Auf einer Rückreise von Frankreich nach Berlin kam ich an einem Autobahnschild vorbei, darauf steht “Tourcoing”. Moment, gibt es nicht eine Tourcoingstraße bei uns im Wedding? Tatsächlich, in der Siedlung am ehemaligen Quartier Napoléon, der heutigen Julius-Leber-Kaserne, wurde eine Straße so benannt. Tourcoing ist nämlich seit 1995 die Partnerstadt des Wedding. Auch bei der Bezirksfusion ist das so geblieben und der Bezirk Mitte hat die Partnerschaft übernommen.
Also hieß es runter von der Autobahn und auf zu einer Spritztour durch die rund 100.000 Einwohner zählende Stadt vor den Toren der nordfranzösischen Metropole Lille. Dort machte mich ein weiteres Straßenschild stutzig: Rue de Bottrop. Bottrop? Dabei handelt es sich um eine weitere Partnerstadt des Wedding und eben auch von Tourcoing, es ist also eine Dreier-Städtepartnerschaft. Im nicht besonders reizvollen Tourcoing, wie der Wedding und Bottrop von Industrie und Arbeitersiedlungen geprägt, wurde zwar nur eine ziemlich unspektakuläre Straße mit verklinkerten Sozialwohnungsbauten nach der Ruhrgebietsstadt benannt. Doch eine Straße, die auf die Partnerschaft mit Berlin-Mitte oder dem Wedding verweist, sucht man vergebens.
Nicht sehr bekannte Partnerschaften
Das gleiche Spiel in Bottrop, 300 Kilometer weiter östlich. Der Rückweg führt zufällig ebenfalls an dieser Stadt vorbei. Auch dort gibt es eine Tourcoingstraße, aber keine Weddingstraße. Nichtsdestotrotz wird die seit 1983 bestehende Städtepartnerschaft heute noch gepflegt, beispielsweise durch Einladungen zum Karneval oder durch Besuche in der Hauptstadt, organisiert und bezahlt vom Verein zur Förderung der Partnerschaften des Wedding. An die Öffentlichkeit gelangen diese Aktivitäten aber kaum. Wenn ich hingegen an meine Geburtsstadt denke, erinnere ich mich an den äußerst beliebten Schüleraustausch, den nahezu jeder Gymnasiast in Richtung Frankreich durchlaufen hat. Oder an den großen zentralen Platz, der nicht ohne Stolz nach der Partnerstadt benannt wurde. Oder an die unzähligen persönlichen Verbindungen, die im Laufe von über 55 Jahren zwischen den Vereinen, Behörden und Einwohnern der beiden ungefähr gleich großen Städte entstanden sind.
Der Glanz fehlt
Doch was erinnert außer der Tourcoingstraße bei uns an die Partnerstädte? Eine Seniorenbegegnungsstätte am Pankegrünzug (Schönwalder Str. 4) trägt den Namen “Haus Bottrop”. Zu Mauerzeiten wurden hier Gäste aus dem Ruhrgebiet einquartiert. Auf dem Brunnenplatz vor dem Amtsgericht Wedding wurden 1987 die Wappen der Partnerstädte (zusätzlich zu dem Weddinger Bezirkswappen) in Form von bunten Pflastersteinen in die Gehwege eingearbeitet.
Und seit der Neugestaltung des Rathausumfeldes trampeln wir auf Schriftzügen im Pflaster, die auf die Partnerstädte verweisen. Denn es gibt noch viel mehr als Tourcoing und Bottrop!
Inzwischen verschwunden, die SPD fordert aber ihre Wiederkehr: Wegweiser vor dem Rathaus Wedding , die in Richtung der verschwisterten Städte zeigen, von denen eine sogar in Japan liegt. Ob es dort auch so unprätentiös aussieht wie in Tourcoing oder Bottrop? “Nur bei den Partnerstädten fehlt noch der Glanz: Bottrop, Lahn-Dill-Kreis und Hamm klingen nicht wirklich elegant” schrieb die Zeitung Welt im Jahr 2001 über den Bezirk Wedding. Da haben sie wohl nichts verstanden. Sonst wüssten sie, dass es bei uns im Wedding, in Bottrop und auch in Tourcoing auf eines ganz bestimmt nicht ankommt: auf Glanz.
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Na – da haben sich ja drei gesucht und gefunden.…
Na ja, ein bisschen passen sollte es schon. Eine Stadt an der Côte d’Azur wäre auch nicht das Wahre.