im Kiez.
Die Kritischen Orientierungswochen finden an vielen Berliner Hochschulen statt. Gab es Kooperationen oder gemeinsame/dominante Themensetzungen?
Ja, dieses Jahr haben wir es geschafft, uns mit anderen Hochschulen zu vernetzen. Wir haben uns mit der KOrFU von der FU und der KritOwo von der HU ausgetauscht. Dieses Mal haben wir noch keine übergreifenden Veranstaltungen, aber am 17. Oktober eine gemeinsame Party im Kulturhaus Kili.
Es gibt ein gemeinsames Online-Programm unserer englischsprachigen Veranstaltungen und einen uniübergreifenden Übersichtsplan.
Mir persönlich hat der Austausch mit den anderen Unis viel gebracht. Ich habe neuen Input bekommen und erfahren, dass uns ähnliche Themen beschäftigen, aber der Blickpunkt vielleicht manchmal ein anderer ist. Ich finde das spannend. Für uns ist das erst der Auftakt für bessere Vernetzung, um auch berlinweit einen Austausch der Studierenden zu schaffen.
Die Studierenden scheinen ihre Rolle wieder vermehrt zu reflektieren. Passt diese soziale Komponente auch an eine technische Hochschule?
Sie ist sogar notwendig. Technische Entwicklungen sollten immer kritisch von der Gesellschaft reflektiert werden.
Zum Beispiel beim Thema Klimawandel: Viele schreien jetzt nach technischen Lösungen, um der gesellschaftlichen Veränderung aus dem Weg zu gehen. Aber ob diese Lösungen einen gesellschaftlichen Wandel ersetzen, ist fraglich. Deswegen sollten wir als Ingenieur*innen und Techniker*innen an der gesellschaftlichen Debatte teilnehmen.
Außerdem können sich technische Entwicklungen auch immer negativ auswirken, das kennen wir aus der Vergangenheit. Wir als Hochschule sollten auch darüber diskutieren, ob wir es okay finden, wenn Soldat*innen mit an unserer Hochschule ausgebildet werden sollen, wie es aktuell der Fall ist. Ein anderes Beispiel sind die Auswirkungen von genveränderten Organismen in der Biotechnologie, die auch die gesamte Gesellschaft betreffen und nicht nur technisch diskutiert werden dürfen.
Deshalb haben wir am Montag wir den Vortrag „Technikfolgenabschätzung“ und am Abend den Film „Face-It!“. Zudem rufen wir im Rahmen der KOW am Freitag mit Fridays for Future zum Klimastreik an unserer Hochschule auf.
Welche Veranstaltungen stehen für euch im Semester noch an? Womit können wir rechnen?
Noch vor der KOW findet am Freitag den 11. Oktober das Hoffest auf dem Campus statt. Das wird auch vom AStA der BHT organisiert. Dort wollen mit der gesamten Hochschule zusammenkommen, Musik genießen, bei Infoständen von NGOs Input bekommen und vielleicht ein kühles Bier vom Fass trinken.
Dann werden an unserer Hochschule relevante Gremien neu gewählt, vom 03. bis 05. Dezember. Passend dazu haben wir während der KOW die Veranstaltung „Hochschulengagement“ zur Mitbestimmung an der Hochschule und in der Gesellschaft.
Endlich geht es auch Ende dieses Semester mit der Debatte um unseren Hochschulnamen „Beuth” weiter. Dabei streiten wir über den Umgang mit dem Antisemitismus vom Namensgeber unserer Hochschule. Am 09. Januar wird das 2. Symposium dazu stattfinden, mit dem Thema „Für und Wider einer Namensänderung der Hochschule“. Kurz darauf wird es in der Akademischen Versammlung zur Entscheidung kommen, ob die Hochschule den Namen behält oder wir einen neuen suchen. Das Symposium soll der ganzen Hochschule die Möglichkeit geben, mit zu diskutieren.
Dario Brinkmann ist Referent des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Beuth-Hochschule für Technik (BHT) und Teil des Organisationsteams der 4. Kritischen Orientierungswochen (KOW). Das Gesamtprogramm findet sich hier.
Paul Jerchel ist Sprecher des Rats für Zukunftsweisende Entwicklung (RZE), der örtlichen Nachhaltigkeitsinitiative, die Partner der KOW ist. Er hat bereits verschiedene Beiträge zum studentischen und akademischen Leben im Bezirk geschrieben – eine Einführung für Erstsemester findet ihr hier.
Zum internen Austausch der Studierendenschaft und für weitere Informationen zum Campusleben betreibt der AStA das Portal „News.Studis-BHT.de“ .