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Kommentar: Alle Dämme gebrochen am Plötzensee

16. August 2015
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Wildes am Plötzensee - Foto: Andrei Schnell
Wil­des Baden am Plöt­zen­see – Foto: And­rei Schnell

Es geht um die Men­schen, die den Plöt­zen­see nut­zen – falsch nut­zen. Es geht dar­um, dass am Plöt­zen­see alle Däm­me der Zurück­hal­tung gebro­chen sind. So darf es nicht wei­ter­ge­hen. Mög­lich, dass eini­ge Leser des Wed­ding­wei­sers jetzt die Stirn run­zeln und fra­gen: Wo bit­te, ist über­haupt das Pro­blem? Ihnen sei gesagt: Ja, es besteht eins. Das über­mä­ßi­ge Wildbaden.

Ist das cool?
Wer kurz inne­hält und mal ein­fach schaut, was er am Plöt­zen­see sieht, der erblickt fol­gen­des: Als ob es sich um den Mau­er­park han­deln wür­de, springt man über den Zaun, der den See vom Weg trennt. Obwohl Baden aus­drück­lich nur im Frei­bad erlaubt ist. Nie­man­den schert es mehr. Schlüpf­ten vor weni­gen Jah­ren aus­schließ­lich die Nackt­ba­der am Nord­ufer durch eine Zaun­lü­cke, so wird nun bei 30 Grad das kom­plet­te Ufer als Ein­stieg benutzt. Geht es so wei­ter, dient bald der Steg der Boots­aus­lei­he als Sprung­turm. Müll bleibt lie­gen. Wer glaubt, gut erzo­gen zu sein, hängt den Müll in Tüten an den Zaun und ver­gisst sich zu fra­gen, wer ihn dort abho­len soll. Sogar Fahr­rä­der wer­den über den Zaun geho­ben. Ufer­schutz? Die­be gel­ten wohl als gefähr­li­cher! Ein Schild weist einen Kin­der­spiel­platz aus. Käme jedoch eines vor­bei, wäre kein Platz, weil alles mit Hand­tuch­par­zel­len besetzt ist. Trotz Wald­brand­warn­stu­fe wird lus­tig ein offe­nes Feu­er angezündet.

Räder in der Uferböschung, Zaun ist kein Hindernis - Foto: Andrei Schnell
Wo Ufer­bö­schung sein soll­te, par­ken Räder – Foto: And­rei Schnell

Nie­mand der sich fragt: Ist das noch cool? Oder ein­fach nur jugendlich?

Das Pro­blem bei all dem? Es sind ein­fach zu vie­le Leu­te, die sich über alle Regeln hin­weg­set­zen. Zu vie­le, die das Land­schafts­schutz­ge­biet Plöt­zen­see mit der Bra­che Mau­er­park ver­wech­seln, der all­ge­mein für exter­ri­to­ria­les Gelän­de gehal­ten wird.

Nein, das ist nicht cool!
Men­schen sind kei­ne Com­pu­ter, die aus­schließ­lich rich­tig und falsch ken­nen. Und so kann auch nie­mand etwas dage­gen haben, wenn mal einer schnell in den See springt. Aller­dings ist es ein­deu­tig falsch, wenn täg­lich hun­der­te den Zaun igno­rie­ren und durch Ein- und Aus­stieg aus dem Was­ser das Ufer abtra­gen. Ehe­ma­li­ge Ufer­buh­nen befin­den sich bereits ein bis zwei Meter im See. Natür­lich wach­sen auch kei­ne Ufer­pflan­zen mehr – die wären ja auch eklig an den Beinen.

Wer räumt den Müll der Bader weg? - Foto: Andrei Schnell
Wer räumt den Müll der Bader weg? Nicht alle tra­gen den Müll immer­hin bis hier her – Foto: And­rei Schnell

Vie­le Ber­li­ner sind immer auf der Suche nach Orten, die ange­sagt sind. Der Plöt­zen­see ist offen­bar ange­sagt, mitt­ler­wei­le ver­wei­sen auch Rei­se­füh­rer als Geheim­tipp auf ihn. Das Lebens­ge­fühl, in Ber­lin dür­fe man ein­fach über einen Zaun sprin­gen, wenn einem danach ist, sei das Beson­de­re an Ber­lin. Glau­ben vie­le. Aber das Beson­de­re an Ber­lin sind nicht die Nihi­lis­ten, son­dern dass es in die­ser Stadt uner­hört vie­le Leu­te gibt, die auch ohne Kon­trol­len im Limit bleiben.

Oft zu hören ist auch das Argu­ment: Ja, wenn die Bäder­be­trie­be nicht 5,50 Euro pro Tag abkas­sie­ren wür­den, müss­te man auch nicht wild baden und dabei das Ufer beschä­di­gen. Dabei ist offen­sicht­lich, dass die­ses Argu­ment so halt­los ist, wie die Annah­me, wegen der gestie­ge­nen Taxi­prei­se dür­fe man des Nach­bars Fahr­rad gegen den Baum fahren.

Ande­re sagen, es gibt eben zu wenig Bade­stel­len in Ber­lin. Da müss­ten die mal Spree und Co sau­ber machen. Im Moment gibts ja nur den Plöt­zen­see. Das stimmt. Wün­schens­wert wären mehr Strän­de in der Was­ser­stadt Ber­lin. Aber es stimmt auch: Die UNO garan­tiert in ihrem weit­ge­fass­ten Men­schen­rechts­ka­ta­log das Recht auf Trink­was­ser, nicht aber das Recht auf Badewasser.

Landschaftsschutzgebiet braucht echte Berliner. - Foto: Andrei Schnell
Land­schafts­schutz­ge­biet braucht ech­te Ber­li­ner – Foto: And­rei Schnell

So geht es nicht weiter
Es führt kein Weg dar­an vor­bei. Der Plöt­zen­see liegt in einem Land­schafts­schutz­ge­biet. Ja, Land­schafts­schutz­ge­bie­te sind nach §26 des Bun­des­na­tur­schutz­ge­set­zes auch und unter ande­rem Gebie­te, die ein­fach nur eine „beson­de­re Bedeu­tung für die Erho­lung“ haben. Damit der Plöt­zen­see die­se Auf­ga­be in Zukunft wei­ter erfül­len kann,  darf es so nicht weitergehen.

Text und Fotos: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

21 Comments Leave a Reply

  1. Es ist und bleibt ego­is­ti­sches aso­zia­les Pack – auch nach dem X‑ten Bericht über die dor­ti­gen Zustän­de! Dem könn­te man nur durch erhöh­ten Ver­fol­gungs­druck und Aus­spre­chen wirk­li­cher Stra­fen, die zumin­dest im Geld­beu­tel weh­tun, beikommen.
    Lei­der fehlt hier in Ber­lin unter die­ser ver­siff­ten links-alter­na­ti­ven Regie­rung der poli­ti­sche Wil­le, der­ar­ti­ge Zustän­de zu ändern!

  2. An alle, die den­ken dass es nur um den Müll geht, es geht dar­um ein Stück Natur mit ihren Lebe­we­sen zu erhal­ten. Ab Mit­te Juni ist der See doch kli­nisch tot und die weni­gen Tie­re sind null bis gar nicht geschützt. Mal abge­se­hen von der Vege­ta­ti­on um den See. Des­halb gibt es eigent­lich auch den Zaun. Aber Haupt­sa­che ich bin cool und gehö­re zur Sze­ne und danach aber ab in den bio­tem­pel und Veggie­bur­ger essen. Dop­pel­mo­ral wo es nur geht. Vie­len Dank auch.

  3. Die­ser Arti­kel ist ja mal sowas von schlecht! Natür­lich ist der Ein­tritt von 3,5€ für nach der Arbeit mal kurz Abküh­len ein Argu­ment und auch, dass vie­le erst 19 Uhr ankom­men, wenn das Frei­bad schon schließt. Wenn alle ihren Müll mit­neh­men, wäre das natür­lich viel schö­ner, aber was nützt ein Schutz­ge­biet, wenn man es nicht nut­zen kann. Sehr schlecht argu­men­tier­ter Artikel!

    • Ein Schutz­ge­biet ist dazu da, die vor­han­de­ne Natur zu schüt­zen, nicht dazu, dass Men­schen­mas­sen dort machen kön­nen, was sie wol­len. Es heißt schließ­lich Schutz­ge­biet und nicht Nutzgebiet. 

      Ein Schutz­ge­biet darf zwar zur Erho­lung genutzt wer­den; das schließt aber nur Spa­zie­ren­ge­hen, Jog­gen, evtl. Pick­ni­cken ein, nicht aber Wild­ba­den, Zer­tram­peln der Vege­ta­ti­on und Ufer­bö­schun­gen, Weg­wer­fen von Müll und (wenn auch unge­woll­tes und meist unbe­merk­tes) Ver­ja­gen der dort leben­den Tiere. 

      Der Mensch lebt nicht allein auf die­sem Pla­ne­ten. Auch nicht in der Stadt.

  4. Ich ver­mis­se dich alter Wedding.
    Damals als du noch dre­ckig und ohne Stu­den­ten aus­ge­kom­men bist.
    Damals als es an der Plöt­ze noch kei­nen Zaun gab.
    Damals als mei­ne Freund noch zu mir sag­ten “iiiiiiii du wohnst im Wedding”

    Ich ver­mis­se dich mein alter Wed­ding. R.I.P.

  5. Gera­de Ber­lin hat so vie­le Bade­stel­len wie kei­ne ande­re deut­sche Stadt.… Tege­ler See, Wann­see, Müg­gel­see, das gan­ze Umland. Aber das ist halt den meis­ten zu weit weg.
    Ich glau­be nicht, dass der Plöt­zen­see noch zu ret­ten ist, mit den neu­en Clubs in der Nach­bar­schaft wird ihn die Stam­pe­de dahinraffen.

  6. Müll ist sicher­lich unschön – wie auf allen Grün­flä­chen Ber­lins. Aber anders­her­um gibt es ja auch kaum Ange­bo­te an die Besu­cher, etwa grö­ße­re Müll­sam­mel­stel­len an den Park­aus­gän­gen wie anderswo.

    Aber WIld­ba­den?
    Wur­de doch hier auch schon ganz anders bewertet!
    https://weddingweiser.de/2015/06/04/lesermeinung-eine-begebenheit-am-plotzensee/
    Ist das Ufer wirk­lich so schüt­zens­wert, oder geht es viel­mehr dar­um, die Pfrün­de des pri­vat betrie­be­nen Frei­bads zu schützen

    War­um soll man den See, der zur Stadt gehört wie jeder ande­re öffent­li­che Grund einem pri­va­ten Inves­tor überlassen?
    Zumal die Beschäf­ti­gung eines zwei­fel­haf­ten Nazi?-Bademeisters noch ein wei­te­res unschö­nes Geschmäck­le hat und man viel­leicht allei­ne des­halb sein Geld nicht dort­hin tra­gen möchte.
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/badeunfall-in-berlin-wedding-35-jaehriger-mit‑2–7‑promille-ertrunken-bademeister-schuldlos/10284130.html

    Und selbst wenn man damit kein Pro­blem hat, ist es viel­leicht ein­fach die besch…eidene Preis­ge­stal­tung. Die meis­ten Leu­te kön­nen erst abends nach der Arbeit und wol­len sich nur mal kurz erfrischen.
    Ein Frei­bad, das nur bis 19 Uhr offen hat – und selbst um 18:30 noch 3€ für ein mal kurz Ein­tau­chen nimmt, passt da ein­fach nicht. Für die Meis­ten ist unter der Woche 18:30 schon illusorisch.
    (ja, bei ‘gutem Wet­ter’ auch län­ger, aber wer schon mal bei augen­schein­lich gutem Wet­ter vor ver­schlos­se­nen Türen stand – denn ans Tele­fon geht kei­ner, der über­legt es sich beim nächs­ten Mal)

    Was macht man da? Den Som­mer über auf wochen­tags kurz erfri­schen ver­zich­ten? Ich mei­ne nicht…

    Es sind nicht immer die bösen Jugend­li­chen – es sind auch ganz ger­ne mal die beschei­de­nen äuße­ren Gege­ben­hei­ten, die zu sol­chen Ergeb­nis­sen führen…

  7. Es gab auch Zei­ten, in denen der Plöt­zen­see nicht ein­ge­zäunt war und eini­ge Leu­te immer wild geba­det haben. Seit ca. 5 bis 8 Jah­ren hat sich die Besuchs­kli­en­tel des Plöt­zen­sees und der Reh­ber­ge kom­plett geän­dert. Der See ist von einem Wed­din­ger See – plus ein paar Besu­chern von außer­halb – zu einem inner­städ­tisch lie­gen­den See gewor­den. Eben­so die Reh­ber­ge – als Park. Das ist ja zunächst nichts Schlim­mes. Aller­dings ist es nun mit der Beschau­lich­keit vor­bei. Eine neue Jugend erobert die Flä­che. Das fin­de ich auch manch­mal scha­de, manch­mal gefällt mir aber auch das neue Publi­kum im Wed­ding. Ich wün­sche mir aller­dings auch, dass alle Besu­cher ihren Müll wie­der mit­neh­men, nichts kaputt­ma­chen – und erken­nen, dass der See plus Park nicht einer Grup­pe allein gehört.

  8. Der Müll ist mir auch schon mehr­fach nega­tiv auf­ge­fal­len, aber das Baden? Ist Wild­ba­den ver­bo­ten? Mir wäre nicht bekannt, dass dort Schil­der auf ein Ver­bot hin­wei­sen wür­den. Falls ja, soll­te man viel­leicht ent­spre­chen­de Ver­bots­schil­der aufstellen.

    • Oh ja – die gesam­te Ufer­re­gi­on des Sees ist eine beson­ders schüt­zens­wer­te Zone –> des­halb auch der auf­wen­di­ge Zaun, der aber anschei­nend nur eine Her­aus­for­de­rung darstellt.

      I.Ü. ste­hen ent­spre­chen­de Hin­weis­schil­der – auch was das Gril­len angeht! 

      INTERESSIERT NUR KEINEN.

  9. Nein, dass ist NICHT das Pro­blem: “Es sind ein­fach zu vie­le Leu­te, die sich über alle Regeln hinwegsetzen.”

    Das Pro­blem sind die Ber­li­ner Behör­den, die – mitt­ler­wei­le unterbesetzt/kaputtgespart – ein­fach wegsehen.
    Kei­ner weni­gen der Ord­nungs­amts­mit­ar­bei­ter will sich dem Mob ent­ge­gen­stel­len. Der Trupp gril­len­der und/oder baden­der Jugend­li­cher wür­de unter Andro­hung von kör­per­li­cher Gewalt die Ord­nungs­hü­ter in die Flucht schla­gen und der Poli­zei ist eh alles lästig.
    I.ü. könn­ten dort auch, ala Gesund­brun­nen, ganz vie­le frei­lau­fen­de Hun­de abgeknallt,werden. Gele­gen­heit dazu gäbe es zuhauf…

    • darf ich das erwei­tern? Täg­lich sieht man, wie das Ord­nungs­amt “beque­me” Maß­nah­men ergreift, also z.B. Straf­zet­tel ver­teilt an Autos, die falsch rum­ste­hen und wo der Täter weit und breit nicht zu sehen ist. Wenn’s mal unbe­quem wer­den könn­te, dann sieht man die Damen und Her­ren in Blau-Weiß nie.

  10. So rich­tig ich den Appell fin­de, dass Men­schen auch mit die­sem Stück Ber­lin sorg­sam umge­hen mögen, fällt mir dazu doch auch gleich die Unfä­hig­keit des Lan­des Ber­lin ein, via Ber­li­ner Bäder­be­trie­be z.B. das Außen­be­cken am Post­sta­di­on neu zu bau­en und damit der stei­gen­den Nach­fra­ge nach Was­ser­nut­zung (Mit­te wächst) ein ver­nünf­ti­ges Ange­bot entgegenzustellen.

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