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An Leerstand dürfte niemand interessiert sein:
Zwischennutzung des Karstadt-Gebäudes

Die große Überkapazität bei Büro-Immoblien verlangt eigentlich Umplanungen
3. September 2024
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Die Eigen­tü­me­rin des ehe­ma­li­gen Kar­stadt-Waren­hau­ses am Leo­pold­platz soll mög­li­chen Zwi­schen­nut­zun­gen in dem Gebäu­de auf­ge­schlos­sen gegen­über­ste­hen. Das ver­mel­de­te u.a. der Tages­spie­gel Ende Juni. Dabei war von einem rund zwei­jäh­ri­gen Leer­stand vor Bau­be­ginn die Rede. Es gibt aber auch gute Grün­de, die für eine län­ge­re Pha­se spre­chen.

Das Waren­haus soll grund­le­gend umge­baut und auf­ge­stockt wer­den. Dar­in sind vor allem zusätz­li­che Büro­flä­chen geplant, aber auch Woh­nun­gen und Flä­chen für den Gemein­be­darf. Der Anteil der Flä­chen für den Ein­zel­han­del wird zwar redu­ziert, ist aber immer noch erheb­lich: nach aktu­el­lem Stand wären das etwa 15.000 Qua­drat­me­ter. Zum Ver­gleich: Das Gesund­brun­nen-Cen­ter ver­fügt über etwa 25.000 Qua­drat­me­ter Ein­zel­han­dels­flä­che und “Der Clou” am Kurt-Schu­ma­cher-Platz über etwa 19.000.

Überkapazitäten nicht nur im Einzelhandel 

Eigen­tü­me­rin des Grund­stücks am Leo­pold­platz ist jetzt wie­der zu hun­dert Pro­zent die Ver­si­che­rungs­kam­mer Bay­ern, die zwi­schen­zeit­lich den nun insol­ven­ten Immo­bi­li­en­in­ves­tor René Ben­ko betei­ligt hat­te. Das städ­te­bau­li­che Ent­wick­lungs­ver­fah­ren, das bei­de zusam­men mit dem Bezirk in Gang gesetzt hat­ten, wird von der Ver­si­che­rungs­kam­mer fort­ge­setzt. Die Anstalt des öffent­li­chen Rechts inves­tiert das Geld ihrer Ver­si­cher­ten und ist daher nicht von Finanz­in­sti­tu­ten abhän­gig wie ande­re Inves­to­ren in der Immo­bi­li­en­bran­che. Jedoch kann auch sie die Markt­be­we­gun­gen nicht igno­rie­ren. Und die sind auf dem Ber­li­ner Immo­bi­li­en­markt der­zeit beson­ders extrem. Sowohl der Markt für klas­si­sche Ein­zel­han­dels­flä­chen als auch der für Büro­im­mo­bi­li­en ste­cken in der Kri­se. In bei­den gibt es gro­ße Über­ka­pa­zi­tä­ten. Am Kurt-Schu­ma­cher-Platz zum Bei­spiel wird inten­siv über den Abriss von “Der Clou” zuguns­ten neu­er Hoch­häu­ser dis­ku­tiert. Aller­dings stellt der aktu­el­le Trend auf dem Büro­flä­chen­markt die Wirt­schaft­lich­keit sol­cher Pro­jek­te in Frage. 

1,5 Mio. qm Bürofläche stehen leer – und es werden immer mehr

Der hat vor weni­gen Jah­ren noch geboomt und ist nach der Coro­na-Pan­de­mie zusam­men­ge­bro­chen. Die Wirt­schafts­flau­te und vor allem der Trend zu immer mehr Home­of­fice hat die Nach­fra­ge nach Büro­flä­chen auch in Ber­lin spür­bar redu­ziert. So ging der Flä­chen­um­satz bei den Neu­ver­mie­tun­gen in den letz­ten zwölf Mona­ten um 6 % zurück, wie der inter­na­tio­na­le Immo­bi­li­en­mak­ler Col­liers jüngst ver­mel­de­te. Zwi­schen 2023 und 2024 kamen dar­über hin­aus aber enorm vie­le neu gebau­te Büro­flä­chen auf den Markt: Der Leer­stand von Büros in Ber­lin stieg in die­sem kur­zen Zeit­raum um enor­me 70 % auf inzwi­schen etwa 1,5 Mio.Quadratmeter. Die Leer­stands­quo­te bei den Ber­li­ner Büro­flä­chen betrug Ende Juni stol­ze 6,8 %. Und auch im kom­men­den Jahr drän­gen wei­te­re gro­ße neue Büro­haus-Pro­jek­te auf den Markt. Für die Ent­wick­lung der Kar­stadt-Immo­bi­lie am Leo­pold­platz sind das natür­lich kei­ne guten Vor­zei­chen. Nach den alten, sehr ehr­gei­zi­gen Vor­stel­lun­gen soll­ten die ers­ten Flä­chen eigent­lich schon im Jahr 2027 ver­mark­tet wer­den. Bis dahin wird aber die Über­ka­pa­zi­tät auf dem Ber­li­ner Büro­flä­chen­markt noch mehr wach­sen. Eine enor­me Nach­fra­ge besteht auf der ande­ren Sei­te aber nach Woh­nun­gen. Aus wirt­schaft­li­chen Grün­den wären also Umpla­nun­gen rat­sam. Aber die kos­ten Zeit. 

Entwurf Baumschlager
Ren­de­ring des Gewin­ner­ent­wurfs der Archi­tek­ten Baum­schla­ger Eberle

Mehr als zwei Jahre Zwischennutzung?

Ein mehr­jäh­ri­ger Leer­stand des Hau­ses wür­de jedoch an einem sozia­len Brenn­punkt wie dem Leo­pold­platz enor­me Kos­ten allein für die Siche­rung des Gebäu­des ver­ur­sa­chen. Schon des­halb wäre für die Eigen­tü­me­rin eine Zwi­schen­nut­zung inter­es­sant, die wei­ter Leben in das Gebäu­de bringt. Es gibt bereits Inter­es­sen­ten, aber solan­ge die Rah­men­be­din­gun­gen einer sol­chen zeit­lich begrenz­ten Nut­zung nicht geklärt sind, kön­nen die­se kei­ne kon­kre­ten Ange­bo­te machen. Auch Initia­ti­ven aus dem kul­tu­rel­len Bereich müs­sen Kos­ten kal­ku­lie­ren, bevor sie För­der­mit­tel bean­tra­gen kön­nen. Aus­rei­chend Platz gäbe es auch für gewerb­li­che Zwi­schen­nut­zun­gen, etwa von Pop-Up-Shops, von Direkt­im­por­teu­ren oder von loka­len Gas­tro­no­men und Hand­wer­kern. Im ehe­ma­li­gen Kar­stadt könn­te vor­über­ge­hend ein quir­li­ger Wed­ding-Basar ent­ste­hen, wenn man die rich­ti­gen Leu­te zusam­men bekommt. Aber auch die müss­ten die Rah­men­be­din­gun­gen ken­nen und bräuch­ten eine gewis­se Anlaufzeit. 

Autor: Chris­tof Schaffelder

Die­ser Arti­kel ist zuerst in der Sanie­rungs­zeit­schrift Ecke Mül­lerstra­ße erschie­nen.

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2 Comments

  1. Habe einen Änderungswunsch:
    Am Kurt-Schu­ma­cher-Platz zum Bei­spiel WURDE VOR 3 JAHREN inten­siv über den Abriss von “Der Clou” zuguns­ten neu­er Hoch­häu­ser diskutiert.

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