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Rettet Obst, rettet Brot, rettet Gemüse!

11. Mai 2017
Angebot einer Lebensmittelretterin auf der Weddingweiser Pinnwand. Screenshot: Hensel
Ganz pri­vat geret­tet: Ange­bot einer Lebens­mit­tel­ret­te­rin auf der Wed­ding­wei­ser Pinn­wand. Screen­shot: Hensel

UPDATE August 2017 Im Inter­net läuft der­zeit eine Crowd­fun­ding-Akti­on für den Sir­Plus Shop. Auf der Platt­form Start­next sam­meln Rapha­el Fell­mer, Alex­an­der Piut­ti und Mar­tin Schott Geld, um einen Super­markt für vor der Müll­ton­ne geret­te­te Lebens­mit­tel zu eröff­nen. Nach weni­gen Tagen kamen 50.000 Euro zusam­men. Wäh­rend die einen das Pro­jekt toll fin­den, gibt es auch vie­le kri­ti­sche Töne. Beson­ders auf der Wed­ding­wei­ser Pinn­wand wird heißt diskutiert.

Die Lebensmittelverschwendung und SirPlus

So müssen Äpfel sein. Oder geht es auch anders? Foto: Wikipedia
So müs­sen Äpfel sein. Oder geht es auch anders? Foto: Wikipedia

Das Pro­jekt will Lebens­mit­tel, die sonst weg­ge­wor­fen wer­den wür­den, in dem geplan­ten Super­markt zu ver­güns­tig­ten Prei­sen ver­kau­fen und auch online ver­trei­ben. Der Hin­ter­grund ist die zuneh­mend öffent­lich kri­ti­sier­te Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung. Laut Sir­Plus wird in Euro­pa die Hälf­te aller pro­du­zier­ten Lebens­mit­tel weg­ge­wor­fen, obwohl viel davon noch ess­bar wäre. Die Grün­de dafür lie­gen zum einen bei den Kon­su­men­ten, die zu viel und am liebs­ten makel­lo­se Lebens­mit­tel kau­fen, sie falsch lagern oder aus Unsi­cher­heit weg­wer­fen. Vie­le wis­sen nicht genau, was „Min­dest­halt­bar­keits­da­tum“ bedeu­tet. Die Grün­de dafür lie­gen zum ande­ren auch bei den Her­stel­lern, die viel zu vie­le Lebens­mit­tel pro­du­zie­ren. Rapha­el Fell­mer gehört zu den Akti­vis­ten der gera­de in Ber­lin-Mit­te sehr star­ken Sze­ne von Lebens­mit­tel­ret­tern. Mit dem Res­te­su­per­markt will er dem Pro­blem begeg­nen und lang­fris­tig ein Umden­ken bei Kon­su­men­ten und Pro­du­zen­ten erreichen.

Viele Fragen, große Diskussionen

Lebens­mit­tel vor der Müll­ton­ne ret­ten und dabei Geld spa­ren? Das klingt gut, dage­gen kann wohl nie­mand etwas haben! Oder doch? Die Dis­kus­sio­nen um das Pro­jekt und die Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne zei­gen, dass nicht alle die­ses Welt­ver­bes­se­rungs­pro­jekt posi­tiv sehen. Schreibt man über Sir­Plus, gibt es sogar wüten­de Kom­men­ta­re. Vie­le Fra­gen ste­hen im Raum:

Ist es unmo­ra­lisch, Geld mit geret­te­ten Lebens­mit­teln zu machen?
Müss­te man geret­te­te Lebens­mit­tel nicht eher an Bedürf­ti­ge spenden?
Macht das Pro­jekt der Tafel und ande­ren sozia­len Pro­jek­ten Konkurrenz?
Müss­te man nicht ein Zei­chen set­zen, um die Lebens­mit­tel­in­dus­trie dazu zu bewe­gen, weni­ger zu pro­du­zie­ren und der Über­pro­duk­ti­on so nicht auch noch einen Sinn zu geben?
Soll­te man nicht lie­ber bei einem regio­na­len Bau­ern einkaufen?

Große Unterstützung und hohe Erwartungen

Unumstritten ist diese Form der Lebensmittelrettung. Eine Kundin packt Radieschen bei der Lebensmittelausgabe des Sozialvereins "Menschen helfen Menschen" in der Wollankstraße ein. Foto: Renter
Unum­strit­ten ist die­se Form der Lebens­mit­tel­ret­tung. Eine Kun­din packt Radies­chen bei der Lebens­mit­tel­aus­ga­be des Sozi­al­ver­eins “Men­schen hel­fen Men­schen” in der Wollank­stra­ße ein.

Ange­sichts der har­ten Dis­kus­sio­nen steht die Fra­ge im Raum: Ist das jetzt ein gutes Pro­jekt oder ganz schlim­mer Kapi­ta­lis­mus? Die erfolg­rei­che Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne (das Sam­melziel wur­de jetzt auf 150.000 Euro auf­ge­stockt) und die meis­ten Wort­mel­dun­gen und Unter­stüt­zungs­klicks zei­gen, dass sehr vie­le den Res­te­su­per­markt Sir­Plus für eine gute Sache hal­ten. Fast 1000 Men­schen haben Geld für das Pro­jekt gespen­det. Sie haben recht: Sir­Plus ist ein gutes Projekt.

Wenn es auch nicht per­fekt ist, sen­si­bi­li­siert die Initia­ti­ve die Öffent­lich­keit durch ihre star­ke Medi­en­prä­senz für ein wich­ti­ges The­ma. Sie gibt außer­dem noch viel mehr Men­schen die Mög­lich­keit, etwas gegen Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung zu tun. Auch denen, die nicht per­sön­lich in den Läden und bei Pro­du­zen­ten nach übrig geblie­be­nen Lebens­mit­teln fra­gen kön­nen oder wol­len. Vor allem gibt sie einer Debat­te neu­en Schwung – einer Debat­te über Eigen­ver­ant­wor­tung am Ein­kaufs­korb und über die Ver­ant­wor­tung der Pro­du­zen­ten. Das allein ist ein wich­ti­ger Bei­trag. Sir­Plus wird das Pro­blem der Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung sicher­lich nicht lösen kön­nen. Aber das wäre auch eine viel zu hohe Erwartung.

Der Stand­ort des Res­te­su­per­mark­tes ist übri­gens noch nicht bekannt. Dar­um nut­zen wir die Gele­gen­heit: Kommt mit Eurem Laden in den Wed­ding, Sir­Plus! Euer The­ma bewegt uns sehr. Wir haben hier bereits eine star­ke Sze­ne von Lebens­mit­tel­ret­tern und kom­men gern hin und wie­der auf ein Welt­ver­bes­se­rungs­ge­spräch bei Euch vor­bei. Ganz neben­bei kann ein Stadt­teil wie unse­rer güns­ti­ge Lebens­mit­tel mehr als gebrau­chen. Wir machen gern eine Casi­no-Laden­flä­che für Euch frei …

Der Link zur Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne von SirPlus

UPDATE: 
Am 8. Sep­tem­ber eröff­net in der Wil­mers­dor­fer Stra­ße 56 in Char­lot­ten­burg, zwi­schen Rewe und einem Tele­fon-Shop , der ers­te Laden für geret­te­te Lebens­mit­tel, berich­tet die Ber­li­ner Zei­tung.

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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